Commit 2c9c52bb authored by Cholgrrr's avatar Cholgrrr
Browse files

update pretty html

parent 2f46576d
Pipeline #7046 passed with stages
in 16 seconds
...@@ -40,16 +40,84 @@ ...@@ -40,16 +40,84 @@
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; Erkenntnisse aus forschenden Experimentierräumen</p> <p>&bullet; Erkenntnisse aus forschenden Experimentierräumen</p>
<p>Carolin Lahode, Sarah Lang-Lehmann, Amando Reber, Christina Simon-Philipp</p> <p>Carolin Lahode, Sarah Lang-Lehmann, Amando Reber, Christina Simon-Philipp</p>
<p>Städte sind seit jeher in besonderem Maße »Schmelztiegel« gesellschaftlicher Prozesse und Entwicklungen. Hier werden Innovationen erdacht, neue Formen des sozialen Miteinanders erprobt und kulturelle Errungenschaften erzielt. Gleichzeitig stellen die Auswirkungen gesellschaftlicher und klimatischer Veränderungen die Städte vor immense Herausforderungen. Wohnungsmangel sowie soziale und kulturelle Segregation sind allgegenwärtig. Die im Rahmen des Klimawandels prognostizierten Extremwetterereignisse wie Starkregen, extreme Hitze und Trockenheit erfordern zukunftsweisende Strategien, Städte zu erneuern. Der Klimawandel kann nur durch beherzt und aktiv agierende Stadtgemeinschaften in seiner Wirkung gebremst werden. Die ausschließliche Nutzung von erneuerbaren Energien, die Senkung des Energieverbrauchs sowie der Schutz wichtiger Ressourcen und die Schaffung sozial nachhaltiger Gebäude und Freiräume bilden dabei die Basis eines progressiven Handelns. Bei allen notwendigen Schritten ist eine aktive Beteiligung der Stadtgesellschaft von großer Bedeutung.</p> <p>Städte sind seit jeher in besonderem Maße »Schmelztiegel« gesellschaftlicher Prozesse und
Entwicklungen. Hier werden Innovationen erdacht, neue Formen des sozialen Miteinanders erprobt
<p>An der Hochschule für Technik Stuttgart erforschen wir Zukunftsfragen der urbanen Entwicklung und erarbeiten Transferstrategien. Dabei öffnen wir in unterschiedlichen Disziplinen das Bewusstsein für die Vielschichtigkeit der Stadt. In fachübergreifenden Teams arbeiten wir eng mit der (Stadt)Gesellschaft zusammen und wenden in forschenden Experimentierräumen vielfältige kreative Methoden an. Nicht die Hochschule, sondern die Stadt ist das Forschungslabor. Wir verbinden Forschung mit Handeln und Erproben vor Ort. Daraus leiten wir Wissen für die Gestaltung einer nachhaltigen Stadt der Zukunft ab – klimakompetent, resilient und vernetzt. Wir möchten Metropolregionen für Morgen mitentwickeln, welche die Bedürfnisse heutiger und künftiger Generationen erfüllen. </p> und kulturelle Errungenschaften erzielt. Gleichzeitig stellen die Auswirkungen
gesellschaftlicher und klimatischer Veränderungen die Städte vor immense Herausforderungen.
<p> Die Stadt Stuttgart mit ihrer speziellen Kessellage, den hohen baulichen Dichten und Versiegelungsgraden sowie dem Flächenmangel wird in naher Zukunft im Besonderen mit genannten Herausforderungen konfrontiert sein. Engagierte Bürger:innen, die Stärke der lokalen und regionalen Wirtschaft sowie die ortsansässige Expertise bieten die Möglichkeit, den beschriebenen Herausforderungen angemessene Lösungen entgegenzustellen. Durch den Beschluss des Gemeinderates zur Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzeptes besteht die Chance, die vielfältigen, teilweise konträren Entwicklungsziele in Einklang zueinander zu bringen. Mit dem neuen Rosensteinquartier entsteht mitten in Stuttgart auf ehemals überwiegend durch die Bahn genutzten Flächen ein neuer Stadtteil für mehrere tausend Menschen. Vor dem Hintergrund dieses für Stuttgart sehr bedeutenden Stadtentwicklungsprozesses wird sich in den kommenden Jahren zeigen, wie die Potenziale einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Stuttgart genutzt werden. </p> Wohnungsmangel sowie soziale und kulturelle Segregation sind allgegenwärtig. Die im Rahmen des
Klimawandels prognostizierten Extremwetterereignisse wie Starkregen, extreme Hitze und
<p> Die HFT Stuttgart leistet hierzu einen Beitrag und bringt über unterschiedliche Fachdisziplinen und Methoden aus den Forschungslaboren des M4_LAB ihre Expertise ein. M4_LAB steht für das Transferprojekt »Metropolregion 4.0 – Innovation und Transfer aus transdisziplinärer Forschung für energieeffiziente Stadtentwicklung, nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren in der Metropolregion Stuttgart«. Das Transfervorhaben der HFT Stuttgart wird von der Bund-Länder-Initiative »Innovative Hochschule« gefördert. In einem interdisziplinären Team junger Forscher:innen werden neue Konzepte für ein künftiges Zusammenleben im urbanen Raum entwickelt und ein fachübergreifender Blick auf das Thema Stadtentwicklung geworfen. Die Expert:innen aus dem Bereich (Urbane) Akustik entwickeln neue Konzepte und Methoden für die Planung und Sanierung von Quartieren in lärmbelasteten Gebieten und schärfen das Bewusstsein für Klang im Stadtraum. Das Team Energietechnik erarbeitet innovative Ansätze zur Analyse von Energiebedarfen und regenerativen Potenzialen von urbanen Bestandssituationen. Die Fachdisziplin Geoinformatik bereitet Forschungsergebnisse für Bürger:innen in digitaler Form in einem 3D Modell auf; es entsteht eine 3D-Visualisierung der Umgebung unter Bereitstellung digitaler Beteiligungsmöglichkeiten. Im Forschungsfeld Mobilitätsmanagement werden Mobilitätslösungen nutzer:innenzentriert entwickelt und projektbasierte Lehrformate zur Entwicklung von innovativen Mobilitätskonzepten in interdisziplinären Projektgruppen durchgeführt. Im querschnittsorientierten Bereich der Wirtschaftspsychologie werden Methoden zur Bewusstseinsbildung und Mobilitätsaufklärung erforscht, Hemmnisse abgebaut und somit Zugangshürden für nachhaltige Mobilität reduziert sowie Partizipationsprozesse begleitet und evaluiert. In der Disziplin der Stadtplanung geht es um die Aktivierung öffentlicher Räume für mehr soziale Interaktion und Kooperation in der Nachbarschaft sowie die Stärkung der Wahrnehmung und des Bewusstseins für den öffentlichen Raum im Quartier. In diesen Teams generieren wir unsere Forschungsfragen partizipativ. Die Antworten werden in forschenden Experimentierräumen im Quartier, in der Stadt, gemeinsam mit den Menschen gesucht. Am Beispiel des Stuttgarter Nordbahnhofviertels, das im Zuge der Rosensteinentwicklung eine bisher vernachlässigte Rolle spielt, wurden die Forschungsbemühungen im Rahmen des Experimentierraums »Labor Nordbahnhof« gesammelt. In Seminaren, Workshops und forschenden Interventionen mit Studierenden hat sich gezeigt, dass das »Labor Nordbahnhof« und die darin angewendeten Methoden sehr gut geeignet sind, um Wissen partizipativ zu generieren, Forschungserkenntnisse in die Breite zu tragen sowie die Vernetzung von Akteur:innen und die Bewusstseinsbildung zu fördern. Die Wissenschaft verlässt den »Elfenbeinturm Hochschule« und trägt dazu bei, Stadt gemeinschaftlich mit den Menschen vor Ort nachhaltig und zukunftsgerecht zu gestalten. </p> Trockenheit erfordern zukunftsweisende Strategien, Städte zu erneuern. Der Klimawandel kann nur
durch beherzt und aktiv agierende Stadtgemeinschaften in seiner Wirkung gebremst werden. Die
<p> Wir wollen gemeinsam innovative Ansätze und Lösungen für eine ganzheitliche Stadtentwicklung finden und mit Hilfe kooperativer Forschungs- und Lehrformate unsere Expertisen in Stadtentwicklungsprozesse einbringen. Hierin sehen wir unseren Beitrag für eine transdisziplinäre Kooperation. Der Forschungs- und Transferprozess »Labor Nordbahnhof« hat zu wertvollen Erkenntnissen geführt, die in dieser Dokumentation zusammengefasst sind. Die hier beschriebenen Ansätze können einen wirksamen Beitrag zum Entwicklungsprozess Rosenstein leisten. In das Stadtentwicklungskonzept integriert und gemeinsam kooperativ weiterentwickelt, sehen wir die Chance für echte Transformation.</p> ausschließliche Nutzung von erneuerbaren Energien, die Senkung des Energieverbrauchs sowie der
Schutz wichtiger Ressourcen und die Schaffung sozial nachhaltiger Gebäude und Freiräume bilden
dabei die Basis eines progressiven Handelns. Bei allen notwendigen Schritten ist eine aktive
Beteiligung der Stadtgesellschaft von großer Bedeutung.</p>
<p>An der Hochschule für Technik Stuttgart erforschen wir Zukunftsfragen der urbanen Entwicklung und
erarbeiten Transferstrategien. Dabei öffnen wir in unterschiedlichen Disziplinen das Bewusstsein
für die Vielschichtigkeit der Stadt. In fachübergreifenden Teams arbeiten wir eng mit der
(Stadt)Gesellschaft zusammen und wenden in forschenden Experimentierräumen vielfältige kreative
Methoden an. Nicht die Hochschule, sondern die Stadt ist das Forschungslabor. Wir verbinden
Forschung mit Handeln und Erproben vor Ort. Daraus leiten wir Wissen für die Gestaltung einer
nachhaltigen Stadt der Zukunft ab – klimakompetent, resilient und vernetzt. Wir möchten
Metropolregionen für Morgen mitentwickeln, welche die Bedürfnisse heutiger und künftiger
Generationen erfüllen. </p>
<p> Die Stadt Stuttgart mit ihrer speziellen Kessellage, den hohen baulichen Dichten und
Versiegelungsgraden sowie dem Flächenmangel wird in naher Zukunft im Besonderen mit genannten
Herausforderungen konfrontiert sein. Engagierte Bürger:innen, die Stärke der lokalen und
regionalen Wirtschaft sowie die ortsansässige Expertise bieten die Möglichkeit, den
beschriebenen Herausforderungen angemessene Lösungen entgegenzustellen. Durch den Beschluss des
Gemeinderates zur Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzeptes besteht die Chance, die
vielfältigen, teilweise konträren Entwicklungsziele in Einklang zueinander zu bringen. Mit dem
neuen Rosensteinquartier entsteht mitten in Stuttgart auf ehemals überwiegend durch die Bahn
genutzten Flächen ein neuer Stadtteil für mehrere tausend Menschen. Vor dem Hintergrund dieses
für Stuttgart sehr bedeutenden Stadtentwicklungsprozesses wird sich in den kommenden Jahren
zeigen, wie die Potenziale einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Stuttgart genutzt werden. </p>
<p> Die HFT Stuttgart leistet hierzu einen Beitrag und bringt über unterschiedliche Fachdisziplinen
und Methoden aus den Forschungslaboren des M4_LAB ihre Expertise ein. M4_LAB steht für das
Transferprojekt »Metropolregion 4.0 – Innovation und Transfer aus transdisziplinärer Forschung
für energieeffiziente Stadtentwicklung, nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren in der
Metropolregion Stuttgart«. Das Transfervorhaben der HFT Stuttgart wird von der
Bund-Länder-Initiative »Innovative Hochschule« gefördert. In einem interdisziplinären Team
junger Forscher:innen werden neue Konzepte für ein künftiges Zusammenleben im urbanen Raum
entwickelt und ein fachübergreifender Blick auf das Thema Stadtentwicklung geworfen. Die
Expert:innen aus dem Bereich (Urbane) Akustik entwickeln neue Konzepte und Methoden für die
Planung und Sanierung von Quartieren in lärmbelasteten Gebieten und schärfen das Bewusstsein für
Klang im Stadtraum. Das Team Energietechnik erarbeitet innovative Ansätze zur Analyse von
Energiebedarfen und regenerativen Potenzialen von urbanen Bestandssituationen. Die Fachdisziplin
Geoinformatik bereitet Forschungsergebnisse für Bürger:innen in digitaler Form in einem 3D
Modell auf; es entsteht eine 3D-Visualisierung der Umgebung unter Bereitstellung digitaler
Beteiligungsmöglichkeiten. Im Forschungsfeld Mobilitätsmanagement werden Mobilitätslösungen
nutzer:innenzentriert entwickelt und projektbasierte Lehrformate zur Entwicklung von innovativen
Mobilitätskonzepten in interdisziplinären Projektgruppen durchgeführt. Im
querschnittsorientierten Bereich der Wirtschaftspsychologie werden Methoden zur
Bewusstseinsbildung und Mobilitätsaufklärung erforscht, Hemmnisse abgebaut und somit
Zugangshürden für nachhaltige Mobilität reduziert sowie Partizipationsprozesse begleitet und
evaluiert. In der Disziplin der Stadtplanung geht es um die Aktivierung öffentlicher Räume für
mehr soziale Interaktion und Kooperation in der Nachbarschaft sowie die Stärkung der Wahrnehmung
und des Bewusstseins für den öffentlichen Raum im Quartier. In diesen Teams generieren wir
unsere Forschungsfragen partizipativ. Die Antworten werden in forschenden Experimentierräumen im
Quartier, in der Stadt, gemeinsam mit den Menschen gesucht. Am Beispiel des Stuttgarter
Nordbahnhofviertels, das im Zuge der Rosensteinentwicklung eine bisher vernachlässigte Rolle
spielt, wurden die Forschungsbemühungen im Rahmen des Experimentierraums »Labor Nordbahnhof«
gesammelt. In Seminaren, Workshops und forschenden Interventionen mit Studierenden hat sich
gezeigt, dass das »Labor Nordbahnhof« und die darin angewendeten Methoden sehr gut geeignet
sind, um Wissen partizipativ zu generieren, Forschungserkenntnisse in die Breite zu tragen sowie
die Vernetzung von Akteur:innen und die Bewusstseinsbildung zu fördern. Die Wissenschaft
verlässt den »Elfenbeinturm Hochschule« und trägt dazu bei, Stadt gemeinschaftlich mit den
Menschen vor Ort nachhaltig und zukunftsgerecht zu gestalten. </p>
<p> Wir wollen gemeinsam innovative Ansätze und Lösungen für eine ganzheitliche Stadtentwicklung
finden und mit Hilfe kooperativer Forschungs- und Lehrformate unsere Expertisen in
Stadtentwicklungsprozesse einbringen. Hierin sehen wir unseren Beitrag für eine
transdisziplinäre Kooperation. Der Forschungs- und Transferprozess »Labor Nordbahnhof« hat zu
wertvollen Erkenntnissen geführt, die in dieser Dokumentation zusammengefasst sind. Die hier
beschriebenen Ansätze können einen wirksamen Beitrag zum Entwicklungsprozess Rosenstein leisten.
In das Stadtentwicklungskonzept integriert und gemeinsam kooperativ weiterentwickelt, sehen wir
die Chance für echte Transformation.</p>
</div> </div>
<!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;"> <!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;">
...@@ -66,15 +134,84 @@ ...@@ -66,15 +134,84 @@
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<br> <br>
<p>&bullet; Warum transdisziplinär forschen?</p> <p>&bullet; Warum transdisziplinär forschen?</p>
<p>Die Grenzen des unbedachten Wachstums und Technikfortschritts sind erreicht – das hat sich seit dem »Club of Rome« vor mittlerweile 50 Jahren mehr als bewahrheitet. Dass Nachhaltigkeit heute das Gebot der Stunde ist, spiegelt sich nicht zuletzt in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Vereinte Nationen 2019). Wissenschaft galt stets als Motor des Fortschritts. Doch indem die komplexen Aufgabenstellungen im Zuge des Klimaschutzes und die damit verbundene gesellschaftliche Transformation nicht mehr nur durch eine wissenschaftliche Disziplin beantwortbar sind, sondern sich gesamtgesellschaftlich auswirken, wächst die Notwendigkeit für eine Änderung des Wissenschaftssystems (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014). Bereits 2011 forderte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung (WBGU) in seinem jährlichen Bericht, dass die Wissenschaft gezielt auf die gesellschaftliche Transformation hinwirken soll. Die Forschung muss raus aus ihren theoretischen Überlegungen und unter Laborbedingungen konstruierten Modellversuchen, die der Komplexität und Unvorhersagbarkeit der gesellschaftlichen Realität nicht mehr Stand halten, rein in die urbane Wirklichkeit, wenn sie einen echten Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten will. Um die gesellschaftliche Transformation zu begleiten, ist eine Zusammenarbeit der Fachdisziplinen und die Entwicklung einer gemeinsamen wissenschaftlichen Sprache erforderlich. Denn auch wenn gemeinsame Forschung innerhalb der Natur- und Ingenieurswissenschaften bereits praktiziert wird, scheitert die Kooperation mit den Sozialwissenschaften oftmals noch an unterschiedlichen Zugängen und Methoden (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014).</p> <p>Die Grenzen des unbedachten Wachstums und Technikfortschritts sind erreicht – das hat sich seit
dem »Club of Rome« vor mittlerweile 50 Jahren mehr als bewahrheitet. Dass Nachhaltigkeit heute
das Gebot der Stunde ist, spiegelt sich nicht zuletzt in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten
Nationen (Vereinte Nationen 2019). Wissenschaft galt stets als Motor des Fortschritts. Doch
indem die komplexen Aufgabenstellungen im Zuge des Klimaschutzes und die damit verbundene
gesellschaftliche Transformation nicht mehr nur durch eine wissenschaftliche Disziplin
beantwortbar sind, sondern sich gesamtgesellschaftlich auswirken, wächst die Notwendigkeit für
eine Änderung des Wissenschaftssystems (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014). Bereits 2011
forderte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung (WBGU) in seinem jährlichen Bericht,
dass die Wissenschaft gezielt auf die gesellschaftliche Transformation hinwirken soll. Die
Forschung muss raus aus ihren theoretischen Überlegungen und unter Laborbedingungen
konstruierten Modellversuchen, die der Komplexität und Unvorhersagbarkeit der gesellschaftlichen
Realität nicht mehr Stand halten, rein in die urbane Wirklichkeit, wenn sie einen echten Beitrag
zur Nachhaltigkeit leisten will. Um die gesellschaftliche Transformation zu begleiten, ist eine
Zusammenarbeit der Fachdisziplinen und die Entwicklung einer gemeinsamen wissenschaftlichen
Sprache erforderlich. Denn auch wenn gemeinsame Forschung innerhalb der Natur- und
Ingenieurswissenschaften bereits praktiziert wird, scheitert die Kooperation mit den
Sozialwissenschaften oftmals noch an unterschiedlichen Zugängen und Methoden
(Schneidewind/Singer-Brodowski 2014).</p>
<br> <br>
<p>&bullet; WISSENSCHAFT OHNE WEISSEN KITTEL</p> <p>&bullet; WISSENSCHAFT OHNE WEISSEN KITTEL</p>
<p>Transdisziplinär und transformativ soll Forschung sein, wobei das eine nicht zwingend das andere einschließt. Transdisziplinäre Forschung gilt als Variante interdisziplinärer Forschung. Hier sind verschiedene wissenschaftliche Fachdisziplinen sowie Praxisakteur:innen gleichermaßen an der Wissensproduktion beteiligt. Dabei sollen die Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft nicht lediglich als Untersuchungsgegenstand gesehen werden oder als Echoraum für neue Erkenntnisse dienen, sondern gleichberechtigt in jeden Schritt der Forschung einbezogen werden. Kompetenz und Expertise machen sich in der transdisziplinären Forschung nicht durch traditionelles wissenschaftliches Wissen in einem Fachgebiet aus, sondern durch Kontextbezogenheit, um die gemeinsame Forschungsfrage aus unterschiedlichsten Blickwinkeln – und damit auch der Alltagsperspektive – zu beleuchten. Außerdem ist die Auseinandersetzung mit verschiedenen disziplinären Zugängen eine wertvolle Erfahrung für die beteiligten »Forschenden« selbst, die dadurch Wertschätzung gegenüber anderen Fachbereichen entwickeln und die Limitationen der eigenen Disziplin reflektieren (Defila/Di Giulio (Hrsg.) 2018a und 2018b, Schneidewind/Singer-Brodowski 2014).</p> <p>Transdisziplinär und transformativ soll Forschung sein, wobei das eine nicht zwingend das andere
<p>Transdisziplinäre partizipative Forschung wird in dem Moment transformativ, in dem sie gezielt auf gesellschaftliche Veränderung gerichtet ist und nachhaltige Entwicklung anstößt (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014). Reallabore sind dabei als spezifisches Format sehr in Mode und bieten den Rahmen für eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft. Seit das Land Baden-Württemberg mit seinem Förderprogramm »Reallabore - BaWü-Labs« und »Reallabor Stadt« 2015 insgesamt 14 Reallabore auf den Weg brachte (Staatsministerium Baden-Württemberg 2018), hat sich in der Reallaborforschung einiges getan. Eine einheitliche Definition und Abgrenzung der Methode besteht bisher dennoch nicht. Aus den bislang gemachten Erfahrungen und Berichten lassen sich einige Gütekriterien ableiten. Zu den wichtigsten Merkmalen zählt die Partizipation und das Co-Design mit den Praxisakteur:innen. In verschiedensten Formaten und Methoden, die teils auch dem modernen Innovationsmanagement entlehnt sind, werden Akteur:innen an allen Forschungsschritten beteiligt. Auch ein breites Spektrum an partizipierenden Fachdisziplinen, die den Transformationsprozess wissenschaftlich begleiten und permanent reflektieren, ist elementar. Schließlich sind Reallabore nicht rein auf die Entwicklung eines fertigen Produkts ausgerichtet, sondern versuchen, trotz Kontextgebundenheit der Forschung durch eine festgelegte Forschungsmethodik neues Wissen und modellhafte Übertragbarkeit herzustellen. Das erfordert einen langfristig angelegten Prozess, der die angestrebte Transformation begleitet (Parodi/Steglich 2021, Schneidewind 2018).</p> einschließt. Transdisziplinäre Forschung gilt als Variante interdisziplinärer Forschung. Hier
sind verschiedene wissenschaftliche Fachdisziplinen sowie Praxisakteur:innen gleichermaßen an
der Wissensproduktion beteiligt. Dabei sollen die Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft nicht
lediglich als Untersuchungsgegenstand gesehen werden oder als Echoraum für neue Erkenntnisse
dienen, sondern gleichberechtigt in jeden Schritt der Forschung einbezogen werden. Kompetenz und
Expertise machen sich in der transdisziplinären Forschung nicht durch traditionelles
wissenschaftliches Wissen in einem Fachgebiet aus, sondern durch Kontextbezogenheit, um die
gemeinsame Forschungsfrage aus unterschiedlichsten Blickwinkeln – und damit auch der
Alltagsperspektive – zu beleuchten. Außerdem ist die Auseinandersetzung mit verschiedenen
disziplinären Zugängen eine wertvolle Erfahrung für die beteiligten »Forschenden« selbst, die
dadurch Wertschätzung gegenüber anderen Fachbereichen entwickeln und die Limitationen der
eigenen Disziplin reflektieren (Defila/Di Giulio (Hrsg.) 2018a und 2018b,
Schneidewind/Singer-Brodowski 2014).</p>
<p>Transdisziplinäre partizipative Forschung wird in dem Moment transformativ, in dem sie gezielt
auf gesellschaftliche Veränderung gerichtet ist und nachhaltige Entwicklung anstößt
(Schneidewind/Singer-Brodowski 2014). Reallabore sind dabei als spezifisches Format sehr in Mode
und bieten den Rahmen für eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft. Seit das
Land Baden-Württemberg mit seinem Förderprogramm »Reallabore - BaWü-Labs« und »Reallabor Stadt«
2015 insgesamt 14 Reallabore auf den Weg brachte (Staatsministerium Baden-Württemberg 2018), hat
sich in der Reallaborforschung einiges getan. Eine einheitliche Definition und Abgrenzung der
Methode besteht bisher dennoch nicht. Aus den bislang gemachten Erfahrungen und Berichten lassen
sich einige Gütekriterien ableiten. Zu den wichtigsten Merkmalen zählt die Partizipation und das
Co-Design mit den Praxisakteur:innen. In verschiedensten Formaten und Methoden, die teils auch
dem modernen Innovationsmanagement entlehnt sind, werden Akteur:innen an allen
Forschungsschritten beteiligt. Auch ein breites Spektrum an partizipierenden Fachdisziplinen,
die den Transformationsprozess wissenschaftlich begleiten und permanent reflektieren, ist
elementar. Schließlich sind Reallabore nicht rein auf die Entwicklung eines fertigen Produkts
ausgerichtet, sondern versuchen, trotz Kontextgebundenheit der Forschung durch eine festgelegte
Forschungsmethodik neues Wissen und modellhafte Übertragbarkeit herzustellen. Das erfordert
einen langfristig angelegten Prozess, der die angestrebte Transformation begleitet
(Parodi/Steglich 2021, Schneidewind 2018).</p>
<br> <br>
<p>&bullet; DAS EXPERIMENT ALS FRAGE AN DIE GESELLSCHAFT</p> <p>&bullet; DAS EXPERIMENT ALS FRAGE AN DIE GESELLSCHAFT</p>
<p>Die Stadt ist ein hervorragender Forschungsort für Vorhaben wie Reallabore, die zwischen Wissenschaft und Gesellschaft vermitteln. Im Sinne der Übertragbarkeit bietet sie ein fast vollständiges Abbild des sozio-technischen Gefüges. Durch ihre urbane Dynamik und Dichte sind Städte selbst Inkubatoren für gesellschaftliche Prozesse. Schließlich sah bereits die »Chicagoer Schule« die Stadt mit ihrer Komplexität und Unvorhersehbarkeit als Raum für soziale Experimente, die die Gesellschaft in ihrem Entwicklungsprozess unbewusst selbst durchführte. Im Zuge von gegenwärtiger und zukünftiger Unbestimmtheit ist das Experiment vielleicht die Praxis, mit der Spannung zwischen Wissen und Nichtwissen umzugehen (Böschen/Groß/Krohn (Hrsg.) 2017). Es ist Teil eines Lernprozesses, bei dem auch Scheitern dazu gehört.</p> <p>Die Stadt ist ein hervorragender Forschungsort für Vorhaben wie Reallabore, die zwischen
<p>Auch in den raumgestaltenden Disziplinen ist das Experiment immanent, denn der Entwurfsvorgang – das Varianten ausarbeiten, vertiefen und verwerfen – kann in seiner Theorie grundsätzlich als experimentell gesehen werden (Karow-Kluge 2010). Dieser entworfene und physisch gebaute Raum korreliert immer mit der in ihr lebenden und handelnden Gesellschaft (Löw 2018). Doch da idealtypische Entwürfe in der alltäglichen Handlungswirklichkeit der Menschen selten so wirken, wie durch den Gestaltenden beabsichtigt (Karow-Kluge 2008), ist es dringend notwendig, dass das Experiment aus seinem theoretischen Entwurfskontext heraus in den realen Raum tritt. Auch in der Gestaltung ist das Experiment als Methode zu sehen, Zielgruppen aktiv am Prozess zu beteiligen, Wissen auszutesten, um weiteres Nichtwissen zu entdecken und gerade im unerwarteten Entdecken gemeinsam transdisziplinär Lösungen zu finden, die ansonsten verbor-gen geblieben wären. Dieser Bildungsprozess erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an disziplinärer Offenheit, Lern- und Kommunikationsbereitschaft. Fähigkeiten, bei denen es sich als Hochschule im Hinblick auf aktuelle Herausforderungen ebenso lohnt, sie bereits Studierenden auf ihrem Werdegang mitzugeben.</p> Wissenschaft und Gesellschaft vermitteln. Im Sinne der Übertragbarkeit bietet sie ein fast
vollständiges Abbild des sozio-technischen Gefüges. Durch ihre urbane Dynamik und Dichte sind
Städte selbst Inkubatoren für gesellschaftliche Prozesse. Schließlich sah bereits die »Chicagoer
Schule« die Stadt mit ihrer Komplexität und Unvorhersehbarkeit als Raum für soziale Experimente,
die die Gesellschaft in ihrem Entwicklungsprozess unbewusst selbst durchführte. Im Zuge von
gegenwärtiger und zukünftiger Unbestimmtheit ist das Experiment vielleicht die Praxis, mit der
Spannung zwischen Wissen und Nichtwissen umzugehen (Böschen/Groß/Krohn (Hrsg.) 2017). Es ist
Teil eines Lernprozesses, bei dem auch Scheitern dazu gehört.</p>
<p>Auch in den raumgestaltenden Disziplinen ist das Experiment immanent, denn der Entwurfsvorgang –
das Varianten ausarbeiten, vertiefen und verwerfen – kann in seiner Theorie grundsätzlich als
experimentell gesehen werden (Karow-Kluge 2010). Dieser entworfene und physisch gebaute Raum
korreliert immer mit der in ihr lebenden und handelnden Gesellschaft (Löw 2018). Doch da
idealtypische Entwürfe in der alltäglichen Handlungswirklichkeit der Menschen selten so wirken,
wie durch den Gestaltenden beabsichtigt (Karow-Kluge 2008), ist es dringend notwendig, dass das
Experiment aus seinem theoretischen Entwurfskontext heraus in den realen Raum tritt. Auch in der
Gestaltung ist das Experiment als Methode zu sehen, Zielgruppen aktiv am Prozess zu beteiligen,
Wissen auszutesten, um weiteres Nichtwissen zu entdecken und gerade im unerwarteten Entdecken
gemeinsam transdisziplinär Lösungen zu finden, die ansonsten verbor-gen geblieben wären. Dieser
Bildungsprozess erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an disziplinärer Offenheit, Lern-
und Kommunikationsbereitschaft. Fähigkeiten, bei denen es sich als Hochschule im Hinblick auf
aktuelle Herausforderungen ebenso lohnt, sie bereits Studierenden auf ihrem Werdegang
mitzugeben.</p>
</div> </div>
<!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;"> <!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;">
</div> --> </div> -->
...@@ -91,20 +228,88 @@ ...@@ -91,20 +228,88 @@
<br> <br>
<p>&bullet; Exkurs: Etwas mehr Elan bitte</p> <p>&bullet; Exkurs: Etwas mehr Elan bitte</p>
<p>Christian Holl</p> <p>Christian Holl</p>
<p>Nordbahnhofviertel und Kreativquartier Wagenhallen sind im Moment noch zwei voneinander getrennte Welten. Das muss nicht so bleiben. Die Geschichte beider Orte zeigt, dass die Strategie im Umgang mit ihnen neu fokussiert werden sollte.</p> <p>Nordbahnhofviertel und Kreativquartier Wagenhallen sind im Moment noch zwei voneinander getrennte
<p>Man muss von Jahrzehnten sprechen. Jahrzehnte, in denen das Nordbahnhofviertel und die heute als Kulturszene Wagenhallen bekannten Konversionsflächen auf ausgedienten Bahnanlagen ein Schattendasein in der Stadtentwicklung Stuttgarts spielten. Durch Straßen und Gleisanlagen von der Stadt getrennt, mit Flächen für sonst in der Stadt ungeliebtes Gewerbe und einem innerstädtischen Wohngebiet für weniger gut begüterte Menschen. Einerseits mit einem interessanten Gebäudebestand aus der Gründerzeit und andererseits mit allen Konflikten und Potenzialen, die die Dichte, Vielfalt und Benachteiligungen auf dem Wohnungs-/Arbeitsmarkt und in der Bildung mit sich bringen. Das Projekt Stuttgart 21 änderte daran zunächst wenig, schienen insbesondere die Konversionsflächen nur gut genug, um als Verfügungsmasse für eine standardisierte Stadtentwicklung zu taugen.</p> Welten. Das muss nicht so bleiben. Die Geschichte beider Orte zeigt, dass die Strategie im
<p>Das Blatt wendete sich, als sich auf diesen Flächen in den ausgedienten Bauten und Waggons eine Kulturszene mit veritablem Kulturbetrieb, einem selbstorganisierten Stadtacker und zwei Kunstvereinen etablierte. Hier war 2005 das »Theater der Welt« zu Gast. Hier fand 2012 das Festival »72 Hours Urban Action«, kurz »72HUA«, statt, in dessen Rahmen Künstler:innen und Architekt:innen mit Interventionen Impulse für stadträumliche Verbesserungen gaben. Das Besondere daran: Die eigenartige Zweiteilung zwischen Wohn- und Kreativquartier wurde dabei aufgehoben. Dem Festival waren vom Kunstverein Wagenhallen mitinitiierte und von der Stadt unterstützte Beteiligungsworkshops vorangegangen, die explizit die Bewohnerschaft des Nordbahnhofviertels adressierten.</p> Umgang mit ihnen neu fokussiert werden sollte.</p>
<p>Man muss von Jahrzehnten sprechen. Jahrzehnte, in denen das Nordbahnhofviertel und die heute als
Kulturszene Wagenhallen bekannten Konversionsflächen auf ausgedienten Bahnanlagen ein
Schattendasein in der Stadtentwicklung Stuttgarts spielten. Durch Straßen und Gleisanlagen von
der Stadt getrennt, mit Flächen für sonst in der Stadt ungeliebtes Gewerbe und einem
innerstädtischen Wohngebiet für weniger gut begüterte Menschen. Einerseits mit einem
interessanten Gebäudebestand aus der Gründerzeit und andererseits mit allen Konflikten und
Potenzialen, die die Dichte, Vielfalt und Benachteiligungen auf dem Wohnungs-/Arbeitsmarkt und
in der Bildung mit sich bringen. Das Projekt Stuttgart 21 änderte daran zunächst wenig, schienen
insbesondere die Konversionsflächen nur gut genug, um als Verfügungsmasse für eine
standardisierte Stadtentwicklung zu taugen.</p>
<p>Das Blatt wendete sich, als sich auf diesen Flächen in den ausgedienten Bauten und Waggons eine
Kulturszene mit veritablem Kulturbetrieb, einem selbstorganisierten Stadtacker und zwei
Kunstvereinen etablierte. Hier war 2005 das »Theater der Welt« zu Gast. Hier fand 2012 das
Festival »72 Hours Urban Action«, kurz »72HUA«, statt, in dessen Rahmen Künstler:innen und
Architekt:innen mit Interventionen Impulse für stadträumliche Verbesserungen gaben. Das
Besondere daran: Die eigenartige Zweiteilung zwischen Wohn- und Kreativquartier wurde dabei
aufgehoben. Dem Festival waren vom Kunstverein Wagenhallen mitinitiierte und von der Stadt
unterstützte Beteiligungsworkshops vorangegangen, die explizit die Bewohnerschaft des
Nordbahnhofviertels adressierten.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; DYNAMIK VON INNEN</p> <p>&bullet; DYNAMIK VON INNEN</p>
<p>Der Abriss der alten Gebäude, die einmal der Wartung von Loks, Bussen und Waggons gedient hatten, war dann auch vom Tisch. Das Areal, inzwischen im Besitz der Stadt, sollte behutsam entwickelt werden. In einer Zeit, in der die Zwischennutzung als strategisches Instrument zur Stadtentwicklung genutzt wurde, hatte auch Stuttgart die Bedeutung einer aktiven Kulturszene, die Freiräume für Kreativität und ein pulsierendes Nachtleben bietet, als Standortfaktor erkannt.</p> <p>Der Abriss der alten Gebäude, die einmal der Wartung von Loks, Bussen und Waggons gedient hatten,
<p>Und so kam es, dass die marode Baustruktur mithilfe enormer öffentlicher Investitionen mit dem erklärten Ziel saniert wurde, die bestehenden Nutzungen weitgehend zu erhalten. Die Nutzerschaft der Wagenhallen ging mit der ihr eigenen Kreativität und Dynamik die Herausforderung an, zwischenzeitlich ihr Quartier in den Hallen verlassen zu müssen. Das Containerdorf, das sie als Interimslösung entwickelten, erhielt 2018 eine Belobigung beim Deutschen Städtebaupreis. In der Begründung hieß es unter anderem: »Das vielfältig nutzbare Areal ist zu einem Impulsgeber und programmatischen Baustein für das zukünftige Quartier geworden.« In den inzwischen sanierten Wagenhallen finden nun auch hochoffizielle Veranstaltungen statt – so etwa der Kongress zur Nationalen Stadtentwicklungspolitik, der Auftakt zur Internationalen Bauausstellung 2027 – Region Stuttgart »IBA27« und die Präsentation des IBA-Memorandums.</p> war dann auch vom Tisch. Das Areal, inzwischen im Besitz der Stadt, sollte behutsam entwickelt
werden. In einer Zeit, in der die Zwischennutzung als strategisches Instrument zur
Stadtentwicklung genutzt wurde, hatte auch Stuttgart die Bedeutung einer aktiven Kulturszene,
die Freiräume für Kreativität und ein pulsierendes Nachtleben bietet, als Standortfaktor
erkannt.</p>
<p>Und so kam es, dass die marode Baustruktur mithilfe enormer öffentlicher Investitionen mit dem
erklärten Ziel saniert wurde, die bestehenden Nutzungen weitgehend zu erhalten. Die Nutzerschaft
der Wagenhallen ging mit der ihr eigenen Kreativität und Dynamik die Herausforderung an,
zwischenzeitlich ihr Quartier in den Hallen verlassen zu müssen. Das Containerdorf, das sie als
Interimslösung entwickelten, erhielt 2018 eine Belobigung beim Deutschen Städtebaupreis. In der
Begründung hieß es unter anderem: »Das vielfältig nutzbare Areal ist zu einem Impulsgeber und
programmatischen Baustein für das zukünftige Quartier geworden.« In den inzwischen sanierten
Wagenhallen finden nun auch hochoffizielle Veranstaltungen statt – so etwa der Kongress zur
Nationalen Stadtentwicklungspolitik, der Auftakt zur Internationalen Bauausstellung 2027 –
Region Stuttgart »IBA27« und die Präsentation des IBA-Memorandums.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; PRAGMATISCHE ERGÄNZUNGEN</p> <p>&bullet; PRAGMATISCHE ERGÄNZUNGEN</p>
<p>So dynamisch hier die Entwicklung, so spröde ist sie dort: Im Wohnquartier zwischen bestehender Bahntrasse und Nordbahnhofstraße. Von Süden her wurde versucht, mit der Agentur für Arbeit und neuem Wohnungsbau in teils guter, teils liebloser Qualität, die Verbindung zum Europaviertel aufzubauen. Das Multiplex-Kino, das gut 20 Jahre lang den Eingang ins Quartier von Süden her prägte, ist inzwischen verkauft und soll neu genutzt werden: Wie ist noch nicht bekannt. So recht überzeugend sind diese stückweisen Ergänzungen noch nicht, sie sind mehr von pragmatischem Geist geprägt denn konzeptionell fundiert.</p> <p>So dynamisch hier die Entwicklung, so spröde ist sie dort: Im Wohnquartier zwischen bestehender
<p>Es verstärkt sich ein Eindruck, der für das gesamte Gebiet gelten mag: Die Stadt weiß nicht so recht, was sie mit diesem besonderen Konglomerat anfangen soll. Sie greift Initiativen auf, reagiert, ergänzt, wo sich Gelegenheiten eröffnen, ohne selbst Treiber der Entwicklung zu sein. Exemplarisch wurde dies, als im Oktober 2018 die Machbarkeitsstudie für mögliche Standorte der Interimsoper präsentiert wurde: Favorisierter Standort war der bei den Wagenhallen; die Betroffenen erfuhren davon aus der Zeitung. Als kürzlich die Freiraumplanungen für das neue Rosensteinquartier im Städtebauausschuss vorgestellt wurden, fanden sich dabei viele interessante Aspekte. Allein im Nordbahnhofviertel waren die Aussagen vorerst mehr als dürr, sie beschränkten sich darauf, zwei Straßen mit Bäumen zu flankieren. Die entscheidende Änderung soll sich für das Nordbahnhofviertel denn auch nicht in der besseren Anbindung an das Kreativquartier Wagenhallen im Westen ergeben, sondern an den zum Gleisbogenpark umgewandelten Gleiskörper im Osten. In die andere Richtung soll die Verbindung über die Fortschreibung der städtebaulichen Figur an der Nordbahnhofstraße hergestellt werden. Aus städtebaulicher Sicht ein pragmatischer Vorschlag, der allerdings einer pro-grammatischen Fundierung bedarf, um tatsächlich Verknüpfungen zu erzeugen.</p> Bahntrasse und Nordbahnhofstraße. Von Süden her wurde versucht, mit der Agentur für Arbeit und
neuem Wohnungsbau in teils guter, teils liebloser Qualität, die Verbindung zum Europaviertel
aufzubauen. Das Multiplex-Kino, das gut 20 Jahre lang den Eingang ins Quartier von Süden her
prägte, ist inzwischen verkauft und soll neu genutzt werden: Wie ist noch nicht bekannt. So
recht überzeugend sind diese stückweisen Ergänzungen noch nicht, sie sind mehr von pragmatischem
Geist geprägt denn konzeptionell fundiert.</p>
<p>Es verstärkt sich ein Eindruck, der für das gesamte Gebiet gelten mag: Die Stadt weiß nicht so
recht, was sie mit diesem besonderen Konglomerat anfangen soll. Sie greift Initiativen auf,
reagiert, ergänzt, wo sich Gelegenheiten eröffnen, ohne selbst Treiber der Entwicklung zu sein.
Exemplarisch wurde dies, als im Oktober 2018 die Machbarkeitsstudie für mögliche Standorte der
Interimsoper präsentiert wurde: Favorisierter Standort war der bei den Wagenhallen; die
Betroffenen erfuhren davon aus der Zeitung. Als kürzlich die Freiraumplanungen für das neue
Rosensteinquartier im Städtebauausschuss vorgestellt wurden, fanden sich dabei viele
interessante Aspekte. Allein im Nordbahnhofviertel waren die Aussagen vorerst mehr als dürr, sie
beschränkten sich darauf, zwei Straßen mit Bäumen zu flankieren. Die entscheidende Änderung soll
sich für das Nordbahnhofviertel denn auch nicht in der besseren Anbindung an das Kreativquartier
Wagenhallen im Westen ergeben, sondern an den zum Gleisbogenpark umgewandelten Gleiskörper im
Osten. In die andere Richtung soll die Verbindung über die Fortschreibung der städtebaulichen
Figur an der Nordbahnhofstraße hergestellt werden. Aus städtebaulicher Sicht ein pragmatischer
Vorschlag, der allerdings einer pro-grammatischen Fundierung bedarf, um tatsächlich
Verknüpfungen zu erzeugen.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; FÖRDERN, UNTERSTÜTZEN, ENTWICKELN LASSEN</p> <p>&bullet; FÖRDERN, UNTERSTÜTZEN, ENTWICKELN LASSEN</p>
<p>Da kann es eine wertvolle Hilfestellung sein, wenn Hochschulen mit einer unabhängigen Sicht- und Herangehensweise Akteur:innen zusammenbringen, einbinden und neue Perspektiven eröffnen. Aber das Beispiel »72HUA« zeigt, dass Impulse auch wieder verpuffen, wenn die Ergebnisse nicht weiter behandelt werden. Wenn keine Strategie verfolgt wird, in die Interventionen, Experimente und Improvisation, eingebettet werden. Insofern wäre die Stadt gut beraten, die konventionelle städtebauliche Strategie zumindest durch eine zu ergänzen, die die bisherigen Qualitäten aktiviert und geeignet sein könnte, in die Nachbarschaft auszustrahlen. Hier bietet sich an, den bislang lediglich als Absicht formulierten Weg weiter zu verfolgen: Unter dem Begriff der »Produktiven Stadt« mit dem Verweis auf die Garage als Innovationsstimulator, der kleinteiligen und hybriden Vernetzung von großflächiger Produktion, Forschung und Entwicklung das Leitbild der »Kreativen Stadt« fortzuschreiben. Dann reicht es allerdings nicht, zuzuschauen und erfolgreiche Initiativen zu fördern, sobald sie aus den Kinderschuhen sind und im Übrigen nach »Schema F« zu verfahren. Dann muss man mehr als bisher darauf setzen, Freiräume anzubieten, Förderstrukturen aufzubauen, Flächen und Bedarfe zu organisieren, ein Management für Zwischennutzungen zu etablieren, das Klima für Start-ups und kulturelle Initiativen zu verbessern. Dass das ein leichter Weg ist, soll hier nicht behauptet werden. Umso wichtiger ist es, aufzubrechen.</p> <p>Da kann es eine wertvolle Hilfestellung sein, wenn Hochschulen mit einer unabhängigen Sicht- und
Herangehensweise Akteur:innen zusammenbringen, einbinden und neue Perspektiven eröffnen. Aber
das Beispiel »72HUA« zeigt, dass Impulse auch wieder verpuffen, wenn die Ergebnisse nicht weiter
behandelt werden. Wenn keine Strategie verfolgt wird, in die Interventionen, Experimente und
Improvisation, eingebettet werden. Insofern wäre die Stadt gut beraten, die konventionelle
städtebauliche Strategie zumindest durch eine zu ergänzen, die die bisherigen Qualitäten
aktiviert und geeignet sein könnte, in die Nachbarschaft auszustrahlen. Hier bietet sich an, den
bislang lediglich als Absicht formulierten Weg weiter zu verfolgen: Unter dem Begriff der
»Produktiven Stadt« mit dem Verweis auf die Garage als Innovationsstimulator, der kleinteiligen
und hybriden Vernetzung von großflächiger Produktion, Forschung und Entwicklung das Leitbild der
»Kreativen Stadt« fortzuschreiben. Dann reicht es allerdings nicht, zuzuschauen und erfolgreiche
Initiativen zu fördern, sobald sie aus den Kinderschuhen sind und im Übrigen nach »Schema F« zu
verfahren. Dann muss man mehr als bisher darauf setzen, Freiräume anzubieten, Förderstrukturen
aufzubauen, Flächen und Bedarfe zu organisieren, ein Management für Zwischennutzungen zu
etablieren, das Klima für Start-ups und kulturelle Initiativen zu verbessern. Dass das ein
leichter Weg ist, soll hier nicht behauptet werden. Umso wichtiger ist es, aufzubrechen.</p>
</div> </div>
<!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;"> <!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;">
...@@ -119,16 +324,97 @@ ...@@ -119,16 +324,97 @@
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<br> <br>
<p>&bullet; Labor Nordbahnhof – ein Sommermärchen</p> <p>&bullet; Labor Nordbahnhof – ein Sommermärchen</p>
<p>Wie wollen wir in Zukunft leben? Unter diesem Motto hatte das »Labor Nordbahnhof« mit einem Sommerworkshop 2021 seinen Auftakt. Eineinhalb Jahre lang bot es den Rahmen für die Untersuchung verschiedener Forschungsfragen, Aktionen und temporärer Interventionen im Nordbahnhofviertel in Stuttgart – ein Experimentierfeld für Themen wie Akustik, Energie, Mobilität und Partizipation vor dem Hintergrund des städtebaulich hoch ambitionierten Großprojekts Rosenstein.</p> <p>Wie wollen wir in Zukunft leben? Unter diesem Motto hatte das »Labor Nordbahnhof« mit einem
<p>In den kommenden Jahrzehnten wird im Zentrum Stuttgarts auf den freiwerdenden Gleisflächen des ehemaligen Kopfbahnhofs ein 85 Hektar großer Stadtteil neu entstehen. Das ist eine Chance für die Stadt, denn mit dem Projekt sollen sozial sowie ökologisch nachhaltige Ziele innovativ umgesetzt werden. Neue Wohnformen, grüne Lebensräume und neuartige Mobilitäts- und Logistikkonzepte sind nur einige der Schlagworte, die die eigens dafür gestaltete Website nennt (LHS 2022a). Vier Quartiere mit verschiedensten Akteur:innen und Anforderungen werden umgesetzt. Von der produktiven »Maker City« mit bereits etablierter Kunst- und Subkulturszene zum autofreien Rosensteinviertel, das Wohnen, Stadtklima und Grünflächen auf ökologisch nachhaltige Weise verbindet. Mittendrin in dieser Entwicklungsfläche befindet sich das Nordbahnhofviertel als gewachsenes Bestandsgebiet. Die bisherige städtebauliche Insellage und soziale Mischung haben über Jahre den spezifischen Charakter des Viertels geprägt. Das städtebauliche Vorhaben birgt Potenzial, denn es erfordert viele Lösungen, die von Wirtschaft bis Sozialraum verschiedene disziplinäre Blickwinkel bedingen. Ein idealer Ansatzpunkt also für ein transformatives Forschungsprojekt, das transdisziplinär aufgestellt ist, auf experimentelle Weise neue Kenntnisse sammelt und vor Ort neue Initiative generiert.</p> Sommerworkshop 2021 seinen Auftakt. Eineinhalb Jahre lang bot es den Rahmen für die Untersuchung
verschiedener Forschungsfragen, Aktionen und temporärer Interventionen im Nordbahnhofviertel in
Stuttgart – ein Experimentierfeld für Themen wie Akustik, Energie, Mobilität und Partizipation
vor dem Hintergrund des städtebaulich hoch ambitionierten Großprojekts Rosenstein.</p>
<p>In den kommenden Jahrzehnten wird im Zentrum Stuttgarts auf den freiwerdenden Gleisflächen des
ehemaligen Kopfbahnhofs ein 85 Hektar großer Stadtteil neu entstehen. Das ist eine Chance für
die Stadt, denn mit dem Projekt sollen sozial sowie ökologisch nachhaltige Ziele innovativ
umgesetzt werden. Neue Wohnformen, grüne Lebensräume und neuartige Mobilitäts- und
Logistikkonzepte sind nur einige der Schlagworte, die die eigens dafür gestaltete Website nennt
(LHS 2022a). Vier Quartiere mit verschiedensten Akteur:innen und Anforderungen werden umgesetzt.
Von der produktiven »Maker City« mit bereits etablierter Kunst- und Subkulturszene zum
autofreien Rosensteinviertel, das Wohnen, Stadtklima und Grünflächen auf ökologisch nachhaltige
Weise verbindet. Mittendrin in dieser Entwicklungsfläche befindet sich das Nordbahnhofviertel
als gewachsenes Bestandsgebiet. Die bisherige städtebauliche Insellage und soziale Mischung
haben über Jahre den spezifischen Charakter des Viertels geprägt. Das städtebauliche Vorhaben
birgt Potenzial, denn es erfordert viele Lösungen, die von Wirtschaft bis Sozialraum
verschiedene disziplinäre Blickwinkel bedingen. Ein idealer Ansatzpunkt also für ein
transformatives Forschungsprojekt, das transdisziplinär aufgestellt ist, auf experimentelle
Weise neue Kenntnisse sammelt und vor Ort neue Initiative generiert.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; LABOR NORDBAHNHOF</p> <p>&bullet; LABOR NORDBAHNHOF</p>
<p>Das Labor Nordbahnhof entsprang einer Reihe Lehrforschungsformate aus dem Labor Experimenteller Stadtraum. Die Strategie der Formate sah eine Verknüpfung von Wissenschaft, Praxis und Lehre in einem iterativen Prozess aus Analyse, Experiment, Adaption und Wissenstransfer vor. Ganz im Sinne der Reallaboridee wurde ein breites Akteursspektrum versammelt. Teil der Labore als interdisziplinäres Wahlfach waren natürlich immer Studie-rende, Forschende unterschiedlicher Fachdisziplinen der Hochschule für Technik und hochschulexterne zivile Akteur:innen, soziale Einrichtungen und Teile der Stadtverwaltung. Besonders elementar war die Zusammenarbeit mit den zivilen Akteur:innen, denn nur indem die Erkenntnisse in Abstimmung mit den planenden Ämtern auch einen aktiven Nutzen für die Bewohner:innen vor Ort erbrachten, bestand eine Chance auf Verstetigung der Experimente und Transformation.</p> <p>Das Labor Nordbahnhof entsprang einer Reihe Lehrforschungsformate aus dem Labor Experimenteller
<p>Wie schaffen wir Bewusstsein für alternative Mobilitätsformen und Nutzungen des öffentlichen Raums? Wie können Menschen für den nachhaltigen und bewussten Umgang mit Regenwasser und Grünraum sensibilisiert werden? Inwiefern trägt Klang zur Identifizierung der Bewohner:innen mit ihrem Lebensumfeld bei? Und wie können wir Bürger:innen dazu motivieren, Experimentierfelder aktiv mitzugestalten? Unter diesen Forschungsfragen subsumierten sich im Labor Nordbahnhof die wissenschaftlichen Disziplinen Akustik, Energietechnik, Geoinformatik, Mobilität, Stadtplanung und Wirtschaftspsychologie Bereits in der Vorbereitung zum Sommerworkshop fand eine Online-Befragung der Anwohnenden im Viertel statt, die die Grundlage für die daraus formulierten Forschungsfragen bildete. Leuchtend orangene Plakate und Flyer, die jeden Briefkasten im Viertel füllten und Laternenpfähle zierten, waren die ersten sichtbaren Zeichen des Labors Nordbahnhof. Auch wenn einige hinter so simplen Fragen wie »Kennen Sie Ihren Wasserverbrauch?« zunächst zwielichtige Energievertreter:innen vermuteten, war die Teilnahme an der Umfrage doch beachtlich. So kristallisierte sich beispielsweise heraus, dass die Mittnachtstraße als installierter Marktplatz sowohl im positiven wie negativen Sinne Dreh- und Angelpunkt des Quartiers war. Und ganz typischerweise wurden Müll und gelbe Säcke als Problem ebenso oft genannt wie der Wunsch nach mehr Sitzgelegenheiten und Grün im Quartier (HFT 2022b).</p> Stadtraum. Die Strategie der Formate sah eine Verknüpfung von Wissenschaft, Praxis und Lehre in
<p>Für den Workshop stationierte sich das Labor Nordbahnhof nahe des Projektgebiets im Kunstareal Wagenhalle. Die gemeinsame Arbeit vor Ort von Forschenden und interdisziplinären Studierenden der Fachbereiche Architektur, Innenarchitektur und Stadtplanung sollte allen einen direkten Einblick in die Lebensrealität und den Kontext vor Ort sowie erste Kontakte zu lokalen Akteur:innen ermöglichen. In zwei intensiven ersten Workshoptagen entwickelten die Teams durch diverse Formate wie Dérives, Befragungen, Innovationsmethoden und Kritiken ihre Forschungsfragen zu experimentellen Interventionen, die zum Abschluss des Labors an einem Aktionstag im Viertel aufgebaut und ausgetestet wurden. In einer bunten Parade zog das Labor an diesem Tag aus der Container City an der Wagenhalle zur Mittnachtstraße. Vier Experimentierfelder bespielten den öffentlichen Raum – ein urbanes Stadtbeet, ein partizipativer Nachbarschaftstisch, ein Parklet sowie eine Musikbox und Soundquiz zum Viertel. Die Aktion sorgte für große Aufmerksamkeit. Vor allem die Mobilitätsumfrage mit anschließender Grillwurst am Parklet war der Hit. Die Interaktion mit der Musikbox, bei der spielerisch Geräusche des Quartiers zu experimentellen Klängen gemischt werden konnten, war vor dem Jugendhaus eher verhalten. Erst als die temporäre Intervention etwas weiter Richtung Markt gewandert war, gingen auch die Kids auf Entdeckungsreise. Der Aktionstag war damit ein Erfolg. Einige der Experimente konnten noch geraume Zeit weiter im öffentlichen Raum an der Mittnachtstraße verbleiben. So wurde später der Abtransport des Stadtbeets von einer Passantin mit ehrlichem Bedauern kommentiert.</p> einem iterativen Prozess aus Analyse, Experiment, Adaption und Wissenstransfer vor. Ganz im
Sinne der Reallaboridee wurde ein breites Akteursspektrum versammelt. Teil der Labore als
interdisziplinäres Wahlfach waren natürlich immer Studie-rende, Forschende unterschiedlicher
Fachdisziplinen der Hochschule für Technik und hochschulexterne zivile Akteur:innen, soziale
Einrichtungen und Teile der Stadtverwaltung. Besonders elementar war die Zusammenarbeit mit den
zivilen Akteur:innen, denn nur indem die Erkenntnisse in Abstimmung mit den planenden Ämtern
auch einen aktiven Nutzen für die Bewohner:innen vor Ort erbrachten, bestand eine Chance auf
Verstetigung der Experimente und Transformation.</p>
<p>Wie schaffen wir Bewusstsein für alternative Mobilitätsformen und Nutzungen des öffentlichen
Raums? Wie können Menschen für den nachhaltigen und bewussten Umgang mit Regenwasser und
Grünraum sensibilisiert werden? Inwiefern trägt Klang zur Identifizierung der Bewohner:innen mit
ihrem Lebensumfeld bei? Und wie können wir Bürger:innen dazu motivieren, Experimentierfelder
aktiv mitzugestalten? Unter diesen Forschungsfragen subsumierten sich im Labor Nordbahnhof die
wissenschaftlichen Disziplinen Akustik, Energietechnik, Geoinformatik, Mobilität, Stadtplanung
und Wirtschaftspsychologie Bereits in der Vorbereitung zum Sommerworkshop fand eine
Online-Befragung der Anwohnenden im Viertel statt, die die Grundlage für die daraus formulierten
Forschungsfragen bildete. Leuchtend orangene Plakate und Flyer, die jeden Briefkasten im Viertel
füllten und Laternenpfähle zierten, waren die ersten sichtbaren Zeichen des Labors Nordbahnhof.
Auch wenn einige hinter so simplen Fragen wie »Kennen Sie Ihren Wasserverbrauch?« zunächst
zwielichtige Energievertreter:innen vermuteten, war die Teilnahme an der Umfrage doch
beachtlich. So kristallisierte sich beispielsweise heraus, dass die Mittnachtstraße als
installierter Marktplatz sowohl im positiven wie negativen Sinne Dreh- und Angelpunkt des
Quartiers war. Und ganz typischerweise wurden Müll und gelbe Säcke als Problem ebenso oft
genannt wie der Wunsch nach mehr Sitzgelegenheiten und Grün im Quartier (HFT 2022b).</p>
<p>Für den Workshop stationierte sich das Labor Nordbahnhof nahe des Projektgebiets im Kunstareal
Wagenhalle. Die gemeinsame Arbeit vor Ort von Forschenden und interdisziplinären Studierenden
der Fachbereiche Architektur, Innenarchitektur und Stadtplanung sollte allen einen direkten
Einblick in die Lebensrealität und den Kontext vor Ort sowie erste Kontakte zu lokalen
Akteur:innen ermöglichen. In zwei intensiven ersten Workshoptagen entwickelten die Teams durch
diverse Formate wie Dérives, Befragungen, Innovationsmethoden und Kritiken ihre Forschungsfragen
zu experimentellen Interventionen, die zum Abschluss des Labors an einem Aktionstag im Viertel
aufgebaut und ausgetestet wurden. In einer bunten Parade zog das Labor an diesem Tag aus der
Container City an der Wagenhalle zur Mittnachtstraße. Vier Experimentierfelder bespielten den
öffentlichen Raum – ein urbanes Stadtbeet, ein partizipativer Nachbarschaftstisch, ein Parklet
sowie eine Musikbox und Soundquiz zum Viertel. Die Aktion sorgte für große Aufmerksamkeit. Vor
allem die Mobilitätsumfrage mit anschließender Grillwurst am Parklet war der Hit. Die
Interaktion mit der Musikbox, bei der spielerisch Geräusche des Quartiers zu experimentellen
Klängen gemischt werden konnten, war vor dem Jugendhaus eher verhalten. Erst als die temporäre
Intervention etwas weiter Richtung Markt gewandert war, gingen auch die Kids auf
Entdeckungsreise. Der Aktionstag war damit ein Erfolg. Einige der Experimente konnten noch
geraume Zeit weiter im öffentlichen Raum an der Mittnachtstraße verbleiben. So wurde später der
Abtransport des Stadtbeets von einer Passantin mit ehrlichem Bedauern kommentiert.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; ÜBER DEN TELLERRAND HINAUS</p> <p>&bullet; ÜBER DEN TELLERRAND HINAUS</p>
<p>Die Aktionen vom Labor Nordbahnhof verfolgten mit ihrer Strategie Ziele in drei verschiedenen Dimensionen. Die Vermittlung von Kompetenzen im Zugang und der Kommunikation zu anderen Fachdisziplinen war nicht nur für die Studierenden, sondern ebenso für die Forschenden lehrreich. Ist es manchmal schwierig genug, sich einer komplexen Aufgabe aus der eigenen Disziplin zu nähern, ist das Hinausschauen über den eigenen disziplinären Tellerrand und Einbinden anderer Fachmeinungen genauso herausfordernd wie lohnend. Auch die Anwendung kreativer Methoden aus dem Innovationsmanagement gehört nicht unbedingt zur täglichen Gewohnheit in der Forschung. Als weitere und bisweilen wichtigste Bildungsziele standen die Kooperation mit zivilen Akteur:innen und das experimentelle Intervenieren in der urbanen Praxis im Vordergrund – Kompetenzen, die im Studienalltag bislang noch unüblich, in der Praxis jedoch oft umso erwünschter sind. Durch die unmittelbare wissenschaftliche Begleitung der Experimente konnten kontextbezogen neue Erkenntnisse gewonnen und Aufgabenstellungen weiterentwickelt werden. Schließlich lag das Bestreben des Labors darin, neben den eigenen Forschungs- auch relevante Praxisziele umzusetzen. Durch die Aktivität im Stadtraum und die Einbindung der Zivilgesellschaft sollte neuen Initiativen aus der Wiege geholfen werden. Eine Verstetigung der vier Experimente war zwangsläufig mit einer intensiven Zusammenarbeit mit den lokalen Akteur:innen und einer gewissen Langfristigkeit des Projekts verbunden. Verantwortlichkeiten wie Bedarfe müssen sich entwickeln und wachsen erst über die Zeit zu einem funktionierenden gemeinschaftlichen System zusammen. Die experimentelle Anwendung von Wissen macht neues Nichtwissen sicht- und greifbar und mündet dementsprechend in einen konstruktiven Entwicklungsprozess. In diesem Sinne sind die Experimentierfelder aus dem Sommerworkshop als Initial und Lernprozess zu sehen. Die anfänglichen Fragestellungen spiegeln sich in allen weiteren Projektverläufen wider.</p> <p>Die Aktionen vom Labor Nordbahnhof verfolgten mit ihrer Strategie Ziele in drei verschiedenen
Dimensionen. Die Vermittlung von Kompetenzen im Zugang und der Kommunikation zu anderen
Fachdisziplinen war nicht nur für die Studierenden, sondern ebenso für die Forschenden
lehrreich. Ist es manchmal schwierig genug, sich einer komplexen Aufgabe aus der eigenen
Disziplin zu nähern, ist das Hinausschauen über den eigenen disziplinären Tellerrand und
Einbinden anderer Fachmeinungen genauso herausfordernd wie lohnend. Auch die Anwendung kreativer
Methoden aus dem Innovationsmanagement gehört nicht unbedingt zur täglichen Gewohnheit in der
Forschung. Als weitere und bisweilen wichtigste Bildungsziele standen die Kooperation mit
zivilen Akteur:innen und das experimentelle Intervenieren in der urbanen Praxis im Vordergrund –
Kompetenzen, die im Studienalltag bislang noch unüblich, in der Praxis jedoch oft umso
erwünschter sind. Durch die unmittelbare wissenschaftliche Begleitung der Experimente konnten
kontextbezogen neue Erkenntnisse gewonnen und Aufgabenstellungen weiterentwickelt werden.
Schließlich lag das Bestreben des Labors darin, neben den eigenen Forschungs- auch relevante
Praxisziele umzusetzen. Durch die Aktivität im Stadtraum und die Einbindung der
Zivilgesellschaft sollte neuen Initiativen aus der Wiege geholfen werden. Eine Verstetigung der
vier Experimente war zwangsläufig mit einer intensiven Zusammenarbeit mit den lokalen
Akteur:innen und einer gewissen Langfristigkeit des Projekts verbunden. Verantwortlichkeiten wie
Bedarfe müssen sich entwickeln und wachsen erst über die Zeit zu einem funktionierenden
gemeinschaftlichen System zusammen. Die experimentelle Anwendung von Wissen macht neues
Nichtwissen sicht- und greifbar und mündet dementsprechend in einen konstruktiven
Entwicklungsprozess. In diesem Sinne sind die Experimentierfelder aus dem Sommerworkshop als
Initial und Lernprozess zu sehen. Die anfänglichen Fragestellungen spiegeln sich in allen
weiteren Projektverläufen wider.</p>
</div> </div>
<!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;"> <!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;">
......
...@@ -17,11 +17,11 @@ ...@@ -17,11 +17,11 @@
<div class="page-wrap"> <div class="page-wrap">
<div class="header" style="width: 100%; position: fixed; top:0; padding-bottom:0px; height:7.5% !important; background: <div class="header" style="width: 100%; position: fixed; top:0; padding-bottom:0px; height:7.5% !important; background:
rgb(255,255,255); rgb(255,255,255);
background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%, background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%,rgba(255,255,255,1) 60%, rgba(255,255,255,0)
rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);"> 100%);">
<h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span> <h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span>
<span <span style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;"
style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;" class="Ch_header">1 BETEILIGENDE GESTALTUNG</span> class="Ch_header">1 BETEILIGENDE GESTALTUNG</span>
</h1> </h1>
</div> </div>
...@@ -40,20 +40,59 @@ ...@@ -40,20 +40,59 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Städte sind Verdichtungsraum und Brennglas für soziale Prozesse (Rolshoven 2021). Nirgendwo werden die Herausforderungen gesellschaftlicher Teilhabe, der Zugänglichkeit zu Bildung, Arbeit und bezahlbarem Wohnraum offenkundiger. Stadtgestaltungsprozesse müssen sich daher mit immer komplexer werdenden Fragestellungen auseinandersetzen. Wie kann ein Stadtviertel sozial- und klimagerecht entwickelt werden? Wie können wir diese Transformation aktiv gestalten? Welche Rolle können da-bei lokale Akteur:innen im Entwicklungsprozess einnehmen? Wann ist »echte« Teilhabe erreicht? </p> <p>Städte sind Verdichtungsraum und Brennglas für soziale Prozesse (Rolshoven 2021). Nirgendwo
<p>Gestaltungsprozesse verändern sich im Laufe der Zeit, das steht in enger Korrelation mit dem Wandel unserer Gesellschaft. So lässt sich die Relevanz sozialer Aspekte bei gestalterischen Fragen schon in der Architektur des Bauhaus im politisch-sozialen Kontext der Zeit nach dem ersten Weltkrieg und der darauffolgenden Weltwirtschaftskrise feststellen (Sachs 2018). Seither kann ein zunehmend sozialer Anspruch in Entwürfen von Gestalter:innen und an das Design beobachtet werden. Wo zunächst das »Design für den Menschen« im Mittelpunkt stand, entwickelt sich eine zunehmend transkulturelle und partizipatorische Perspektive, die einen Wechsel vom sozialen Design für die Gesellschaft zum Design mit der Gesellschaft markiert (Sachs 2018). Dementsprechend wird auch die Rolle der Gestalter:in eine vielfältigere und changiert nun zwischen schaffenden, forschenden, vermittelnden und Prozess gestaltenden Tätigkeiten (Celik & Kampe 2017).</p> werden die Herausforderungen gesellschaftlicher Teilhabe, der Zugänglichkeit zu Bildung, Arbeit
und bezahlbarem Wohnraum offenkundiger. Stadtgestaltungsprozesse müssen sich daher mit immer
komplexer werdenden Fragestellungen auseinandersetzen. Wie kann ein Stadtviertel sozial- und
klimagerecht entwickelt werden? Wie können wir diese Transformation aktiv gestalten? Welche
Rolle können da-bei lokale Akteur:innen im Entwicklungsprozess einnehmen? Wann ist »echte«
Teilhabe erreicht? </p>
<p>Gestaltungsprozesse verändern sich im Laufe der Zeit, das steht in enger Korrelation mit dem
Wandel unserer Gesellschaft. So lässt sich die Relevanz sozialer Aspekte bei gestalterischen
Fragen schon in der Architektur des Bauhaus im politisch-sozialen Kontext der Zeit nach dem
ersten Weltkrieg und der darauffolgenden Weltwirtschaftskrise feststellen (Sachs 2018). Seither
kann ein zunehmend sozialer Anspruch in Entwürfen von Gestalter:innen und an das Design
beobachtet werden. Wo zunächst das »Design für den Menschen« im Mittelpunkt stand, entwickelt
sich eine zunehmend transkulturelle und partizipatorische Perspektive, die einen Wechsel vom
sozialen Design für die Gesellschaft zum Design mit der Gesellschaft markiert (Sachs 2018).
Dementsprechend wird auch die Rolle der Gestalter:in eine vielfältigere und changiert nun
zwischen schaffenden, forschenden, vermittelnden und Prozess gestaltenden Tätigkeiten (Celik &
Kampe 2017).</p>
<br> <br>
<p>&bullet; DEN SOZIALRAUM VERSTEHEN</p> <p>&bullet; DEN SOZIALRAUM VERSTEHEN</p>
<p>Eine Teilhabe der Gesellschaft an der Gestaltung von Raum setzt zunächst ein Verständnis für ihren Sozialraum voraus, denn die Verknüpfung von Sozialraum und physischem Raum seit Ende des 19. Jahrhunderts stellt einen Zusammenhang von Raumproduktion und gesellschaftlicher Entwicklung her. Dabei stehen seine Struktur und das Handeln im Raum in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Raum besteht also nicht einfach so, er wird sozial produziert. Henri Lefebvre beschrieb beispielsweise Raumproduktion in drei Dimensionen: in Form von wahrgenommenem, gedachtem und gelebtem Raum. So überlagern sich in seinem Modell die räumliche Praxis, die die Produktion und Reproduktion verschiedener sozialer Formationen und deren Alltagshandlungen beschreibt, die Raumrepräsentationen, das ist der mit Wissen und Codes aufgeladene konzeptualisierte Raum der Planenden, und die Repräsentationsräume, sprich der gelebte Raum, der gebildet wird in Bezug auf Erlebtes und Geschichte (Lefebvre 2015).</p> <p>Eine Teilhabe der Gesellschaft an der Gestaltung von Raum setzt zunächst ein Verständnis für
<p>Ausgehend von diesen Grundannahmen, muss eine Analyse von Raum also nach den sozialen Konstellationen, den Machtverhältnissen und den historischen Bedingungen fragen, die diese Umwelt beschreiben. Eine Schwierigkeit sieht Lefebvre darin, wenn in den von Planenden entwickelten abstrakten Räumen Ideologie und gelebte Realität auseinanderfallen (Lefebvre 2015). Aufgabe der Gestalter:in muss sein, diese beiden Dimensionen näher zusammenzurücken.</p> ihren Sozialraum voraus, denn die Verknüpfung von Sozialraum und physischem Raum seit Ende des
19. Jahrhunderts stellt einen Zusammenhang von Raumproduktion und gesellschaftlicher Entwicklung
her. Dabei stehen seine Struktur und das Handeln im Raum in einem wechselseitigen Verhältnis
zueinander. Raum besteht also nicht einfach so, er wird sozial produziert. Henri Lefebvre
beschrieb beispielsweise Raumproduktion in drei Dimensionen: in Form von wahrgenommenem,
gedachtem und gelebtem Raum. So überlagern sich in seinem Modell die räumliche Praxis, die die
Produktion und Reproduktion verschiedener sozialer Formationen und deren Alltagshandlungen
beschreibt, die Raumrepräsentationen, das ist der mit Wissen und Codes aufgeladene
konzeptualisierte Raum der Planenden, und die Repräsentationsräume, sprich der gelebte Raum, der
gebildet wird in Bezug auf Erlebtes und Geschichte (Lefebvre 2015).</p>
<p>Ausgehend von diesen Grundannahmen, muss eine Analyse von Raum also nach den sozialen
Konstellationen, den Machtverhältnissen und den historischen Bedingungen fragen, die diese
Umwelt beschreiben. Eine Schwierigkeit sieht Lefebvre darin, wenn in den von Planenden
entwickelten abstrakten Räumen Ideologie und gelebte Realität auseinanderfallen (Lefebvre 2015).
Aufgabe der Gestalter:in muss sein, diese beiden Dimensionen näher zusammenzurücken.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Ein anderer wichtiger Aspekt, um Sozialraum verstehen zu lernen, ist laut Martina Löw, dass Städte als sozial konstruierte Phänomene Eigenlogiken entwickeln und sich damit also höchst individuell konstituieren. Die Eigenlogiken speisen sich aus aktuellem und vergangenem Handeln im Raum und wirken sich auf die Erfahrungsmuster derer, die in ihnen leben, aus (Löw 2018). Genauso wie man daher »Stadt« nicht als einheitliches Laboratorium für eine gesellschaftliche Analyse begreifen kann, lassen sich auch eigens entwickelte Gestaltungsstrategien nicht einfach auf einen anderen Ort übertragen. Die Gestalter:in muss den spezifischen Sozialraum verstehen – und die Bedürfnisse und Alltagspraxen, also Lebensstile, Handlungsethiken oder Alltagsauffassungen der verschiedenen Gruppen kennenlernen, um Defizite zu identifizieren und städtische Entwicklungspotenziale vorzuschlagen.</p> <p>Ein anderer wichtiger Aspekt, um Sozialraum verstehen zu lernen, ist laut Martina Löw, dass
Städte als sozial konstruierte Phänomene Eigenlogiken entwickeln und sich damit also höchst
individuell konstituieren. Die Eigenlogiken speisen sich aus aktuellem und vergangenem Handeln
im Raum und wirken sich auf die Erfahrungsmuster derer, die in ihnen leben, aus (Löw 2018).
Genauso wie man daher »Stadt« nicht als einheitliches Laboratorium für eine gesellschaftliche
Analyse begreifen kann, lassen sich auch eigens entwickelte Gestaltungsstrategien nicht einfach
auf einen anderen Ort übertragen. Die Gestalter:in muss den spezifischen Sozialraum verstehen –
und die Bedürfnisse und Alltagspraxen, also Lebensstile, Handlungsethiken oder
Alltagsauffassungen der verschiedenen Gruppen kennenlernen, um Defizite zu identifizieren und
städtische Entwicklungspotenziale vorzuschlagen.</p>
<br> <br>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
...@@ -61,118 +100,314 @@ ...@@ -61,118 +100,314 @@
margin-left: 2em; margin-right: 2em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 2em; margin-right: 2em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; WERKZEUGE UND KONZEPTIDEEN FÜR BETEILIGENDE GESTALTUNG</p> <p>&bullet; WERKZEUGE UND KONZEPTIDEEN FÜR BETEILIGENDE GESTALTUNG</p>
<p>Nirgendwo können wir diese Alltagspraxen besser beobachten als im öffentlichen Raum. Als Ort, an dem Gesellschaft aufeinandertrifft und interagiert, kommt ihm eine übergeordnete Bedeutung zu. Dort finden Aushandlungsprozesse und Teilhabe im Sinne einer »realen Demokratie« statt – es spiegelt sich ein gesellschaftliches Spektrum wider (Berger & Wildner 2018).</p> <p>Nirgendwo können wir diese Alltagspraxen besser beobachten als im öffentlichen Raum. Als Ort, an
<p>Soziale Teilhabe und öffentlicher Raum bildeten den Ausgangspunkt für das Lehrforschungsseminar »Beteiligende Gestaltung«. Der Titel des Seminars stellte die These auf, dass Gestaltung soziale Teilhabe von Menschen befördern und sie zur Mitgestaltung aktivieren kann. Im Seminar sollten die Studierenden in ihrer Rolle als Gestalter:innen auf experimentelle Weise ergründen, was Teilhabe für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen bedeutet und wie Gestaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten von Raum Momente der Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen können. In Bezug auf die bereits im »Labor Nordbahnhof« und während des Sommerworkshops erarbeiteten Analysen und Erfahrungen bildeten Jugendliche, Senior:innen, Multikulturalität, Künstler:innen sowie Urban Gardening Gemeinschaft die unterschiedlichen sozialen Schwerpunkte für das Seminar. Vertreter:innen dieser Fokusgruppen standen den Studierenden über den gesamten Seminarzeitraum als Pat:in zur Seite und ermöglichten ihnen so einen niederschwelligen Zugang.</p> dem Gesellschaft aufeinandertrifft und interagiert, kommt ihm eine übergeordnete Bedeutung zu.
<p>Die erste Phase bestand aus teilnehmender Beobachtung und Analyse des sozialen Felds. Wie funktionieren die einzelnen Fokusgruppen? Welche alltäglichen Handlungen lassen sich feststellen, welche Bedürfnisse eruieren oder auch Verbindungen zu anderen Akteur:innen ermitteln? Mithilfe der Feldtagebücher, informell geführter Gespräche mit Bewohner:innen, gezielter Mappings und Stadtspaziergängen, die in Form von Fotodokumentationen festgehalten wurden, sammelten die Studierenden wichtige Erkenntnisse.</p> Dort finden Aushandlungsprozesse und Teilhabe im Sinne einer »realen Demokratie« statt – es
<p>Um die örtlichen Akteur:innen und ihre Verhaltensweisen auf einer alltäglichen Basis kennenzulernen, waren regelmäßige und kontinuierliche Präsenz der Studierenden vor Ort ausschlaggebend. So konnten neue Kooperationen gebildet und bestehende Netzwerke erkannt und genutzt werden. Die Vertrauensbildung zu den jeweiligen Gruppen war eine zentrale Voraussetzung dafür. Die Studierenden benötigten hierfür Qualifikationen außerhalb ihres fachspezifischen Standardrepertoires, wie beispielsweise ein hohes Maß an Empathie oder eine unvoreingenommene Offenheit gegenüber dem ihnen Unbekannten. Durch diesen anderen Umgang mit Stadt- und sozialen Entwicklungsfragen waren also neue Einstellungen, neue Formen der Zusammenarbeit und neue Fähigkeiten gefragt und brachten damit ein verändertes Rollenverständnis als Gestalter:innen mit sich.</p> spiegelt sich ein gesellschaftliches Spektrum wider (Berger & Wildner 2018).</p>
<p>Soziale Teilhabe und öffentlicher Raum bildeten den Ausgangspunkt für das Lehrforschungsseminar
»Beteiligende Gestaltung«. Der Titel des Seminars stellte die These auf, dass Gestaltung soziale
Teilhabe von Menschen befördern und sie zur Mitgestaltung aktivieren kann. Im Seminar sollten
die Studierenden in ihrer Rolle als Gestalter:innen auf experimentelle Weise ergründen, was
Teilhabe für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen bedeutet und wie Gestaltungs- und
Nutzungsmöglichkeiten von Raum Momente der Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen können. In
Bezug auf die bereits im »Labor Nordbahnhof« und während des Sommerworkshops erarbeiteten
Analysen und Erfahrungen bildeten Jugendliche, Senior:innen, Multikulturalität, Künstler:innen
sowie Urban Gardening Gemeinschaft die unterschiedlichen sozialen Schwerpunkte für das Seminar.
Vertreter:innen dieser Fokusgruppen standen den Studierenden über den gesamten Seminarzeitraum
als Pat:in zur Seite und ermöglichten ihnen so einen niederschwelligen Zugang.</p>
<p>Die erste Phase bestand aus teilnehmender Beobachtung und Analyse des sozialen Felds. Wie
funktionieren die einzelnen Fokusgruppen? Welche alltäglichen Handlungen lassen sich
feststellen, welche Bedürfnisse eruieren oder auch Verbindungen zu anderen Akteur:innen
ermitteln? Mithilfe der Feldtagebücher, informell geführter Gespräche mit Bewohner:innen,
gezielter Mappings und Stadtspaziergängen, die in Form von Fotodokumentationen festgehalten
wurden, sammelten die Studierenden wichtige Erkenntnisse.</p>
<p>Um die örtlichen Akteur:innen und ihre Verhaltensweisen auf einer alltäglichen Basis
kennenzulernen, waren regelmäßige und kontinuierliche Präsenz der Studierenden vor Ort
ausschlaggebend. So konnten neue Kooperationen gebildet und bestehende Netzwerke erkannt und
genutzt werden. Die Vertrauensbildung zu den jeweiligen Gruppen war eine zentrale Voraussetzung
dafür. Die Studierenden benötigten hierfür Qualifikationen außerhalb ihres fachspezifischen
Standardrepertoires, wie beispielsweise ein hohes Maß an Empathie oder eine unvoreingenommene
Offenheit gegenüber dem ihnen Unbekannten. Durch diesen anderen Umgang mit Stadt- und sozialen
Entwicklungsfragen waren also neue Einstellungen, neue Formen der Zusammenarbeit und neue
Fähigkeiten gefragt und brachten damit ein verändertes Rollenverständnis als Gestalter:innen mit
sich.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight2.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Mit der zweiten Phase des Projektes folgte die Auswertung der Analyse und deren kreative Übersetzung in Konzeptideen für »Beteiligende Gestaltung«. Die Studierenden formulierten anhand ihrer Ergebnisse spezifische Forschungsfragen für die jeweiligen Fokusgruppen, aus denen sie im nächsten Schritt räumliche Konzepte für Momente der Teilhabe entwickelten. Die Reflektion und Weiterentwicklung der Ideen mit externen Expert:innen aus Sozial-, Kunst- und Kulturwissenschaften nahm bei diesem Prozess eine wichtige Rolle ein. Weitere Erkenntnisse sammelten die Studierenden durch das temporäre Experimentieren mit ihren Konzeptideen vor Ort im Nordbahnhofviertel.</p> <p>Mit der zweiten Phase des Projektes folgte die Auswertung der Analyse und deren kreative
Übersetzung in Konzeptideen für »Beteiligende Gestaltung«. Die Studierenden formulierten anhand
ihrer Ergebnisse spezifische Forschungsfragen für die jeweiligen Fokusgruppen, aus denen sie im
nächsten Schritt räumliche Konzepte für Momente der Teilhabe entwickelten. Die Reflektion und
Weiterentwicklung der Ideen mit externen Expert:innen aus Sozial-, Kunst- und
Kulturwissenschaften nahm bei diesem Prozess eine wichtige Rolle ein. Weitere Erkenntnisse
sammelten die Studierenden durch das temporäre Experimentieren mit ihren Konzeptideen vor Ort im
Nordbahnhofviertel.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; ANEIGNUNG VON ÖFFENTLICHEM RAUM DURCH KINDER UND JUGENDLICHE</p> <p>&bullet; ANEIGNUNG VON ÖFFENTLICHEM RAUM DURCH KINDER UND JUGENDLICHE</p>
<p>Eine der Pat:innen war das Kinder- und Jugendhaus Nord. Es ist seit Jahrzehnten eine feste Institution im Viertel und Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 27 Jahren. Die Studierenden begleiteten die Hausleitung an mehreren Terminen bei ihrer alltäglichen Arbeit und hatten so Gelegenheit, mit Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersgruppen und Herkünfte ins Gespräch zu kommen. Mithilfe eines Fragebogens wurden im Einzel- oder gemeinschaftlichen Dialog Besonderheiten, Ideen und Wünsche oder Sorgen und Sehnsüchte in Bezug zum Nordbahnhofviertel aufgenommen. Zusätzlich waren die Studierenden im Viertel unterwegs, um vor dem Hintergrund der im Jugendhaus gesammelten Erkenntnisse weitere Beobachtungen zu öffentlichen Aufenthaltsräumen von Kindern und Jugendlichen im Viertel anzustellen. Der Begriff der Aneignung und die damit einhergehenden Möglichkeiten zur Mitgestaltung dieser Räume hatten in der vorangegangenen Literaturrecherche eine zentrale Rolle gespielt. Diese Aneignung beobachteten die Studierenden vor allem an der Skaterhalle und an einem der wichtigsten zentralen Treffpunkte des Viertels: dem Marktplatz an der Mittnachtstraße.</p> <p>Eine der Pat:innen war das Kinder- und Jugendhaus Nord. Es ist seit Jahrzehnten eine feste
Institution im Viertel und Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 27 Jahren. Die
Studierenden begleiteten die Hausleitung an mehreren Terminen bei ihrer alltäglichen Arbeit und
hatten so Gelegenheit, mit Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersgruppen und Herkünfte
ins Gespräch zu kommen. Mithilfe eines Fragebogens wurden im Einzel- oder gemeinschaftlichen
Dialog Besonderheiten, Ideen und Wünsche oder Sorgen und Sehnsüchte in Bezug zum
Nordbahnhofviertel aufgenommen. Zusätzlich waren die Studierenden im Viertel unterwegs, um vor
dem Hintergrund der im Jugendhaus gesammelten Erkenntnisse weitere Beobachtungen zu öffentlichen
Aufenthaltsräumen von Kindern und Jugendlichen im Viertel anzustellen. Der Begriff der Aneignung
und die damit einhergehenden Möglichkeiten zur Mitgestaltung dieser Räume hatten in der
vorangegangenen Literaturrecherche eine zentrale Rolle gespielt. Diese Aneignung beobachteten
die Studierenden vor allem an der Skaterhalle und an einem der wichtigsten zentralen Treffpunkte
des Viertels: dem Marktplatz an der Mittnachtstraße.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight3.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Das Jugendhaus spielte den Gesprächen nach auch deswegen eine zentrale Rolle im Leben vieler Kinder und Jugendlicher, da nur wenige anderweitige Aktivitätsorte »die Spaß machen« im Viertel vorhanden sind. Der Marktplatz wäre zudem momentan stark von einer bestimmten Gruppe Jugendlicher dominiert, beschrieben die Be-fragten. Viele Kinder fühlten sich dadurch verdrängt oder beschrieben den Ort sogar als Angstraum. Gleichzeitig würden sie den Platz gerne nutzen und sicher durchqueren.</p> <p>Das Jugendhaus spielte den Gesprächen nach auch deswegen eine zentrale Rolle im Leben vieler
Kinder und Jugendlicher, da nur wenige anderweitige Aktivitätsorte »die Spaß machen« im Viertel
vorhanden sind. Der Marktplatz wäre zudem momentan stark von einer bestimmten Gruppe
Jugendlicher dominiert, beschrieben die Be-fragten. Viele Kinder fühlten sich dadurch verdrängt
oder beschrieben den Ort sogar als Angstraum. Gleichzeitig würden sie den Platz gerne nutzen und
sicher durchqueren.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik2.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Aus den gesammelten Erkenntnissen entwickelten die Studierenden die Konzeptidee, dass Kinder und Jugendliche sich aktiv beteiligen können sollen, um sich die Mittnachtstraße wieder anzueignen. Diese Aneignung kann über verschiedene Objekte im öffentlichen Raum unterstützt und von einem regelmäßigen, betreuten Workshop-Angebot begleitet werden. Die gemeinsam entwickelten und gebauten Objekte (z.B. Spielgeräte, Sitzmöglichkeiten) können von Kindern und Jugendlichen individuell weitergestaltet werden und sollen allen dauerhaft im öffentlichen Raum zur Verfügung stehen. So können sich Kinder ihren Raum in der Mittnachtstraße Stück für Stück zurückerobern. Dass dieses Konzept funktioniert, zeigte sich auch beim Experiment der Studierenden. Ihre temporäre Intervention mit verschiedenen Spielangeboten am Marktplatz zeigte hohe Resonanz bei den Kindern.</p> <p>Aus den gesammelten Erkenntnissen entwickelten die Studierenden die Konzeptidee, dass Kinder und
Jugendliche sich aktiv beteiligen können sollen, um sich die Mittnachtstraße wieder anzueignen.
Diese Aneignung kann über verschiedene Objekte im öffentlichen Raum unterstützt und von einem
regelmäßigen, betreuten Workshop-Angebot begleitet werden. Die gemeinsam entwickelten und
gebauten Objekte (z.B. Spielgeräte, Sitzmöglichkeiten) können von Kindern und Jugendlichen
individuell weitergestaltet werden und sollen allen dauerhaft im öffentlichen Raum zur Verfügung
stehen. So können sich Kinder ihren Raum in der Mittnachtstraße Stück für Stück zurückerobern.
Dass dieses Konzept funktioniert, zeigte sich auch beim Experiment der Studierenden. Ihre
temporäre Intervention mit verschiedenen Spielangeboten am Marktplatz zeigte hohe Resonanz bei
den Kindern.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; URBANES GÄRTNERN ALS ANTRIEB FÜR GEMEINSCHAFTSBILDUNG</p> <p>&bullet; URBANES GÄRTNERN ALS ANTRIEB FÜR GEMEINSCHAFTSBILDUNG</p>
<p>Der Verein Stadtacker ist eine bunte Gemeinschaft aus Menschen unterschiedlichster Herkunft, Alters- und Beschäftigungsgruppen, die sich einzeln oder gemeinsam um die Beetfläche an den Wagenhallen kümmern und für das Gemeingut Acker sorgen. Die Gartengemeinschaft versteht sich auch als Bildungsraum für nachhaltige, ökologische Lebensmittelproduktion in der Stadt. Die Studierenden kamen bei mehreren Besuchen vor Ort mit diversen Mitgärtner:innen ins Gespräch. Die Organisationsstruktur des Vereins und die einzelnen thematischen Arbeitsgruppen lernten die Studierenden bei einem Besuch der monatlichen Mitgliederversammlung kennen. Dabei waren auch aktuelle Bedürfnisse und Herausforderungen Thema. So erschwert die momentan sehr unsichere Zukunft in Zusammenhang mit dem Bau der »Maker City« und der anstehende Umzug auf eine kleinere Fläche längerfristige Planungen.</p> <p>Der Verein Stadtacker ist eine bunte Gemeinschaft aus Menschen unterschiedlichster Herkunft,
<p>Für viele Anwohnende und Beschäftigte im Viertel ermöglicht der Ort, als alltäglicher Erholungsraum, ein Stück Natur inmitten der Stadt zu erleben. Auch stammt ein Großteil der Gärtner:innen aus dem angrenzenden Wohnviertel. Eine erste Verbindung zwischen Wohnviertel und Wagenhallen besteht also bereits durch den Verein. Bisweilen stellen Sprachbarrieren der heterogenen Zusammensetzung der Nutzer:innengemeinschaft eine Herausforderung dar. Durch Beetprojekte bestehen bereits gute Kooperationen mit den beiden ansässigen Grundschulen aus dem Nordbahnhofviertel. Darüber hinaus ist der Bekanntheitsgrad des Stadtackers im Viertel jedoch noch ausbaufähig.</p> Alters- und Beschäftigungsgruppen, die sich einzeln oder gemeinsam um die Beetfläche an den
Wagenhallen kümmern und für das Gemeingut Acker sorgen. Die Gartengemeinschaft versteht sich
auch als Bildungsraum für nachhaltige, ökologische Lebensmittelproduktion in der Stadt. Die
Studierenden kamen bei mehreren Besuchen vor Ort mit diversen Mitgärtner:innen ins Gespräch. Die
Organisationsstruktur des Vereins und die einzelnen thematischen Arbeitsgruppen lernten die
Studierenden bei einem Besuch der monatlichen Mitgliederversammlung kennen. Dabei waren auch
aktuelle Bedürfnisse und Herausforderungen Thema. So erschwert die momentan sehr unsichere
Zukunft in Zusammenhang mit dem Bau der »Maker City« und der anstehende Umzug auf eine kleinere
Fläche längerfristige Planungen.</p>
<p>Für viele Anwohnende und Beschäftigte im Viertel ermöglicht der Ort, als alltäglicher
Erholungsraum, ein Stück Natur inmitten der Stadt zu erleben. Auch stammt ein Großteil der
Gärtner:innen aus dem angrenzenden Wohnviertel. Eine erste Verbindung zwischen Wohnviertel und
Wagenhallen besteht also bereits durch den Verein. Bisweilen stellen Sprachbarrieren der
heterogenen Zusammensetzung der Nutzer:innengemeinschaft eine Herausforderung dar. Durch
Beetprojekte bestehen bereits gute Kooperationen mit den beiden ansässigen Grundschulen aus dem
Nordbahnhofviertel. Darüber hinaus ist der Bekanntheitsgrad des Stadtackers im Viertel jedoch
noch ausbaufähig.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Studierenden erkannten durch ihre Analyse den großen Wert des Stadtackers als Brückenschlag zwischen Alt und Neu sowie als gemeinschaftlichen Bildungsort. Sie schlugen mit ihrer Konzeptidee eine Stärkung und Weiterentwicklung dieser Komponenten auf geeigneten Flächen im Bestandsviertel vor. Diese identifizierten sie aufgrund von Lage, Maßstab, Nutzungsstruktur und Zugänglichkeit in den großen Innenhöfen. So würde der umzugsbedingte Flächenwegfall kompensiert, der Bekanntheitsgrad im direkten Umfeld gestärkt und inklusive, barrierefreie Flächen zum generationenübergreifenden Gärtnern geschaffen werden. Dadurch entwickeln sich im besten Fall neue, selbstverwaltete Gemeinschaften auf Wohnblockebene, die über den einfachen Zugang des Gärtnerns noch mehr Menschen Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen. Der »Innenhofacker« besteht aus modularen Bausteinen, die für die unterschiedlichen Nachbarschaften individuell anpassbar sind. Der Stadtacker versorgt sie mit Erde und Setzlingen. Ebenfalls durch den Acker geleitete Themen-Workshops fördern den Austausch und tragen zur Wissensbildung um nachhaltige Lebensmittelproduktion im urbanen Umfeld bei.</p> <p>Die Studierenden erkannten durch ihre Analyse den großen Wert des Stadtackers als Brückenschlag
zwischen Alt und Neu sowie als gemeinschaftlichen Bildungsort. Sie schlugen mit ihrer
Konzeptidee eine Stärkung und Weiterentwicklung dieser Komponenten auf geeigneten Flächen im
Bestandsviertel vor. Diese identifizierten sie aufgrund von Lage, Maßstab, Nutzungsstruktur und
Zugänglichkeit in den großen Innenhöfen. So würde der umzugsbedingte Flächenwegfall kompensiert,
der Bekanntheitsgrad im direkten Umfeld gestärkt und inklusive, barrierefreie Flächen zum
generationenübergreifenden Gärtnern geschaffen werden. Dadurch entwickeln sich im besten Fall
neue, selbstverwaltete Gemeinschaften auf Wohnblockebene, die über den einfachen Zugang des
Gärtnerns noch mehr Menschen Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen. Der »Innenhofacker«
besteht aus modularen Bausteinen, die für die unterschiedlichen Nachbarschaften individuell
anpassbar sind. Der Stadtacker versorgt sie mit Erde und Setzlingen. Ebenfalls durch den Acker
geleitete Themen-Workshops fördern den Austausch und tragen zur Wissensbildung um nachhaltige
Lebensmittelproduktion im urbanen Umfeld bei.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; KUNST- UND KULTURSCHUTZGEBIET</p> <p>&bullet; KUNST- UND KULTURSCHUTZGEBIET</p>
<p>Der Kunstverein Wagenhalle e.V. besteht seit 2004 und hat eine einzigartige Produktionsstätte am Stuttgarter Nordbahnhof aufgebaut. Sie beherbergt Ateliers, Studios, Werkstätten, Ausstellungs- und Lagerräume. Momentan unterliegt der Kunstverein einem enormen Veränderungsdruck durch die Entwicklung des neuen Stadtviertels auf den umgebenden Flächen. Diesen Eindruck konnte auch die Studierendengruppe beim Besuch von diversen öffentlichen und internen Veranstaltungen, mehreren Gesprächen mit Künstler:innen sowie Beobachtungen des alltäglichen Lebens und Arbeitens vor Ort gewinnen. Mit der zwangsmäßigen Verkleinerung aufgrund der anstehenden Baumaßnahmen geht ein Verlust von Außenproduktions-, Aufenthalts- und Grünflächen mit einmaliger Atmosphäre der in den vergangenen Jahren entstandenen Container City einher. Gleichzeitig sehen Stadtverwaltung und Planung den Verein als wichtige Partner:in bei der Bespielung des künftigen zentralen Quartiersplatzes vor der Wagenhalle.</p> <p>Der Kunstverein Wagenhalle e.V. besteht seit 2004 und hat eine einzigartige Produktionsstätte am
Stuttgarter Nordbahnhof aufgebaut. Sie beherbergt Ateliers, Studios, Werkstätten, Ausstellungs-
und Lagerräume. Momentan unterliegt der Kunstverein einem enormen Veränderungsdruck durch die
Entwicklung des neuen Stadtviertels auf den umgebenden Flächen. Diesen Eindruck konnte auch die
Studierendengruppe beim Besuch von diversen öffentlichen und internen Veranstaltungen, mehreren
Gesprächen mit Künstler:innen sowie Beobachtungen des alltäglichen Lebens und Arbeitens vor Ort
gewinnen. Mit der zwangsmäßigen Verkleinerung aufgrund der anstehenden Baumaßnahmen geht ein
Verlust von Außenproduktions-, Aufenthalts- und Grünflächen mit einmaliger Atmosphäre der in den
vergangenen Jahren entstandenen Container City einher. Gleichzeitig sehen Stadtverwaltung und
Planung den Verein als wichtige Partner:in bei der Bespielung des künftigen zentralen
Quartiersplatzes vor der Wagenhalle.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Studierenden konzentrierten sich auf die Ermittlung der bestehenden Bedürfnisse der Künstler:innen im Freibereich und auf die Fragestellung, wie die besondere Atmosphäre dieses Bereiches teilweise erhalten bleiben kann. Dabei fanden sie heraus, dass Freiflächen zum einen als Produktionsstätte und Experimentierraum mit Lager- bzw. Transitflächen für sperrige Materialen einen hohen Stellenwert einnehmen, zum anderen als Ort für Erholung und Rekreation im Grünen, als Kommunikations- oder Rückzugsort eine essenzielle Rolle spielen. Für öffentliche Veranstaltungen wie beispielsweise die jährlich stattfindenden »Offenen Ateliers« wird der Freibereich zudem als Raum für gastronomisches Angebot, Eventbühne und erweiterte Ausstellungsfläche genutzt. Eine wichtige Rolle wird in Zukunft auch die Verwaltung und Organisation der verbleibenden Fläche spielen, die die Künstler:innen dazu anhält, Nutzungen zu vergemeinschaften und neue Synergien zu erzeugen.</p> <p>Die Studierenden konzentrierten sich auf die Ermittlung der bestehenden Bedürfnisse der
</div> Künstler:innen im Freibereich und auf die Fragestellung, wie die besondere Atmosphäre dieses
Bereiches teilweise erhalten bleiben kann. Dabei fanden sie heraus, dass Freiflächen zum einen
als Produktionsstätte und Experimentierraum mit Lager- bzw. Transitflächen für sperrige
Materialen einen hohen Stellenwert einnehmen, zum anderen als Ort für Erholung und Rekreation im
Grünen, als Kommunikations- oder Rückzugsort eine essenzielle Rolle spielen. Für öffentliche
Veranstaltungen wie beispielsweise die jährlich stattfindenden »Offenen Ateliers« wird der
Freibereich zudem als Raum für gastronomisches Angebot, Eventbühne und erweiterte
Ausstellungsfläche genutzt. Eine wichtige Rolle wird in Zukunft auch die Verwaltung und
Organisation der verbleibenden Fläche spielen, die die Künstler:innen dazu anhält, Nutzungen zu
vergemeinschaften und neue Synergien zu erzeugen.</p>
</div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik3.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Darauf aufbauend entwickelten die Studierenden ein Konzept, wie der wandlungsfähige Freiraum weiterhin in komprimierter Form den essenziellen Bedürfnissen der Künstler:innen entsprechen und die atmosphärischen Besonderheiten der Container City in die Zukunft übertragen kann. Zu diesem Zweck wurden die bestehenden, ortsprägenden Einzelobjekte herausgefiltert und auf einer minimalen Fläche zu einem konzentrierten Haufen, dem P.I.L.E., vereint, der neue Räume, Nischen und Plattformen für diverse Anforderungen generiert. Die Buchstaben in P.I.L.E. stehen stellvertretend für die wichtigsten Nutzungen und Bedürfnisse (Produktion, Individualität, Lagerung, Erholung) der Künstler:innen. Je nachdem, wie viel Platz die umgebenden Baumaßnahmen lassen, kann sich der Haufen verdichten oder wieder entzerren – bis sich die einzelnen Objekte eines Tages den neuen Kunstboulevard oder Quartiersplatz aneignen können.</p> <p>Darauf aufbauend entwickelten die Studierenden ein Konzept, wie der wandlungsfähige Freiraum
weiterhin in komprimierter Form den essenziellen Bedürfnissen der Künstler:innen entsprechen und
die atmosphärischen Besonderheiten der Container City in die Zukunft übertragen kann. Zu diesem
Zweck wurden die bestehenden, ortsprägenden Einzelobjekte herausgefiltert und auf einer
minimalen Fläche zu einem konzentrierten Haufen, dem P.I.L.E., vereint, der neue Räume, Nischen
und Plattformen für diverse Anforderungen generiert. Die Buchstaben in P.I.L.E. stehen
stellvertretend für die wichtigsten Nutzungen und Bedürfnisse (Produktion, Individualität,
Lagerung, Erholung) der Künstler:innen. Je nachdem, wie viel Platz die umgebenden Baumaßnahmen
lassen, kann sich der Haufen verdichten oder wieder entzerren – bis sich die einzelnen Objekte
eines Tages den neuen Kunstboulevard oder Quartiersplatz aneignen können.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; SICHTBARKEIT VON MULTIKULTURALITÄT</p> <p>&bullet; SICHTBARKEIT VON MULTIKULTURALITÄT</p>
<p>Das Haus 49 hat sich als internationales Stadtteilzentrum bereits seit knapp 50 Jahren im Viertel etabliert. Viele Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen treffen sich in der Einrichtung und nutzen die Räumlichkeiten. Die Studierenden führten ein Expert:innengespräch mit der ehemaligen, langjährigen Leitung und nahmen die Einrichtung als Impuls und Ausgangspunkt für diverse Stadtspaziergänge. Durch seine einzigartige Geschichte als »Postdörfle« für die Unterbeamt:innen der Bahn und Post und der damit verbundenen Aufnahme vieler Gastarbeitenden nach dem zweiten Weltkrieg ist das Nordbahnhofviertel seit jeher in besonderer Weise kulturell geprägt. Diesen »Besonderheiten« versuchten die Studierenden mithilfe von Fotodokumentationen und in Gesprächen mit Bewohner:innen aus dem Viertel auf den Grund zu gehen. Sitzgelegenheiten, die von den Anwohnenden selbst mitgebracht und im öffentlichen Raum als Treffpunkt platziert wurden, waren dabei die eindrücklichsten Spuren. Auch eine hohe Identifikation der verschiedenen Gesprächspartner:innen mit dem Nordbahnhofviertel konnten die Studierende feststellen. »Wir sind hier und wir sind stolz und glücklich hier zu sein«, stellte beispielsweise eine der Befragten fest. Anders als oft von außen wahrgenommen, beschrieben die meisten den Stadtteil als sozial stark und gut vernetzt.</p> <p>Das Haus 49 hat sich als internationales Stadtteilzentrum bereits seit knapp 50 Jahren im Viertel
etabliert. Viele Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen treffen
sich in der Einrichtung und nutzen die Räumlichkeiten. Die Studierenden führten ein
Expert:innengespräch mit der ehemaligen, langjährigen Leitung und nahmen die Einrichtung als
Impuls und Ausgangspunkt für diverse Stadtspaziergänge. Durch seine einzigartige Geschichte als
»Postdörfle« für die Unterbeamt:innen der Bahn und Post und der damit verbundenen Aufnahme
vieler Gastarbeitenden nach dem zweiten Weltkrieg ist das Nordbahnhofviertel seit jeher in
besonderer Weise kulturell geprägt. Diesen »Besonderheiten« versuchten die Studierenden mithilfe
von Fotodokumentationen und in Gesprächen mit Bewohner:innen aus dem Viertel auf den Grund zu
gehen. Sitzgelegenheiten, die von den Anwohnenden selbst mitgebracht und im öffentlichen Raum
als Treffpunkt platziert wurden, waren dabei die eindrücklichsten Spuren. Auch eine hohe
Identifikation der verschiedenen Gesprächspartner:innen mit dem Nordbahnhofviertel konnten die
Studierende feststellen. »Wir sind hier und wir sind stolz und glücklich hier zu sein«, stellte
beispielsweise eine der Befragten fest. Anders als oft von außen wahrgenommen, beschrieben die
meisten den Stadtteil als sozial stark und gut vernetzt.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight6.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight6.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Studierenden analysierten, dass die multikulturelle Zusammensetzung Gefahr lief, durch äußere Einflüsse wie das Auslaufen der bestehenden Milieuschutzsatzung, der Immobilienspekulation oder dem andauernden Stadtentwicklungsprozess Rosenstein in Zukunft stark verändert zu werden. Viele der Menschen vor Ort brachten ihre Sorge darüber in Gesprächen zum Ausdruck. Darauf aufbauend entwickelten die Studierenden das Konzept einer Intervention, die als Verstärker für diese Stimmen Pate steht und die Kostbarkeit der kulturellen Identitäten des Viertels nach außen trägt, um sie für die Stadtöffentlichkeit sichtbar zu machen.</p> <p>Die Studierenden analysierten, dass die multikulturelle Zusammensetzung Gefahr lief, durch äußere
Einflüsse wie das Auslaufen der bestehenden Milieuschutzsatzung, der Immobilienspekulation oder
dem andauernden Stadtentwicklungsprozess Rosenstein in Zukunft stark verändert zu werden. Viele
der Menschen vor Ort brachten ihre Sorge darüber in Gesprächen zum Ausdruck. Darauf aufbauend
entwickelten die Studierenden das Konzept einer Intervention, die als Verstärker für diese
Stimmen Pate steht und die Kostbarkeit der kulturellen Identitäten des Viertels nach außen
trägt, um sie für die Stadtöffentlichkeit sichtbar zu machen.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Jugendliche mit multikulturellem Hintergrund prägen die Zukunft des Stadtteils und nehmen daher eine wichtige Rolle im Konzept ein. Ein neues »Landmark« in Form eines begehbaren Turms soll ihnen die Möglichkeit bieten, sich selbst und ihre kulturelle Identität auf eigene Art und Weise auszudrücken. Es bietet Flächen zur Aneignung durch Graffitikunst und lädt durch seine Gestaltung zum Treffen und Aufenthalt ein. Der Standort auf dem Parkplatz des ehemaligen Großkinos, am Eingang zum Nordbahnhofviertel und direkt entlang der Bahngleise, erzeugt überregionale Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit bei den vorbeifahrenden Bahnreisenden.</p> <p>Jugendliche mit multikulturellem Hintergrund prägen die Zukunft des Stadtteils und nehmen daher
eine wichtige Rolle im Konzept ein. Ein neues »Landmark« in Form eines begehbaren Turms soll
ihnen die Möglichkeit bieten, sich selbst und ihre kulturelle Identität auf eigene Art und Weise
auszudrücken. Es bietet Flächen zur Aneignung durch Graffitikunst und lädt durch seine
Gestaltung zum Treffen und Aufenthalt ein. Der Standort auf dem Parkplatz des ehemaligen
Großkinos, am Eingang zum Nordbahnhofviertel und direkt entlang der Bahngleise, erzeugt
überregionale Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit bei den vorbeifahrenden Bahnreisenden.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; IM VIERTEL ALT WERDEN</p> <p>&bullet; IM VIERTEL ALT WERDEN</p>
<p>Die Landesbaugenossenschaft (LBG) bietet als eine der großen Vermietungsgesellschaften im Viertel nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, sondern vor allem auch vielen Senior:innen Wohnraum.</p> <p>Die Landesbaugenossenschaft (LBG) bietet als eine der großen Vermietungsgesellschaften im Viertel
<p>Die Studierenden führten mehrere Einzelgespräche mit Senior:innen aus dem Viertel, die ihnen durch die Wohngesellschaft vermittelt wurden. Ausgehend von den Alltagsbeschreibungen fanden über einen längeren Zeitraum Beobachtungen und informelle Umfragen an den beschriebenen Aufenthalts- und Bewegungsorten im Viertel statt. Die daraus entstandenen Kartierungen und Fotodokumentationen vermittelten ein großes Spektrum an Bedürfnissen und Herausforderungen, die im Alltag der Senior:innen relevant waren. So zeigte sich, dass die U-Bahn für viele ältere Menschen das wichtigste Verkehrsmittel darstellte. Alle Infrastrukturen, die im Nordbahnhof fehlten, waren damit für sie gut erreichbar. Außerdem schätzten sie die Wohnqualität und Atmosphäre im Nordbahnhof sehr hoch ein. »Hier haben wir unsere Ruhe«, wurden beispielsweise die grünen Innenhöfe anerkennend beschrieben. Auch der Rosensteinpark und Pragfriedhof bildeten für sie als »grüne Oasen« wichtige Naherholungsorte. Angebote wie der LBG-Mietertreff formen wichtige Treffpunkte für ältere Menschen aus dem Viertel und von außerhalb. Das Expert:innengespräch während des Workshops untermauerte noch einmal, dass die Vielfältigkeit der Senior:innen hinsichtlich ihrer Interessen, Mobilität, Alltagsgestaltung oder Herkunft ausgeprägt ist.</p> nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, sondern vor allem auch vielen Senior:innen
Wohnraum.</p>
<p>Die Studierenden führten mehrere Einzelgespräche mit Senior:innen aus dem Viertel, die ihnen
durch die Wohngesellschaft vermittelt wurden. Ausgehend von den Alltagsbeschreibungen fanden
über einen längeren Zeitraum Beobachtungen und informelle Umfragen an den beschriebenen
Aufenthalts- und Bewegungsorten im Viertel statt. Die daraus entstandenen Kartierungen und
Fotodokumentationen vermittelten ein großes Spektrum an Bedürfnissen und Herausforderungen, die
im Alltag der Senior:innen relevant waren. So zeigte sich, dass die U-Bahn für viele ältere
Menschen das wichtigste Verkehrsmittel darstellte. Alle Infrastrukturen, die im Nordbahnhof
fehlten, waren damit für sie gut erreichbar. Außerdem schätzten sie die Wohnqualität und
Atmosphäre im Nordbahnhof sehr hoch ein. »Hier haben wir unsere Ruhe«, wurden beispielsweise die
grünen Innenhöfe anerkennend beschrieben. Auch der Rosensteinpark und Pragfriedhof bildeten für
sie als »grüne Oasen« wichtige Naherholungsorte. Angebote wie der LBG-Mietertreff formen
wichtige Treffpunkte für ältere Menschen aus dem Viertel und von außerhalb. Das
Expert:innengespräch während des Workshops untermauerte noch einmal, dass die Vielfältigkeit der
Senior:innen hinsichtlich ihrer Interessen, Mobilität, Alltagsgestaltung oder Herkunft
ausgeprägt ist.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight7.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight7.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Als wichtige Erkenntnis ging für die Studierenden aus den Analyseergebnisse hervor, dass Kontakt zu anderen und damit der öffentliche Raum als Interaktionsort einen starken Einfluss auf die soziale Teilhabe und den Prozess des Alterns haben. Dafür benötigt es jedoch attraktive Anreize, Aufgaben und Angebote. Die Hemmschwelle muss gering und die Zugänglichkeit sehr gut sein. Generationenübergreifende Angebote sind dabei wichtig, um nicht noch zusätzlich zur Isolation im Alter beizutragen. So können die Potenziale des Viertels, die zum langfristigen Erhalt der Selbstständigkeit und Mobilität von Senior:innen beitragen, ausgeschöpft werden.</p> <p>Als wichtige Erkenntnis ging für die Studierenden aus den Analyseergebnisse hervor, dass Kontakt
zu anderen und damit der öffentliche Raum als Interaktionsort einen starken Einfluss auf die
soziale Teilhabe und den Prozess des Alterns haben. Dafür benötigt es jedoch attraktive Anreize,
Aufgaben und Angebote. Die Hemmschwelle muss gering und die Zugänglichkeit sehr gut sein.
Generationenübergreifende Angebote sind dabei wichtig, um nicht noch zusätzlich zur Isolation im
Alter beizutragen. So können die Potenziale des Viertels, die zum langfristigen Erhalt der
Selbstständigkeit und Mobilität von Senior:innen beitragen, ausgeschöpft werden.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Ein Experiment ergab hierzu ebenso interessante Erkenntnisse. Das öffentliche Wohnzimmer, eine gemütlich gestaltete Sitzecke mit Möglichkeiten zum Rasten, Spielen und Lesen, das die Studierenden am Marktplatz Mittnachtstraße installierten, wurde weniger von Senior:innen genutzt, als direkt zu Beginn von einer Gruppe Kinder zum Uno Spiel übernommen. Auch wenn die Senior:innen die Intervention nicht selbst nutzten, beobachteten sie doch das Treiben der Kinder aus einiger Entfernung und stellten neugierige Fragen. Es zeigte sich, dass auch wenn es nicht möglich war, eine Intervention im öffentlichen Raum nur auf eine spezifische Alters- oder Personengruppe zuzuschneiden, ein niederschwelliges, leicht zugängliches und generationenübergreifendes Angebot Synergieeffekte für Senior:innen haben kann. Hierfür sollte die Gestaltung einem weniger informellen Charakter folgen, da sich Senior:innen sonst wenig eingeladen fühlen. Temporäre Angebote der LBG und anderer Akteur:innen aus dem Viertel können das Angebot einer solchen »Straßen-Stube« ergänzen und tragen zur Sichtbarkeit bei. So soll ein neuer Treffpunkt im Viertel Senior:innen zum »Leben vor der Haustür« animieren und soziale Teilhabe und Selbstständigkeit im Alter fördern.</p> <p>Ein Experiment ergab hierzu ebenso interessante Erkenntnisse. Das öffentliche Wohnzimmer, eine
gemütlich gestaltete Sitzecke mit Möglichkeiten zum Rasten, Spielen und Lesen, das die
Studierenden am Marktplatz Mittnachtstraße installierten, wurde weniger von Senior:innen
genutzt, als direkt zu Beginn von einer Gruppe Kinder zum Uno Spiel übernommen. Auch wenn die
Senior:innen die Intervention nicht selbst nutzten, beobachteten sie doch das Treiben der Kinder
aus einiger Entfernung und stellten neugierige Fragen. Es zeigte sich, dass auch wenn es nicht
möglich war, eine Intervention im öffentlichen Raum nur auf eine spezifische Alters- oder
Personengruppe zuzuschneiden, ein niederschwelliges, leicht zugängliches und
generationenübergreifendes Angebot Synergieeffekte für Senior:innen haben kann. Hierfür sollte
die Gestaltung einem weniger informellen Charakter folgen, da sich Senior:innen sonst wenig
eingeladen fühlen. Temporäre Angebote der LBG und anderer Akteur:innen aus dem Viertel können
das Angebot einer solchen »Straßen-Stube« ergänzen und tragen zur Sichtbarkeit bei. So soll ein
neuer Treffpunkt im Viertel Senior:innen zum »Leben vor der Haustür« animieren und soziale
Teilhabe und Selbstständigkeit im Alter fördern.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; SOZIALE TEILHABE – EINE ANNÄHERUNG</p> <p>&bullet; SOZIALE TEILHABE – EINE ANNÄHERUNG</p>
<p>Soziale Teilhabe befindet sich als Konzept in ständiger Verhandlung und bedeutet oft für jede soziale Gruppierung eine andere und nicht selten konkurrierende Lösung. Alle hier vorgestellten Konzepte finden für die einzelnen Fokusgruppen Vorschläge im öffentlichen Raum. Neue Orte und Aufenthaltsräume im Stadtviertel werden skizziert, die auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer Gruppe nach Zugänglichkeit, Aneignung, Identifikation, Rückzug und Austausch eingehen. Die räumlichen Interventionen stellen weniger ein zwanghaftes Nutzungsangebot dar, sondern eröffnen den Bewohner:innen vielmehr Möglichkeitsräume durch eigenes Ausprobieren, Anpassen und Aneignen selbstständig gemeinschaftliche Lösungen zu finden. Diese Art der Aushandlung ist typisch für gesellschaftliche Prozesse im öffentlichen Raum und Zeichen sozialer Teilhabe am öffentlichen Leben. Für Interventionen in allen Kontexten besteht stets das Risiko der Übernahme durch einzelne soziale Gruppen. So haben beim Bespielen des Nordbahnhofviertels die Jugendlichen eine starke Präsenz im Stadtraum. Genau hier fällt vermittelnden Institutionen, wie in diesem Fall den sozialen Einrichtungen oder zivilen Vereinen, eine tragende Schlüsselrolle zu.</p> <p>Soziale Teilhabe befindet sich als Konzept in ständiger Verhandlung und bedeutet oft für jede
soziale Gruppierung eine andere und nicht selten konkurrierende Lösung. Alle hier vorgestellten
Konzepte finden für die einzelnen Fokusgruppen Vorschläge im öffentlichen Raum. Neue Orte und
Aufenthaltsräume im Stadtviertel werden skizziert, die auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer
Gruppe nach Zugänglichkeit, Aneignung, Identifikation, Rückzug und Austausch eingehen. Die
räumlichen Interventionen stellen weniger ein zwanghaftes Nutzungsangebot dar, sondern eröffnen
den Bewohner:innen vielmehr Möglichkeitsräume durch eigenes Ausprobieren, Anpassen und Aneignen
selbstständig gemeinschaftliche Lösungen zu finden. Diese Art der Aushandlung ist typisch für
gesellschaftliche Prozesse im öffentlichen Raum und Zeichen sozialer Teilhabe am öffentlichen
Leben. Für Interventionen in allen Kontexten besteht stets das Risiko der Übernahme durch
einzelne soziale Gruppen. So haben beim Bespielen des Nordbahnhofviertels die Jugendlichen eine
starke Präsenz im Stadtraum. Genau hier fällt vermittelnden Institutionen, wie in diesem Fall
den sozialen Einrichtungen oder zivilen Vereinen, eine tragende Schlüsselrolle zu.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight8.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight8.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Dass Gestaltung von Raum, insbesondere an der Schnittstelle des öffentlichen Raums einen Beitrag zu sozialer Teilhabe leisten kann, haben die hier vorgestellten Analysen und Konzepte aufgezeigt. Natürlich stellen sich in der Verstetigung solcher Vorhaben weitere Fragen hinsichtlich Verantwortlichkeit, Kontinuität und Regulierung. Gestaltung kann dabei unter vielen anderen Aspekten <p>Dass Gestaltung von Raum, insbesondere an der Schnittstelle des öffentlichen Raums einen Beitrag
als Werkzeug begriffen werden, das Menschen zur Teilhabe befähigt und animiert. Wie eine der Pat:innen treffend formulierte: »Teilhabe fängt bei jeder einzelnen Person an. Es braucht dazu den Willen und das Interesse an einer Beziehung mit dem eigenen Lebensumfeld.«. zu sozialer Teilhabe leisten kann, haben die hier vorgestellten Analysen und Konzepte
</p> aufgezeigt. Natürlich stellen sich in der Verstetigung solcher Vorhaben weitere Fragen
hinsichtlich Verantwortlichkeit, Kontinuität und Regulierung. Gestaltung kann dabei unter vielen
anderen Aspekten
als Werkzeug begriffen werden, das Menschen zur Teilhabe befähigt und animiert. Wie eine der
Pat:innen treffend formulierte: »Teilhabe fängt bei jeder einzelnen Person an. Es braucht dazu
den Willen und das Interesse an einer Beziehung mit dem eigenen Lebensumfeld.«.
</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight9.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel1_Insight9.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<!-- <img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik5.png" style=" width: 80%; <!-- <img src="Ch_Images/Kapitel1_Grafik5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> --> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> -->
</div> </div>
<!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;"> <!-- <div class="col-sm-1 p-1" style="height:0px;padding-top:0px !important;padding-bottom:0px !important;">
...@@ -204,5 +439,4 @@ ...@@ -204,5 +439,4 @@
</footer> --> </footer> -->
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -20,8 +20,8 @@ ...@@ -20,8 +20,8 @@
background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%, background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%,
rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);"> rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);">
<h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span> <h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span>
<span <span style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;"
style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;" class="Ch_header">2 MOBILITÄTSWENDE AKTIV GESTALTEN</span> class="Ch_header">2 MOBILITÄTSWENDE AKTIV GESTALTEN</span>
</h1> </h1>
</div> </div>
...@@ -40,21 +40,39 @@ ...@@ -40,21 +40,39 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>2020 wurde unser Lebensalltag durch die Ausbreitung des Corona-Virus und den damit einhergehenden Beschränkungen deutlich verrückt und neu definiert. Neben den starken Einschränkungen hatte die Pandemie auch weitreichende Auswirkungen auf den öffentlichen Raum und unser Mobilitätsverhalten: Unsere Straßen wurden leerer, die Luftqualität besser und man lernte seine Nachbarschaft neu kennen und schätzen. Homeoffice wurde zur Normalität und im öffentlichen Verkehr fuhren leere Busse und Straßenbahnen. Aber hat die Pandemie es geschafft, unsere Mobilitätsroutinen auch nachhaltig zu verändern? Und wenn ja, inwiefern?</p> <p>2020 wurde unser Lebensalltag durch die Ausbreitung des Corona-Virus und den damit einhergehenden
Beschränkungen deutlich verrückt und neu definiert. Neben den starken Einschränkungen hatte die
Pandemie auch weitreichende Auswirkungen auf den öffentlichen Raum und unser
Mobilitätsverhalten: Unsere Straßen wurden leerer, die Luftqualität besser und man lernte seine
Nachbarschaft neu kennen und schätzen. Homeoffice wurde zur Normalität und im öffentlichen
Verkehr fuhren leere Busse und Straßenbahnen. Aber hat die Pandemie es geschafft, unsere
Mobilitätsroutinen auch nachhaltig zu verändern? Und wenn ja, inwiefern?</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Grafik1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Grafik1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Der Mobilitätswandel oder die Verkehrswende ist letztlich unabdingbar: Im Gegensatz zu Branchen wie Energie (-45 %) oder Industrie (-34 %) hat der Verkehrssektor (-0,2 %) seit 1990 kaum CO2-Emissionen eingespart (Umweltbundesamt 2016). Die Effizienzstrategie von Verbrennern hin zu Elektromobilen führt zwar zur Reduzierung von Treibhausgasen, findet aber keine Antwort auf den Flächenverbrauch in unseren Städten. Ein Tesla Model S benötigt im Vergleich zur Tram pro Bewohner die 20-fache Fläche. Im Vergleich zum fahrenden Fahrrad sogar die 28-fache Fläche (Umweltbundesamt (Hrsg.) 2019). </p> <p>Der Mobilitätswandel oder die Verkehrswende ist letztlich unabdingbar: Im Gegensatz zu Branchen
wie Energie (-45 %) oder Industrie (-34 %) hat der Verkehrssektor (-0,2 %) seit 1990 kaum
CO2-Emissionen eingespart (Umweltbundesamt 2016). Die Effizienzstrategie von Verbrennern hin zu
Elektromobilen führt zwar zur Reduzierung von Treibhausgasen, findet aber keine Antwort auf den
Flächenverbrauch in unseren Städten. Ein Tesla Model S benötigt im Vergleich zur Tram pro
Bewohner die 20-fache Fläche. Im Vergleich zum fahrenden Fahrrad sogar die 28-fache Fläche
(Umweltbundesamt (Hrsg.) 2019). </p>
<p>Der öffentliche Raum ist als große Herausforderung der Mobilitätswende neu zu verhandeln – ein
Aspekt, mit dem sich das »Labor Nordbahnhof« der Hochschule für Technik unter anderem während
des Sommerworkshops 2021 intensiv beschäftigt hat.</p>
<p>Der öffentliche Raum ist als große Herausforderung der Mobilitätswende neu zu verhandeln – ein Aspekt, mit dem sich das »Labor Nordbahnhof« der Hochschule für Technik unter anderem während des Sommerworkshops 2021 intensiv beschäftigt hat.</p>
<p>&bullet; GUTE VORAUSSETZUNGEN FÜR DEN WANDEL?</p> <p>&bullet; GUTE VORAUSSETZUNGEN FÜR DEN WANDEL?</p>
<p>Die im Nordbahnhofviertel vorhandenen Mobilitätsangebote sind vielfältig. Eine Straßenbahn führt durch das Quartier und bindet den Hauptbahnhof in nur zwei Stationen an. Zwei Carsharing-Stationen, Free Floating Anbieter und zwei öffentliche Ladesäulen sind vorhanden. Der Motorisierungsgrad ist mit weniger als 300 Fahrzeugen pro Einwohner geringer als der Stuttgarter Durchschnitt von 368 (LHS (Hrsg.) 2020).</p> <p>Die im Nordbahnhofviertel vorhandenen Mobilitätsangebote sind vielfältig. Eine Straßenbahn führt
durch das Quartier und bindet den Hauptbahnhof in nur zwei Stationen an. Zwei
Carsharing-Stationen, Free Floating Anbieter und zwei öffentliche Ladesäulen sind vorhanden. Der
Motorisierungsgrad ist mit weniger als 300 Fahrzeugen pro Einwohner geringer als der Stuttgarter
Durchschnitt von 368 (LHS (Hrsg.) 2020).</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight1.png" style=" width: 80%;
...@@ -63,13 +81,35 @@ ...@@ -63,13 +81,35 @@
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Insgesamt wurden drei Umfragen zum Thema Mobilität im Nordbahnhof durchgeführt: im Herbst 2020 sowie im Frühjahr und Herbst 2021 (HFT (Hrsg.) 2022). Nach der Auswertung der Umfragen gaben 57 % der Teilnehmenden an, dass sie durch die Pandemie weniger Wegstrecken zurücklegen mussten. Die drei Hauptgründe waren Home-office-Regelungen (82 %), ein Rückgang der Freizeitaktivitäten (67 %) sowie verstärkte Onlineeinkäufe (39 %). Mehrfachnennungen waren möglich. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MiV) am Modalsplit blieb während der Pandemie gleich, wogegen der öffentliche Verkehr stark nachließ und die aktive Mobilität mit dem Rad oder zu Fuß zunahm. Verglichen mit Daten aus der Mobilität in Gesamtdeutschland (Eggs 2019) verschoben sich die Wegezwecke sowie die Personenkilometer in der Pandemie von Freizeit nach Einkauf. Die Teilnehmenden verbrachten ihre Freizeit also vermehrt im Supermarkt, was bei den seinerzeit bestehenden Beschränkungen nicht weiter verwundert. Die Gesamtwegstrecke pro Tag betrug für die Stadt Stuttgart während der Pandemie etwa 19 km, im Vergleich zu 39 km pro Tag im Jahr 2017. Auch die tägliche Wegezahl nahm ab: von 3,2 Wegen auf etwa 1,9 Wege pro Tag (Eggs 2019, Kuhnimhof/Nobis 2019).</p> <p>Insgesamt wurden drei Umfragen zum Thema Mobilität im Nordbahnhof durchgeführt: im Herbst 2020
sowie im Frühjahr und Herbst 2021 (HFT (Hrsg.) 2022). Nach der Auswertung der Umfragen gaben 57
<p>Aber konnten die Veränderungen im Verhalten der Alltagsmobilität nach Ende der Pandemiebeschränkungen beibehalten werden? Leider nein. Die Umfragen zeigten, dass die Gesamtmobilität wieder zunahm und einzig die teils verbliebenen Homeoffice-Regelungen einen kleinen Beitrag zur Verkehrsvermeidung beitrugen. Um den Wandel in der Mobilität voranzutreiben, kann sich also nicht auf positiven Nebeneffekten der Corona-Pandemie ausgeruht werden. Ausgehend von den Ergebnissen der Umfragen wurden im Nordbahnhofviertel drei Themen der Mobilitätswende behandelt:</p> % der Teilnehmenden an, dass sie durch die Pandemie weniger Wegstrecken zurücklegen mussten. Die
<p>1. Während des ersten Sommerworkshops im Labor Nordbahnhof wurde ein Parklet gebaut und Möglichkeiten untersucht, öfter auf das private Auto zu verzichten.</p> drei Hauptgründe waren Home-office-Regelungen (82 %), ein Rückgang der Freizeitaktivitäten (67
<p>2. Potenziale von Carsharing wurden beleuchtet, da hier ein großes Interesse einer geringen Nutzung gegenüberstand.</p> %) sowie verstärkte Onlineeinkäufe (39 %). Mehrfachnennungen waren möglich. Der Anteil des
<p>3. Für das gesamte Nordbahnhofareal wurde eine Potenzial- und Standortanalyse für einen Mobilitätshub durchgeführt.</p> motorisierten Individualverkehrs (MiV) am Modalsplit blieb während der Pandemie gleich, wogegen
der öffentliche Verkehr stark nachließ und die aktive Mobilität mit dem Rad oder zu Fuß zunahm.
Verglichen mit Daten aus der Mobilität in Gesamtdeutschland (Eggs 2019) verschoben sich die
Wegezwecke sowie die Personenkilometer in der Pandemie von Freizeit nach Einkauf. Die
Teilnehmenden verbrachten ihre Freizeit also vermehrt im Supermarkt, was bei den seinerzeit
bestehenden Beschränkungen nicht weiter verwundert. Die Gesamtwegstrecke pro Tag betrug für die
Stadt Stuttgart während der Pandemie etwa 19 km, im Vergleich zu 39 km pro Tag im Jahr 2017.
Auch die tägliche Wegezahl nahm ab: von 3,2 Wegen auf etwa 1,9 Wege pro Tag (Eggs 2019,
Kuhnimhof/Nobis 2019).</p>
<p>Aber konnten die Veränderungen im Verhalten der Alltagsmobilität nach Ende der
Pandemiebeschränkungen beibehalten werden? Leider nein. Die Umfragen zeigten, dass die
Gesamtmobilität wieder zunahm und einzig die teils verbliebenen Homeoffice-Regelungen einen
kleinen Beitrag zur Verkehrsvermeidung beitrugen. Um den Wandel in der Mobilität voranzutreiben,
kann sich also nicht auf positiven Nebeneffekten der Corona-Pandemie ausgeruht werden. Ausgehend
von den Ergebnissen der Umfragen wurden im Nordbahnhofviertel drei Themen der Mobilitätswende
behandelt:</p>
<p>1. Während des ersten Sommerworkshops im Labor Nordbahnhof wurde ein Parklet gebaut und
Möglichkeiten untersucht, öfter auf das private Auto zu verzichten.</p>
<p>2. Potenziale von Carsharing wurden beleuchtet, da hier ein großes Interesse einer geringen
Nutzung gegenüberstand.</p>
<p>3. Für das gesamte Nordbahnhofareal wurde eine Potenzial- und Standortanalyse für einen
Mobilitätshub durchgeführt.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight2.png" style=" width: 90%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight2.png" style=" width: 90%;
...@@ -78,9 +118,37 @@ ...@@ -78,9 +118,37 @@
margin-left: 2em; margin-right: 2em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 2em; margin-right: 2em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; RAUMWUNDER AUF DEM SEITENSTREIFEN</p> <p>&bullet; RAUMWUNDER AUF DEM SEITENSTREIFEN</p>
<p>Auf Grundlage der zweiten Umfrage im Frühjahr 2021 (HFT 2022b) befasste sich das »Labor Nordbahnhof« während des Sommerworkshops mit einer Gruppe von vier Student:innen mit der Frage, wie die Mobilitätstransformation im Viertel vorangetrieben und der MiV verringert werden kann. Die Umfrage zeigte, dass bei Fahrten mit einem Verbrennermotor 46 % der Wege unter 5 km und 72 % unter 10 km waren. Durch Gespräche mit Bewohner:innen wurden im Workshop Ideen iterativ und niederschwellig getestet. Um auf den Flächenverbrauch des MiV und auf alternative Nutzungsmöglichkeiten von Parkplätzen hinzuweisen, entwickelte die Gruppe das Parklet »Raumwunder« als Experiment. Parklets sind kleine Gebilde, die eine Parkfläche in einen Aufenthaltsbereich für den Menschen transformieren. Sie werden dazu genutzt, das Potenzial von städtischem Raum plastisch aufzuzeigen. Besonders nützlich ist dieses Instrument in Quartieren, die wenige oder keine öffentlichen Aufenthaltsbereiche wie Parks oder Grünflächen bieten können. Ziel war, die Bewusstseinsbildung bei den Anwohner:innen anzuregen, die durch die Intervention ihre Routinen hinterfragen sollten. Gleichzeitig sollten Wünsche der Bewohner:innen gesammelt werden, um langfristige Lösungsansätze zur Aufwertung des Viertels zu finden. Dazu wurde auf einem Parkplatz im Quartier eine Collage präsentiert, die verschiedene Möglichkeiten der Transformation des öffentlichen Parkraums zeigte. So bekamen die Bewohner:innen eine Vorstellung davon, was auch in ihrem persönlichen Umfeld möglich wäre. Um ein Meinungsbild abzufragen, wurden zur Collage kleine Karten mit Piktogrammen ausgelegt, welche die unterschiedlichen Optionen repräsentierten. Diese konnten in eine Wunschbox eingeworfen werden. Des Weiteren wurde abgefragt, welches Verkehrsmittel am häufigsten genutzt wird. Ein Wegweiser zeigte den Weg zu den nächstliegenden Bike- und Carsharing-Stationen. Um die Aufmerksamkeit zu steigern und die alternativen Nutzungsmöglichkeiten eines Parkplatzes zu zeigen, wurde frisch Gegrilltes kostenfrei ausgegeben. So kamen viele Diskussionen über aktuelle und generelle Themen der Mobilitätswende und der Nutzung des öffentlichen Raums im Quartier zustande. Es lohnt sich also, Aufwand in die Gewinnung einer größeren Zahl an Teilnehmenden zu stecken, da auf diese Weise durchaus plausible Daten gewonnen werden konnten. Dies ermöglichte erst den Vergleich mit öffentlich zugänglichen Daten. Außerdem ist die Vernetzung mit relevanten Stakeholdern essenziell, um Kooperationspartner:innen zu finden, die eine dauerhafte Realisierung beispielsweise eines Parklets erst ermöglichen.</p> <p>Auf Grundlage der zweiten Umfrage im Frühjahr 2021 (HFT 2022b) befasste sich das »Labor
Nordbahnhof« während des Sommerworkshops mit einer Gruppe von vier Student:innen mit der Frage,
wie die Mobilitätstransformation im Viertel vorangetrieben und der MiV verringert werden kann.
Die Umfrage zeigte, dass bei Fahrten mit einem Verbrennermotor 46 % der Wege unter 5 km und 72 %
unter 10 km waren. Durch Gespräche mit Bewohner:innen wurden im Workshop Ideen iterativ und
niederschwellig getestet. Um auf den Flächenverbrauch des MiV und auf alternative
Nutzungsmöglichkeiten von Parkplätzen hinzuweisen, entwickelte die Gruppe das Parklet
»Raumwunder« als Experiment. Parklets sind kleine Gebilde, die eine Parkfläche in einen
Aufenthaltsbereich für den Menschen transformieren. Sie werden dazu genutzt, das Potenzial von
städtischem Raum plastisch aufzuzeigen. Besonders nützlich ist dieses Instrument in Quartieren,
die wenige oder keine öffentlichen Aufenthaltsbereiche wie Parks oder Grünflächen bieten können.
Ziel war, die Bewusstseinsbildung bei den Anwohner:innen anzuregen, die durch die Intervention
ihre Routinen hinterfragen sollten. Gleichzeitig sollten Wünsche der Bewohner:innen gesammelt
werden, um langfristige Lösungsansätze zur Aufwertung des Viertels zu finden. Dazu wurde auf
einem Parkplatz im Quartier eine Collage präsentiert, die verschiedene Möglichkeiten der
Transformation des öffentlichen Parkraums zeigte. So bekamen die Bewohner:innen eine Vorstellung
davon, was auch in ihrem persönlichen Umfeld möglich wäre. Um ein Meinungsbild abzufragen,
wurden zur Collage kleine Karten mit Piktogrammen ausgelegt, welche die unterschiedlichen
Optionen repräsentierten. Diese konnten in eine Wunschbox eingeworfen werden. Des Weiteren wurde
abgefragt, welches Verkehrsmittel am häufigsten genutzt wird. Ein Wegweiser zeigte den Weg zu
den nächstliegenden Bike- und Carsharing-Stationen. Um die Aufmerksamkeit zu steigern und die
alternativen Nutzungsmöglichkeiten eines Parkplatzes zu zeigen, wurde frisch Gegrilltes
kostenfrei ausgegeben. So kamen viele Diskussionen über aktuelle und generelle Themen der
Mobilitätswende und der Nutzung des öffentlichen Raums im Quartier zustande. Es lohnt sich also,
Aufwand in die Gewinnung einer größeren Zahl an Teilnehmenden zu stecken, da auf diese Weise
durchaus plausible Daten gewonnen werden konnten. Dies ermöglichte erst den Vergleich mit
öffentlich zugänglichen Daten. Außerdem ist die Vernetzung mit relevanten Stakeholdern
essenziell, um Kooperationspartner:innen zu finden, die eine dauerhafte Realisierung
beispielsweise eines Parklets erst ermöglichen.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight3.png" style=" width: 80%;
...@@ -88,40 +156,107 @@ ...@@ -88,40 +156,107 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; CARSHARING ALS CHANCE?</p> <p>&bullet; CARSHARING ALS CHANCE?</p>
<p>Im Stadtgebiet »Auf der Prag« in Stuttgart Nord ist der Carsharing-Anbieter Stadtmobil mit drei festen Stationen vertreten. Zusätzlich sind im Stadtgebiet die Carsharing-Fahrzeuge des stationslosen Anbieters von Share Now zu finden (Share Now 2022). Die Stadtmobil-Stationen sind im Norden, Westen und Süden des Viertels verteilt. Die südliche Station ist derweil eine sogenannte Urlaubsstation und existierte bis zum 16. September 2022. An dieser Station standen bis zu 60 Carsharing-Fahrzeuge bereit (Stadtmobil 2022). Die Station existiert weiterhin mit verringerter Flottengröße.</p> <p>Im Stadtgebiet »Auf der Prag« in Stuttgart Nord ist der Carsharing-Anbieter Stadtmobil mit drei
<p>In den Umfragen wurden die Teilnehmenden nach ihrem Interesse an Sharing-Angeboten befragt, wobei 77 % angaben, daran Interesse zu haben. 28 % der Teilnehmenden kannten ein Carsharing-Angebot im Viertel, während 72 % anführten, die bestehenden Angebote nicht zu kennen. Dennoch waren 79 % bereit, Carsharing zu nutzen, während 12 % kein Interesse an Carsharing ausdrückten. Etwas konträr zum hohen bekundeten Interesse an Carsharing-Angeboten aus der ersten Frage hatten jedoch lediglich 48 % solche Angebote bereits genutzt und 52 % der Befragten bisher noch keine Erfahrungen damit gemacht.</p> festen Stationen vertreten. Zusätzlich sind im Stadtgebiet die Carsharing-Fahrzeuge des
stationslosen Anbieters von Share Now zu finden (Share Now 2022). Die Stadtmobil-Stationen sind
im Norden, Westen und Süden des Viertels verteilt. Die südliche Station ist derweil eine
sogenannte Urlaubsstation und existierte bis zum 16. September 2022. An dieser Station standen
bis zu 60 Carsharing-Fahrzeuge bereit (Stadtmobil 2022). Die Station existiert weiterhin mit
verringerter Flottengröße.</p>
<p>In den Umfragen wurden die Teilnehmenden nach ihrem Interesse an Sharing-Angeboten befragt, wobei
77 % angaben, daran Interesse zu haben. 28 % der Teilnehmenden kannten ein Carsharing-Angebot im
Viertel, während 72 % anführten, die bestehenden Angebote nicht zu kennen. Dennoch waren 79 %
bereit, Carsharing zu nutzen, während 12 % kein Interesse an Carsharing ausdrückten. Etwas
konträr zum hohen bekundeten Interesse an Carsharing-Angeboten aus der ersten Frage hatten
jedoch lediglich 48 % solche Angebote bereits genutzt und 52 % der Befragten bisher noch keine
Erfahrungen damit gemacht.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Laut der Befragungen wurden Sharing-Angebote vor allem für Freizeitaktivitäten sowie für den Einkauf und Arbeitsweg genutzt. Für 50 % sollte eine Carsharing-Station im Idealfall nicht mehr als sechs Minuten vom Wohnort entfernt liegen, für 22 % sollte der Weg maximal drei Minuten betragen. Weitere 12 % der Teilnehmenden sahen eine Fußweglänge von bis zu zehn Minuten als angemessen. Mehr als 20 % der Befragten gaben an, aktuell keine wöchentlichen Ausgaben für Carsharing zu haben, knapp 35 % machten keine Angabe dazu. Die übrigen Antworten ließen erkennen, dass die Befragten bereit wären, bis zu 10 € pro Woche für Carsharing auszugeben.</p> <p>Laut der Befragungen wurden Sharing-Angebote vor allem für Freizeitaktivitäten sowie für den
<p>Zum Abschluss wurde den Teilnehmenden die Frage gestellt, ob sie ihren Privat-PKW durch Carsharing ersetzen würden. Da nicht alle Befragten einen PKW besaßen, lag der Fokus nur auf einer Gruppe von 35 Personen. Davon konnten sich 57 % vorstellen, auf den Erst- sowie Zweitwagen zu verzichten, sollte ein gutes Carsharing-Angebot in unmittelbarer Nähe verfügbar sein. Auf den Zweitwagen wollten 6% verzichten, während 14 % noch unentschieden waren. Nur 13 % lehnten einen Verzicht ab (HFT (Hrsg.) 2022).</p> Einkauf und Arbeitsweg genutzt. Für 50 % sollte eine Carsharing-Station im Idealfall nicht mehr
als sechs Minuten vom Wohnort entfernt liegen, für 22 % sollte der Weg maximal drei Minuten
betragen. Weitere 12 % der Teilnehmenden sahen eine Fußweglänge von bis zu zehn Minuten als
angemessen. Mehr als 20 % der Befragten gaben an, aktuell keine wöchentlichen Ausgaben für
Carsharing zu haben, knapp 35 % machten keine Angabe dazu. Die übrigen Antworten ließen
erkennen, dass die Befragten bereit wären, bis zu 10 € pro Woche für Carsharing auszugeben.</p>
<p>Zum Abschluss wurde den Teilnehmenden die Frage gestellt, ob sie ihren Privat-PKW durch
Carsharing ersetzen würden. Da nicht alle Befragten einen PKW besaßen, lag der Fokus nur auf
einer Gruppe von 35 Personen. Davon konnten sich 57 % vorstellen, auf den Erst- sowie Zweitwagen
zu verzichten, sollte ein gutes Carsharing-Angebot in unmittelbarer Nähe verfügbar sein. Auf den
Zweitwagen wollten 6% verzichten, während 14 % noch unentschieden waren. Nur 13 % lehnten einen
Verzicht ab (HFT (Hrsg.) 2022).</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Grafik4_2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Grafik4_2.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Es zeigt sich also, dass bei einem gut ausgestalteten Sharing-Angebot eine hohe Umstiegsrate zu erwarten ist. Dabei kann ein kommunales Mobilitätsmanagement helfen, das gezielt Sharing-Angebote in den Vordergrund rückt. Auch eine Gegenüberstellung der Kosten eines Privat-PKWs – inklusive aller versteckten Kosten – kann zu einem Umdenken führen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Sharing-Fahrzeug nicht immer billiger ist als ein eigener PKW, da verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind. Vor allem für Wenig- und Gelegenheitsfahrende ist Carsharing jedoch preislich interessant. Die bestehenden Standorte sind schlecht einsehbar und liegen am Rand des Viertels. Eine Verbesserung dieser Situation könnte die Erschließung neuer Standorte im Gebiet beinhalten, sodass sich zum einen Fußwege von der Wohnung zum Angebot verkürzen und zum anderen mehr Fahrzeuge bereitgestellt werden können. Standorte lassen sich entlang der Nordbahnhofstraße beispielsweise in Verbindung mit den Bildungseinrichtungen im Norden oder den Einkaufsmöglichkeiten sowie der neu entstehenden S-Bahn-Haltestelle Mittnachtstraße im Osten finden. Auch könnte bei bestimmten Bevölkerungsgruppen wie beispielsweise Neuhinzugezogenen durch gezielte Werbung und den Einsatz von Gutscheinen ein Anreiz geschaffen werden, den privaten PKW zum Beispiel beim Umzug abzuschaffen oder Überlegungen zu einem Neuwagen zu vertagen.</p> <p>Es zeigt sich also, dass bei einem gut ausgestalteten Sharing-Angebot eine hohe Umstiegsrate zu
erwarten ist. Dabei kann ein kommunales Mobilitätsmanagement helfen, das gezielt
Sharing-Angebote in den Vordergrund rückt. Auch eine Gegenüberstellung der Kosten eines
Privat-PKWs – inklusive aller versteckten Kosten – kann zu einem Umdenken führen. Dabei ist
jedoch zu beachten, dass das Sharing-Fahrzeug nicht immer billiger ist als ein eigener PKW, da
verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind. Vor allem für Wenig- und Gelegenheitsfahrende ist
Carsharing jedoch preislich interessant. Die bestehenden Standorte sind schlecht einsehbar und
liegen am Rand des Viertels. Eine Verbesserung dieser Situation könnte die Erschließung neuer
Standorte im Gebiet beinhalten, sodass sich zum einen Fußwege von der Wohnung zum Angebot
verkürzen und zum anderen mehr Fahrzeuge bereitgestellt werden können. Standorte lassen sich
entlang der Nordbahnhofstraße beispielsweise in Verbindung mit den Bildungseinrichtungen im
Norden oder den Einkaufsmöglichkeiten sowie der neu entstehenden S-Bahn-Haltestelle
Mittnachtstraße im Osten finden. Auch könnte bei bestimmten Bevölkerungsgruppen wie
beispielsweise Neuhinzugezogenen durch gezielte Werbung und den Einsatz von Gutscheinen ein
Anreiz geschaffen werden, den privaten PKW zum Beispiel beim Umzug abzuschaffen oder
Überlegungen zu einem Neuwagen zu vertagen.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; MOBILITÄTSHUB</p> <p>&bullet; MOBILITÄTSHUB</p>
<p>In einem weiteren Seminar untersuchte eine Studierendengruppe des Studiengangs Verkehrsinfrastrukturmanagement Bedarfe und mögliche Standorte für einen Mobilitätshub im Nordbahnhofviertel. Als bevorzugte Stadtteile ergaben sich Europaviertel, Nordbahnhof und Heilbronner Straße. Dies schloss jedoch die potenzielle Eignung anderer Stadtteile nicht aus. Für die nähere Standortwahl wurden daraufhin zwei Lösungsansätze entwickelt. Es zeigte sich, dass sowohl ein zentrales Parkhaus, als auch mehrere dezentrale Parkhäuser jeweils ihre Vor- und Nachteile hätten. An den gewagten Vorschlag eines Parkhauses als Überdeckelung eines Teils der Heilbronner Straße (Szenario 1A) und die moderatere Standortlösung auf einem Fabrikgelände in der Nähe zur Gäubahntrasse (Szenario 1B) schlossen sich drei dezentrale Lösungen an: eine verkleinerte Version des Szenarios 1B, der Standort »Wolframstraße« im Nordosten des Europaviertels und ein weiterer Standort in unmittelbarer Nähe des Nordbahnhofs. Um eine ungefähre Einschätzung der Größenordnungen der vorgestellten Lösungsansätze und Szenarien zu vermitteln, wurde eine Methode zur groben Dimensionierung entwickelt. Bei der zentralen Lösung ergab sich demnach eine Stellplatzanzahl für Carsharing-Fahrzeuge in einer Größenordnung von ca. 65 Fahrzeugen und etwa 100 Ladestationen. Bei den dezentralen Lösungen variierten die erforderlichen Stellplätze für das Carsharing-Angebot je nach Standort zwischen 7 und 21 sowie bei der Anzahl der Ladestationen zwischen 23 und 73.</p> <p>In einem weiteren Seminar untersuchte eine Studierendengruppe des Studiengangs
Verkehrsinfrastrukturmanagement Bedarfe und mögliche Standorte für einen Mobilitätshub im
Nordbahnhofviertel. Als bevorzugte Stadtteile ergaben sich Europaviertel, Nordbahnhof und
Heilbronner Straße. Dies schloss jedoch die potenzielle Eignung anderer Stadtteile nicht aus.
Für die nähere Standortwahl wurden daraufhin zwei Lösungsansätze entwickelt. Es zeigte sich,
dass sowohl ein zentrales Parkhaus, als auch mehrere dezentrale Parkhäuser jeweils ihre Vor- und
Nachteile hätten. An den gewagten Vorschlag eines Parkhauses als Überdeckelung eines Teils der
Heilbronner Straße (Szenario 1A) und die moderatere Standortlösung auf einem Fabrikgelände in
der Nähe zur Gäubahntrasse (Szenario 1B) schlossen sich drei dezentrale Lösungen an: eine
verkleinerte Version des Szenarios 1B, der Standort »Wolframstraße« im Nordosten des
Europaviertels und ein weiterer Standort in unmittelbarer Nähe des Nordbahnhofs. Um eine
ungefähre Einschätzung der Größenordnungen der vorgestellten Lösungsansätze und Szenarien zu
vermitteln, wurde eine Methode zur groben Dimensionierung entwickelt. Bei der zentralen Lösung
ergab sich demnach eine Stellplatzanzahl für Carsharing-Fahrzeuge in einer Größenordnung von ca.
65 Fahrzeugen und etwa 100 Ladestationen. Bei den dezentralen Lösungen variierten die
erforderlichen Stellplätze für das Carsharing-Angebot je nach Standort zwischen 7 und 21 sowie
bei der Anzahl der Ladestationen zwischen 23 und 73.</p>
<br> <br>
<p>&bullet; MOBILITÄTSWENDE GESTALTEN</p> <p>&bullet; MOBILITÄTSWENDE GESTALTEN</p>
<p>Eine aktuelle Studie in Bochum (Graf/Petermann/Pfeiffer 2022) kommt zu dem Ergebnis, dass für eine verstärkte Nutzung multimodaler Verkehrsmittel drei Aspekte besonders wichtig sind: die Verfügbarkeit der Verkehrsmittel, eine intensive Nutzung der direkten Wohnumgebung und eine positive Einstellung gegenüber dem Fahrrad. Unsere Forschung hat gezeigt, dass das Nordbahnhofviertel Potenzial besitzt, einen Beitrag zur Mobilitätswende in Stuttgart zu leisten. Alle drei für den Nordbahnhof untersuchten Fokuspunkte, jedoch insbesondere die Stärkung des Nutzungsverhaltens der direkten Wohnumgebung, konnten dabei helfen.</p> <p>Eine aktuelle Studie in Bochum (Graf/Petermann/Pfeiffer 2022) kommt zu dem Ergebnis, dass für
eine verstärkte Nutzung multimodaler Verkehrsmittel drei Aspekte besonders wichtig sind: die
Verfügbarkeit der Verkehrsmittel, eine intensive Nutzung der direkten Wohnumgebung und eine
positive Einstellung gegenüber dem Fahrrad. Unsere Forschung hat gezeigt, dass das
Nordbahnhofviertel Potenzial besitzt, einen Beitrag zur Mobilitätswende in Stuttgart zu leisten.
Alle drei für den Nordbahnhof untersuchten Fokuspunkte, jedoch insbesondere die Stärkung des
Nutzungsverhaltens der direkten Wohnumgebung, konnten dabei helfen.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight6.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel2_Insight6.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Straßenverkehrs-Ordnung definiert den Begriff Straße folgendermaßen: »Alle für den fließenden und ruhenden Straßenverkehr oder für einzelne Arten des Straßenverkehrs bestimmte Flächen, einschließlich der Plätze, der Sonderwege für Radfahrer, Reiter und Fußgänger und der öffentlichen Parkplätze« (Straßenverkehrs-Ordnung StVO vom 06.03.2013). Straße und Parkraum sind jedoch auch öffentlicher Raum. Orte, an dem Menschen sich treffen, an denen die Nachbarschaft durch Austausch gestärkt wird und an dem Kultur entsteht. In Zeiten, in denen die globalen Krisen immer näher an uns heranrücken, ist das vielleicht genau der richtige Ort, um anzufangen und selbstbestimmt die Zukunft vor der eigenen Haustür zu gestalten.</p> <p>Die Straßenverkehrs-Ordnung definiert den Begriff Straße folgendermaßen: »Alle für den fließenden
</div> und ruhenden Straßenverkehr oder für einzelne Arten des Straßenverkehrs bestimmte Flächen,
einschließlich der Plätze, der Sonderwege für Radfahrer, Reiter und Fußgänger und der
öffentlichen Parkplätze« (Straßenverkehrs-Ordnung StVO vom 06.03.2013). Straße und Parkraum sind
jedoch auch öffentlicher Raum. Orte, an dem Menschen sich treffen, an denen die Nachbarschaft
durch Austausch gestärkt wird und an dem Kultur entsteht. In Zeiten, in denen die globalen
Krisen immer näher an uns heranrücken, ist das vielleicht genau der richtige Ort, um anzufangen
und selbstbestimmt die Zukunft vor der eigenen Haustür zu gestalten.</p>
</div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -129,4 +264,4 @@ ...@@ -129,4 +264,4 @@
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -20,8 +20,8 @@ ...@@ -20,8 +20,8 @@
background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%, background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%,
rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);"> rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);">
<h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span> <h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span>
<span <span style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;"
style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;" class="Ch_header">3 PARTIZIPATION! UND NUN?</span> class="Ch_header">3 PARTIZIPATION! UND NUN?</span>
</h1> </h1>
</div> </div>
...@@ -40,39 +40,140 @@ ...@@ -40,39 +40,140 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Das Thema Bürger:innenbeteiligung fand bereits in den 1970er-Jahren seinen Eingang in die Stadtentwicklung und wurde seitdem zu einem immer wichtigeren Aspekt in der Planung. Teilweise scheint es heute, als wären städtische Planungsprozesse nur mit ausreichender Kommunikation untereinander und Konsens aller Betroffenen erfolgreich (Bischoff/Selle/Sinning 2007). Die formelle Beteiligung der Öffentlichkeit ist laut Baugesetz (§3, §4 BauGB) vorgeschrieben und auch im Grundgesetz (Art. 9) lassen sich Formen von Teilhabe finden. Hinzu kommen in den letzten Jahren immer mehr informelle Formate und andere alternative Beteiligungsstrukturen. Vielerorts haben die Planenden erkannt, dass die Möglichkeit zur Ermächtigung sowie direkten Mitwirkung und Gestaltung von Bürger:innen an ihrem Lebensumfeld einen Beitrag zur Lebensqualität und Vielfalt der Städte leistet (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) 2020). </p> <p>Das Thema Bürger:innenbeteiligung fand bereits in den 1970er-Jahren seinen Eingang in die
<p>Diese schillernde Beschreibung könnte vermuten lassen, dass die Durchführung von Beteiligungsprozessen grundsätzlich ein erfolgreiches Unterfangen sei und Gewinne auf allen Seiten produziere. Es gibt jedoch auch eine Kehrseite: Beteiligung überfordert – und zwar nicht nur die Bürger:innen. Ihnen bleiben Planungsprozesse und -schritte oft unverständlich, sie überschätzen ihre Zeitkapazitäten und unterschätzen den Aufwand, der zur Verfolgung eines oft Jahre bis Jahrzehnte andauernden Prozesses notwendig ist. Auch auf Seiten der Beteiliger:innen ist oft nicht klar, was mit den meist sehr umfangreichen Wünsche- und Interessensammlungen im Nachhinein genau passieren soll. Planungsinstrumente und Beteiligung passen in diesem Punkt nicht zusammen, denn die detaillierten und alltagsnahen Wünsche von Akteur:innen können nur schwer in einem Planungsschritt Gehör finden, der in der Rahmenplanung noch auf übergeordneter Ebene stattfindet. Fehlende Zuständigkeiten führen dann oft dazu, dass solche Beteiligungsergebnisse versanden. Das erzeugt Frustration und Resignation im Hinblick auf weitere Partizipation bei den Beteiligten (Selle 2011).</p> Stadtentwicklung und wurde seitdem zu einem immer wichtigeren Aspekt in der Planung. Teilweise
scheint es heute, als wären städtische Planungsprozesse nur mit ausreichender Kommunikation
untereinander und Konsens aller Betroffenen erfolgreich (Bischoff/Selle/Sinning 2007). Die
formelle Beteiligung der Öffentlichkeit ist laut Baugesetz (§3, §4 BauGB) vorgeschrieben und
auch im Grundgesetz (Art. 9) lassen sich Formen von Teilhabe finden. Hinzu kommen in den letzten
Jahren immer mehr informelle Formate und andere alternative Beteiligungsstrukturen. Vielerorts
haben die Planenden erkannt, dass die Möglichkeit zur Ermächtigung sowie direkten Mitwirkung und
Gestaltung von Bürger:innen an ihrem Lebensumfeld einen Beitrag zur Lebensqualität und Vielfalt
der Städte leistet (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) 2020). </p>
<p>Diese schillernde Beschreibung könnte vermuten lassen, dass die Durchführung von
Beteiligungsprozessen grundsätzlich ein erfolgreiches Unterfangen sei und Gewinne auf allen
Seiten produziere. Es gibt jedoch auch eine Kehrseite: Beteiligung überfordert – und zwar nicht
nur die Bürger:innen. Ihnen bleiben Planungsprozesse und -schritte oft unverständlich, sie
überschätzen ihre Zeitkapazitäten und unterschätzen den Aufwand, der zur Verfolgung eines oft
Jahre bis Jahrzehnte andauernden Prozesses notwendig ist. Auch auf Seiten der Beteiliger:innen
ist oft nicht klar, was mit den meist sehr umfangreichen Wünsche- und Interessensammlungen im
Nachhinein genau passieren soll. Planungsinstrumente und Beteiligung passen in diesem Punkt
nicht zusammen, denn die detaillierten und alltagsnahen Wünsche von Akteur:innen können nur
schwer in einem Planungsschritt Gehör finden, der in der Rahmenplanung noch auf übergeordneter
Ebene stattfindet. Fehlende Zuständigkeiten führen dann oft dazu, dass solche
Beteiligungsergebnisse versanden. Das erzeugt Frustration und Resignation im Hinblick auf
weitere Partizipation bei den Beteiligten (Selle 2011).</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Grafik1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Grafik1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Folgt man den Ausführungen von Selle, gelangt man zu der Überzeugung, dass Beteiligung tiefer gehen muss. Es braucht neue Methoden der Einbindung von Akteur:innen sowie neue Strukturen in der Verwaltung, um dringende Fragen zu Zuständigkeiten und Trägerschaften zu klären. Geht es um Partizipation, hält sich hartnäckig die allgemeine Erwartungshaltung, dass alle jederzeit an allem beteiligt werden müssten. Jedoch ist das, wie nicht zuletzt Alcántara, Quint und Seebacher (2018) in der Reallaborarbeit festgestellt haben, weder für die beteiligten Akteur:innen noch den Prozess zielführend. Dagegen baut der Erfolg einer partizipativen Entwicklung vielmehr auf Kontinuität, Kooperation, Dialog und Vertrauen im Prozess. Moderierende Akteur:innen, die in Beteiligungsprozessen eine wichtige verbindende Funktion zwischen Planung und Zivilgesellschaft einnehmen, verschwinden nach abgeschlossenem Verfahren oft wieder von der Bildfläche (Selle 2011). Um diese Lücke zu füllen und auf oben genannten Erfolgsfaktoren aufzubauen, ist es deshalb wichtig, ebenso auf intermediäre Strukturen zurückzugreifen und diese zu unterstützen. Intermediäre Strukturen sind Schnittstellen und »Katalysatoren im System« und meinen damit nicht nur bewährte Formate wie Parteien oder Genossenschaften, sondern auch zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine (Beck/Schnur 2016). Sie können klassische Beteiligungsformate nicht ersetzen, sind jedoch eine wertvolle Ergänzung und Erleichterung, wenn es um dauerhafte und direkte Einbindung ziviler Akteur:innen geht (Bischoff/Selle/Sinning 2007). Sie nehmen damit eine Schlüsselfunktion ein.</p> <p>Folgt man den Ausführungen von Selle, gelangt man zu der Überzeugung, dass Beteiligung tiefer
<p>Da intermediäre Strukturen vielfältige Ausprägungen und Zielsetzungen haben können, sind sie oftmals nicht gleich offensichtlich und leicht auszumachen. Nicht nur deshalb ist es wichtig, die am Prozess zu beteiligenden Akteur:innen zu kennen und zu verstehen. Ein genaues Verständnis der Belange und lokalen Bedürfnisse hilft der Ausgestaltung und Effizienz des Partizipationsprozesses. Eine im Sinne der Partizipationsforschung angepasste Variante der Akteur:innenanalyse kann dabei helfen, intermediäre Schlüsselakteur:innen, Vetoplayer und marginalisierte Akteur:innen zu identifizieren, da nicht alle Betroffenen in gleichem Maße relevant für einen Beteiligungsprozess sind. Das Verständnis über Motivation, Interessen, aber auch Zielkonflikte ist außerdem nützlich, um in der Planung frühzeitig und mit bestem Blick auf das Gemeinwohl zu reagieren (Eckart u. a. 2018).</p> gehen muss. Es braucht neue Methoden der Einbindung von Akteur:innen sowie neue Strukturen in
der Verwaltung, um dringende Fragen zu Zuständigkeiten und Trägerschaften zu klären. Geht es um
Partizipation, hält sich hartnäckig die allgemeine Erwartungshaltung, dass alle jederzeit an
allem beteiligt werden müssten. Jedoch ist das, wie nicht zuletzt Alcántara, Quint und Seebacher
(2018) in der Reallaborarbeit festgestellt haben, weder für die beteiligten Akteur:innen noch
den Prozess zielführend. Dagegen baut der Erfolg einer partizipativen Entwicklung vielmehr auf
Kontinuität, Kooperation, Dialog und Vertrauen im Prozess. Moderierende Akteur:innen, die in
Beteiligungsprozessen eine wichtige verbindende Funktion zwischen Planung und Zivilgesellschaft
einnehmen, verschwinden nach abgeschlossenem Verfahren oft wieder von der Bildfläche (Selle
2011). Um diese Lücke zu füllen und auf oben genannten Erfolgsfaktoren aufzubauen, ist es
deshalb wichtig, ebenso auf intermediäre Strukturen zurückzugreifen und diese zu unterstützen.
Intermediäre Strukturen sind Schnittstellen und »Katalysatoren im System« und meinen damit nicht
nur bewährte Formate wie Parteien oder Genossenschaften, sondern auch zivilgesellschaftliche
Initiativen und Vereine (Beck/Schnur 2016). Sie können klassische Beteiligungsformate nicht
ersetzen, sind jedoch eine wertvolle Ergänzung und Erleichterung, wenn es um dauerhafte und
direkte Einbindung ziviler Akteur:innen geht (Bischoff/Selle/Sinning 2007). Sie nehmen damit
eine Schlüsselfunktion ein.</p>
<p>Da intermediäre Strukturen vielfältige Ausprägungen und Zielsetzungen haben können, sind sie
oftmals nicht gleich offensichtlich und leicht auszumachen. Nicht nur deshalb ist es wichtig,
die am Prozess zu beteiligenden Akteur:innen zu kennen und zu verstehen. Ein genaues Verständnis
der Belange und lokalen Bedürfnisse hilft der Ausgestaltung und Effizienz des
Partizipationsprozesses. Eine im Sinne der Partizipationsforschung angepasste Variante der
Akteur:innenanalyse kann dabei helfen, intermediäre Schlüsselakteur:innen, Vetoplayer und
marginalisierte Akteur:innen zu identifizieren, da nicht alle Betroffenen in gleichem Maße
relevant für einen Beteiligungsprozess sind. Das Verständnis über Motivation, Interessen, aber
auch Zielkonflikte ist außerdem nützlich, um in der Planung frühzeitig und mit bestem Blick auf
das Gemeinwohl zu reagieren (Eckart u. a. 2018).</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight2.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Grafik2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Grafik2.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; STUTTGART 21 – EINE LEIDENSGESCHICHTE</p> <p>&bullet; STUTTGART 21 – EINE LEIDENSGESCHICHTE</p>
<p>Was die Entwicklung der Beteiligung in der Stadtentwicklung betrifft, ist Stuttgart als glühendes Beispiel in die Geschichte eingegangen – im negativen Sinne. Die über 10 Jahre andauernden, kontinuierlichen Proteste gegen das Großprojekt Stuttgart 21 prägten weit über die Stadtgrenzen hinaus einen neuen Begriff für ein im Planungsprozess störendes Individuum – den »Wutbürger« (Selle 2011). Nicht zuletzt die Ereignisse am »Schwarzen Donnerstag«, die landesweit im Fernsehen übertragen wurden, machten deutlich, dass es so damals nicht weitergehen konnte. Seitdem herrscht immenser Erwartungsdruck auf dem Bahnhofsprojekt und der damit zusammenhängenden Rosensteinentwicklung. Nachdem bereits 1997 die erste offene Bürger:innenbeteiligung zur städtischen Rahmenplanung durchgeführt worden war, intensivierten sich die Beteiligungsbemühungen 2016 in Vorbereitung zum internationalen städtebaulichen Wettbewerb Rosenstein, der für die freiwerdenden Gleisflächen ausgerufen wurde, noch einmal. Über verschiedene Formate wie das Forum Rosenstein als Vermittlung zwischen Politik und Stadtgesellschaft, Expert:innenworkshops, öffentlichen Veranstaltungen sowie weiteren offenen Formaten, die von Bürger:innen vorgeschlagen und gestaltet werden konnten, entstand eine umfassende Sammlung von Interessen und Wünschen zum neuen Viertel. Das aus diesen Erkenntnissen zusammengefasste Memorandum Rosenstein bot letztendlich die Grundlage für die Wettbewerbsausschreibung (LHS 2022b). Die Beteiligungsstrategie der Stadt wurde langfristig angelegt. Nach Entscheid des städtebaulichen Wettbewerbs durch den Siegerentwurf der Arbeitsgemeinschaft asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur wurden bereits 2020 eine Akteur:innenbeteiligung für die »Maker City«, den ersten Bauabschnitt in C1, und 2022 eine weitere offene Bürger:innenbeteiligung für das Rosensteinquartier durchgeführt. 2021 eröffnete die Ausstellung Stuttgart Rosenstein, in der Bürger:innen interaktiv durch ein riesiges Stadtmodell mit Kartenfunktion am aktuellen Planungsprozess teilhaben können. So vielseitig die Formate und Ergebnisse der offenen Beteiligung waren und so kontinuierlich der Prozess gedacht ist, scheint eines bisher nur am Rande betrachtet worden zu sein – nämlich, dass es neben all den zukünftigen Bewohner:innen des Viertels und den Eidechsen schon jetzt konkret betroffene Anwohner:innen des Großprojektes gibt.</p> <p>Was die Entwicklung der Beteiligung in der Stadtentwicklung betrifft, ist Stuttgart als glühendes
Beispiel in die Geschichte eingegangen – im negativen Sinne. Die über 10 Jahre andauernden,
kontinuierlichen Proteste gegen das Großprojekt Stuttgart 21 prägten weit über die Stadtgrenzen
hinaus einen neuen Begriff für ein im Planungsprozess störendes Individuum – den »Wutbürger«
(Selle 2011). Nicht zuletzt die Ereignisse am »Schwarzen Donnerstag«, die landesweit im
Fernsehen übertragen wurden, machten deutlich, dass es so damals nicht weitergehen konnte.
Seitdem herrscht immenser Erwartungsdruck auf dem Bahnhofsprojekt und der damit
zusammenhängenden Rosensteinentwicklung. Nachdem bereits 1997 die erste offene
Bürger:innenbeteiligung zur städtischen Rahmenplanung durchgeführt worden war, intensivierten
sich die Beteiligungsbemühungen 2016 in Vorbereitung zum internationalen städtebaulichen
Wettbewerb Rosenstein, der für die freiwerdenden Gleisflächen ausgerufen wurde, noch einmal.
Über verschiedene Formate wie das Forum Rosenstein als Vermittlung zwischen Politik und
Stadtgesellschaft, Expert:innenworkshops, öffentlichen Veranstaltungen sowie weiteren offenen
Formaten, die von Bürger:innen vorgeschlagen und gestaltet werden konnten, entstand eine
umfassende Sammlung von Interessen und Wünschen zum neuen Viertel. Das aus diesen Erkenntnissen
zusammengefasste Memorandum Rosenstein bot letztendlich die Grundlage für die
Wettbewerbsausschreibung (LHS 2022b). Die Beteiligungsstrategie der Stadt wurde langfristig
angelegt. Nach Entscheid des städtebaulichen Wettbewerbs durch den Siegerentwurf der
Arbeitsgemeinschaft asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur wurden bereits 2020 eine
Akteur:innenbeteiligung für die »Maker City«, den ersten Bauabschnitt in C1, und 2022 eine
weitere offene Bürger:innenbeteiligung für das Rosensteinquartier durchgeführt. 2021 eröffnete
die Ausstellung Stuttgart Rosenstein, in der Bürger:innen interaktiv durch ein riesiges
Stadtmodell mit Kartenfunktion am aktuellen Planungsprozess teilhaben können. So vielseitig die
Formate und Ergebnisse der offenen Beteiligung waren und so kontinuierlich der Prozess gedacht
ist, scheint eines bisher nur am Rande betrachtet worden zu sein – nämlich, dass es neben all
den zukünftigen Bewohner:innen des Viertels und den Eidechsen schon jetzt konkret betroffene
Anwohner:innen des Großprojektes gibt.</p>
<p>&bullet; DORNRÖSCHENSCHLAF AM NORDBAHNHOF</p> <p>&bullet; DORNRÖSCHENSCHLAF AM NORDBAHNHOF</p>
<p>Städtebaulich ist das Nordbahnhofviertel vom zukünftigen Rosenstein eingekesselt. Auf dem aktuellen Rahmenplan sind zwei baumbestandene Verbindungswege zwischen Rosensteinviertel und »Maker City« verzeichnet, die sich wie Schneisen durch das Bestandsviertel schlagen. Eine Anbindung des Quartiers an die umliegende Nachbarschaft, vor allem zu den Wagenhallen, ist sicherlich sinnvoll und im Zuge der Entwicklung auch unumgänglich. Jedoch zeigt genau dieser Plan, dass die Rosensteinentwicklung nicht ohne Konsequenzen für den Stadt- und Sozialraum im Nordbahnhof sein wird. Im Zuge von Stuttgart 21 und Rosenstein wurde im Beteiligungsprozess punktuell ein Licht auf das Viertel geworfen (DB 2022, LHS 2022). Auch der Infoladen e.V., welcher bereits über 20 Jahre die Vermittlung des Bahnprojekts in die Zivilgesellschaft übernimmt, hatte 2016 während der Beteiligung, sein gläsernes Büro mitten im Viertel an der U-Bahn Haltestelle eröffnet. Doch darüber hinaus gibt es für die Bewohner:innen bislang wenig Berührungspunkte zum Rosenstein.</p> <p>Städtebaulich ist das Nordbahnhofviertel vom zukünftigen Rosenstein eingekesselt. Auf dem
aktuellen Rahmenplan sind zwei baumbestandene Verbindungswege zwischen Rosensteinviertel und
»Maker City« verzeichnet, die sich wie Schneisen durch das Bestandsviertel schlagen. Eine
Anbindung des Quartiers an die umliegende Nachbarschaft, vor allem zu den Wagenhallen, ist
sicherlich sinnvoll und im Zuge der Entwicklung auch unumgänglich. Jedoch zeigt genau dieser
Plan, dass die Rosensteinentwicklung nicht ohne Konsequenzen für den Stadt- und Sozialraum im
Nordbahnhof sein wird. Im Zuge von Stuttgart 21 und Rosenstein wurde im Beteiligungsprozess
punktuell ein Licht auf das Viertel geworfen (DB 2022, LHS 2022). Auch der Infoladen e.V.,
welcher bereits über 20 Jahre die Vermittlung des Bahnprojekts in die Zivilgesellschaft
übernimmt, hatte 2016 während der Beteiligung, sein gläsernes Büro mitten im Viertel an der
U-Bahn Haltestelle eröffnet. Doch darüber hinaus gibt es für die Bewohner:innen bislang wenig
Berührungspunkte zum Rosenstein.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight3.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Historie des Viertels geht auf die Industrialisierung zurück. Zur letzten Jahrhundertwende wurden die bis heute erhaltenen Backsteinhäuser als Arbeitersiedlung für Mitarbeitende der Bahn und später der Post, die auch heute noch einen Teil der Bewohner:innen ausmachen, errichtet. Die Innenhöfe der Blockrandbebauung blieben weitestgehend frei und wurden begrünt, sodass das Quartier gegenwärtig noch viel Freiraum und Grün für die Bewohner:innen bietet. Das Viertel entwickelte sich etwas abseits des damaligen Stadtzentrums recht eigenständig. Umschlossen von Bahnlinie und Park auf der einen Seite sowie Friedhof und Bundestraße auf der anderen vermittelt es heute nicht nur aufgrund der besonderen sozialen Struktur den Eindruck einer kleinen Insel. In der Nachkriegszeit beschäftigte die Bahn mehr und mehr Gastarbeitende aus Italien, Portugal und der Türkei, die sich ebenfalls im Quartier niederließen. Die Multikulturalität hat sich bis heute gehalten. Mit 43 % liegt der Anteil ausländischer Bewohner:innen deutlich über dem Stuttgarter Durchschnitt. Durch das bereits 1982 entstandene internationale Stadtteilzentrum Haus 49, das direkt benachbarte Jugendhaus Nord sowie die beiden ansässigen Kirchengemeinden wir der kulturelle Austausch im Viertel stark gefördert. Die anstehende Rosensteinentwicklung wird sich deutlich auf das Viertel und seine Bewohner:innen auswirken, denn durch die neue Bebauung bekommt das bis dato abgeschlossene Quartier auf einmal städtebaulichen Anschluss. Zudem werden auch Infrastrukturen, wie soziale Einrichtungen, öffentliche Räume und Nahversorgung mit den neuen Bewohner:innen geteilt.</p> <p>Die Historie des Viertels geht auf die Industrialisierung zurück. Zur letzten Jahrhundertwende
wurden die bis heute erhaltenen Backsteinhäuser als Arbeitersiedlung für Mitarbeitende der Bahn
und später der Post, die auch heute noch einen Teil der Bewohner:innen ausmachen, errichtet. Die
Innenhöfe der Blockrandbebauung blieben weitestgehend frei und wurden begrünt, sodass das
Quartier gegenwärtig noch viel Freiraum und Grün für die Bewohner:innen bietet. Das Viertel
entwickelte sich etwas abseits des damaligen Stadtzentrums recht eigenständig. Umschlossen von
Bahnlinie und Park auf der einen Seite sowie Friedhof und Bundestraße auf der anderen vermittelt
es heute nicht nur aufgrund der besonderen sozialen Struktur den Eindruck einer kleinen Insel.
In der Nachkriegszeit beschäftigte die Bahn mehr und mehr Gastarbeitende aus Italien, Portugal
und der Türkei, die sich ebenfalls im Quartier niederließen. Die Multikulturalität hat sich bis
heute gehalten. Mit 43 % liegt der Anteil ausländischer Bewohner:innen deutlich über dem
Stuttgarter Durchschnitt. Durch das bereits 1982 entstandene internationale Stadtteilzentrum
Haus 49, das direkt benachbarte Jugendhaus Nord sowie die beiden ansässigen Kirchengemeinden wir
der kulturelle Austausch im Viertel stark gefördert. Die anstehende Rosensteinentwicklung wird
sich deutlich auf das Viertel und seine Bewohner:innen auswirken, denn durch die neue Bebauung
bekommt das bis dato abgeschlossene Quartier auf einmal städtebaulichen Anschluss. Zudem werden
auch Infrastrukturen, wie soziale Einrichtungen, öffentliche Räume und Nahversorgung mit den
neuen Bewohner:innen geteilt.</p>
<p>&bullet; AKTEUR:INNENANALYSE</p> <p>&bullet; AKTEUR:INNENANALYSE</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
...@@ -80,26 +181,81 @@ ...@@ -80,26 +181,81 @@
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Um die Akteur:innenstruktur und Beteiligungsprozesse vor Ort besser zu verstehen, wurden neun Leitfadeninterviews zur Identifizierung gemeinsamer Themen und Akteur:innenverbindungen geführt. Erste Hinweise gab bereits der Sommerworkshop 2021, bei dem Beziehungen zu Schlüsselakteur:innen im Nordbahnhof geknüpft wurden. In diversen informellen Gesprächen stellte sich heraus, dass aufgrund vergangener und zukünftiger Entwicklungen bereits einiges an Initiative im Viertel und an den Wagenhallen existierte und die soziale Netzwerkarbeit recht gut zu funktionieren schien. Bei der Auswahl der Interviewpartner:innen wurde deshalb auf möglichst unterschiedliche Blickwinkel geachtet. Je zwei Befragte vertraten die Planer:innen- und die Anwohner:innenperspektive. Außerdem wurden das Haus 49 und Jugendhaus als soziale Einrichtungen im Nordbahnhofviertel, der Infoladen, der Kunstverein und die Bürgerstiftung interviewt.</p> <p>Um die Akteur:innenstruktur und Beteiligungsprozesse vor Ort besser zu verstehen, wurden neun
<p>Die Bürgerstiftung sowie eine Vertreter:in der Planung nahmen hierbei eine gewisse Sonderstellung ein, die aktuellen Beteiligungsprojekten geschuldet war. So wurde die Bürgerstiftung beispielsweise ausgewählt, da sich bereits in der ersten Umfrage das Thema Jugendliche als prägnant für das Viertel herausgestellt hatte und die Institution kürzlich den Jugenddialog als demokratisches Beteiligungsformat in Kooperation mit dem Jugendhaus durchgeführt hatte. Alle Partner:innen wurden zu den gleichen Themen befragt: Entwicklung und Wahrnehmung des Bestandsquartiers und dessen Bewohnerschaft, Meinungen im Hinblick auf Rosenstein sowie vergangene und gegenwärtige Teilhabe im Viertel betreffend zukünftiger Potenziale eines Beteiligungsverfahrens. Durch eine themen- und netzwerkbasierte Lesart zeigte die Akteur:innenanalyse Ähnlichkeiten und Unterschiede der Schlüsselakteur:innen sowie die Verbindungen der Akteur:innen untereinander auf.</p> Leitfadeninterviews zur Identifizierung gemeinsamer Themen und Akteur:innenverbindungen geführt.
Erste Hinweise gab bereits der Sommerworkshop 2021, bei dem Beziehungen zu Schlüsselakteur:innen
im Nordbahnhof geknüpft wurden. In diversen informellen Gesprächen stellte sich heraus, dass
aufgrund vergangener und zukünftiger Entwicklungen bereits einiges an Initiative im Viertel und
an den Wagenhallen existierte und die soziale Netzwerkarbeit recht gut zu funktionieren schien.
Bei der Auswahl der Interviewpartner:innen wurde deshalb auf möglichst unterschiedliche
Blickwinkel geachtet. Je zwei Befragte vertraten die Planer:innen- und die
Anwohner:innenperspektive. Außerdem wurden das Haus 49 und Jugendhaus als soziale Einrichtungen
im Nordbahnhofviertel, der Infoladen, der Kunstverein und die Bürgerstiftung interviewt.</p>
<p>Die Bürgerstiftung sowie eine Vertreter:in der Planung nahmen hierbei eine gewisse Sonderstellung
ein, die aktuellen Beteiligungsprojekten geschuldet war. So wurde die Bürgerstiftung
beispielsweise ausgewählt, da sich bereits in der ersten Umfrage das Thema Jugendliche als
prägnant für das Viertel herausgestellt hatte und die Institution kürzlich den Jugenddialog als
demokratisches Beteiligungsformat in Kooperation mit dem Jugendhaus durchgeführt hatte. Alle
Partner:innen wurden zu den gleichen Themen befragt: Entwicklung und Wahrnehmung des
Bestandsquartiers und dessen Bewohnerschaft, Meinungen im Hinblick auf Rosenstein sowie
vergangene und gegenwärtige Teilhabe im Viertel betreffend zukünftiger Potenziale eines
Beteiligungsverfahrens. Durch eine themen- und netzwerkbasierte Lesart zeigte die
Akteur:innenanalyse Ähnlichkeiten und Unterschiede der Schlüsselakteur:innen sowie die
Verbindungen der Akteur:innen untereinander auf.</p>
<p>&bullet; AFFINITÄTEN UND DIFFERENZEN</p> <p>&bullet; AFFINITÄTEN UND DIFFERENZEN</p>
<p>Die Auswertung unterteilte die Aussagen in sieben grobe Themenblöcke, wodurch klare Unterscheidungen in Vorkommen und Häufigkeit von Themen zwischen den Interviews ersichtlich wurden. Bei Planer:innen (P) und dem Infoladen (I) stand das Thema Rosenstein im Vordergrund, wohingegen die Anwohner:innen (A) und soziale Einrichtungen (S) mehr über das Viertel und dessen Belange sprachen. Bürgerstiftung (B) und eine Vertreter:in der Planung redeten am meisten über Beteiligung, was nach dem im vorherigen Absatz beschriebenen Grund für die Auswahl der Interviewten zu erwarten war. Auffällig war, dass sowohl Anwohner:innen als auch Kunstverein (K) als direkt Betroffene sehr viele Defizite nannten. Jedoch kann dazu an dieser Stelle generell angemerkt werden, dass bei allen Interviews die Nennung negativer Aspekte wie Defizite und Ängste, die der positiven Potenziale und Wünsche überwog. Im Quervergleich der Ähnlichkeiten aller im Interview genannten Themen zeigte sich erwartungsgemäß, dass sich sowohl Planung und Kunstverein in ihren Nennungen sehr ähnlich waren, als auch alle Vertreter:innen und Anwohner:innen des Nordbahnhofviertels. Auch die Sonderstellung der Bürgerstiftung wurde in dieser Darstellung nochmal verdeutlicht.</p> <p>Die Auswertung unterteilte die Aussagen in sieben grobe Themenblöcke, wodurch klare
Unterscheidungen in Vorkommen und Häufigkeit von Themen zwischen den Interviews ersichtlich
wurden. Bei Planer:innen (P) und dem Infoladen (I) stand das Thema Rosenstein im Vordergrund,
wohingegen die Anwohner:innen (A) und soziale Einrichtungen (S) mehr über das Viertel und dessen
Belange sprachen. Bürgerstiftung (B) und eine Vertreter:in der Planung redeten am meisten über
Beteiligung, was nach dem im vorherigen Absatz beschriebenen Grund für die Auswahl der
Interviewten zu erwarten war. Auffällig war, dass sowohl Anwohner:innen als auch Kunstverein (K)
als direkt Betroffene sehr viele Defizite nannten. Jedoch kann dazu an dieser Stelle generell
angemerkt werden, dass bei allen Interviews die Nennung negativer Aspekte wie Defizite und
Ängste, die der positiven Potenziale und Wünsche überwog. Im Quervergleich der Ähnlichkeiten
aller im Interview genannten Themen zeigte sich erwartungsgemäß, dass sich sowohl Planung und
Kunstverein in ihren Nennungen sehr ähnlich waren, als auch alle Vertreter:innen und
Anwohner:innen des Nordbahnhofviertels. Auch die Sonderstellung der Bürgerstiftung wurde in
dieser Darstellung nochmal verdeutlicht.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight4.png" style=" width: 90%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight4.png" style=" width: 90%;
margin-left: 2em; margin-right: 2em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 2em; margin-right: 2em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Generell lässt sich sagen, dass Potenziale, Wünsche, Defizite sowie Ängste bei den Prozessgestalter:innen konkret mit der Entwicklung zusammenhingen und die der Prozessbeteiligten eher mit den Konflikten und Lebensumständen im Viertel bzw. an den Wagenhallen. Das Bestandsviertel spielte im bisherigen Prozess keine große Rolle (bei P, A, S, I). Vor allem die sozialen Einrichtungen wünschten sich eine Verbindung des Bestands mit dem Neubau und den Erhalt des Viertels, sahen Potenziale in der Einbeziehung, aber auch notwendige Verbesserungen im Nordbahnhof selbst. Das deutet darauf hin, dass sie als Sprachrohr der Menschen vor Ort eher einen Blick für das große Ganze haben. Die Gefahr eines räumlichen und sozialen Bruchs zwischen dem Bestandsviertel und Rosenstein wurde hingegen auch bei den Planer:innen (1) und dem Infoladen (3) erkannt. Frustration mit dem Thema Beteiligung wurde von allen Befragten (1P, 4A, 5S, 1K, 1B) genannt. Die Gründe dafür liegen zumeist in bisherigen Erfahrungen, die im Verlauf des Prozesses mit Stuttgart 21 und Rosenstein gemacht wurden. In der Wahrnehmung vor allem der Vertreter:innen des Viertels wurden lokale Bedürfnisse nicht wahrgenommen und bisherige Beteiligungsbemühungen schienen zweck- und ergebnislos.</p> <p>Generell lässt sich sagen, dass Potenziale, Wünsche, Defizite sowie Ängste bei den
Prozessgestalter:innen konkret mit der Entwicklung zusammenhingen und die der Prozessbeteiligten
eher mit den Konflikten und Lebensumständen im Viertel bzw. an den Wagenhallen. Das
Bestandsviertel spielte im bisherigen Prozess keine große Rolle (bei P, A, S, I). Vor allem die
sozialen Einrichtungen wünschten sich eine Verbindung des Bestands mit dem Neubau und den Erhalt
des Viertels, sahen Potenziale in der Einbeziehung, aber auch notwendige Verbesserungen im
Nordbahnhof selbst. Das deutet darauf hin, dass sie als Sprachrohr der Menschen vor Ort eher
einen Blick für das große Ganze haben. Die Gefahr eines räumlichen und sozialen Bruchs zwischen
dem Bestandsviertel und Rosenstein wurde hingegen auch bei den Planer:innen (1) und dem
Infoladen (3) erkannt. Frustration mit dem Thema Beteiligung wurde von allen Befragten (1P, 4A,
5S, 1K, 1B) genannt. Die Gründe dafür liegen zumeist in bisherigen Erfahrungen, die im Verlauf
des Prozesses mit Stuttgart 21 und Rosenstein gemacht wurden. In der Wahrnehmung vor allem der
Vertreter:innen des Viertels wurden lokale Bedürfnisse nicht wahrgenommen und bisherige
Beteiligungsbemühungen schienen zweck- und ergebnislos.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Ängste im Hinblick auf den anstehenden Beteiligungsprozess aufgrund zu großer Intransparenz (3P) und unzureichender Beteiligung (2A) herrschten auf Planungs- und Anwohner:innenseite. Auch die Gefahr der Gentrifizierung durch den Entwicklungsprozess war ein stark vertretenes Thema bei allen Befragten (3P, 5A, 1S, 2K). Drogen und fehlende Räume für Kinder und Jugendliche sowie damit korrelierend auch Konflikte mit Jugendlichen waren häufig genannte Defizite unter den Vertreter:innen des Bestandsviertels (3A, 4S), aber auch der Wagenhallen (5). Letzteres erklärte sich durch einen spezifischen Vorfall mit Jugendlichen auf dem Areal des Kunstvereins. Planung und Kunstverein, die bereits direkter im Prozess involviert waren, nannten hauptsächlich die Kommunikation als defizitär (4P, 1K). Eine fehlende Verbindung zwischen Nordbahnhofviertel und Wagenhallen (1A, 1S, 2I) und der Wunsch nach mehr Vermischung (2A, 1S) wurde nur durch die Institutionen und Anwohner:innen, nicht aber durch die Vertretung der Wagenhallen genannt.</p> <p>Ängste im Hinblick auf den anstehenden Beteiligungsprozess aufgrund zu großer Intransparenz (3P)
und unzureichender Beteiligung (2A) herrschten auf Planungs- und Anwohner:innenseite. Auch die
Gefahr der Gentrifizierung durch den Entwicklungsprozess war ein stark vertretenes Thema bei
allen Befragten (3P, 5A, 1S, 2K). Drogen und fehlende Räume für Kinder und Jugendliche sowie
damit korrelierend auch Konflikte mit Jugendlichen waren häufig genannte Defizite unter den
Vertreter:innen des Bestandsviertels (3A, 4S), aber auch der Wagenhallen (5). Letzteres erklärte
sich durch einen spezifischen Vorfall mit Jugendlichen auf dem Areal des Kunstvereins. Planung
und Kunstverein, die bereits direkter im Prozess involviert waren, nannten hauptsächlich die
Kommunikation als defizitär (4P, 1K). Eine fehlende Verbindung zwischen Nordbahnhofviertel und
Wagenhallen (1A, 1S, 2I) und der Wunsch nach mehr Vermischung (2A, 1S) wurde nur durch die
Institutionen und Anwohner:innen, nicht aber durch die Vertretung der Wagenhallen genannt.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight6.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight6.png" style=" width: 80%;
...@@ -107,26 +263,77 @@ ...@@ -107,26 +263,77 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; NETZWERK, BRÜCKE, INSEL</p> <p>&bullet; NETZWERK, BRÜCKE, INSEL</p>
<p>In den Interviews wurde eine Vielzahl von im Nordbahnhofviertel oder Entwicklungsprozess agierenden Akteur:innen und Netzwerken genannt, die den Bereichen Quartier, Wagenhallen, soziale Einrichtungen, Stadt und Intermediäre zuzuordnen waren. Auffällig war, dass Anwohner:innen und Einrichtungen verstärkt Akteur:innen und Institutionen aufzählten, die ebenfalls dem Viertel zugehörig waren. Planer:innen und Wagenhallen wiederum nannten überwiegend Akteur:innen, die mit den Wagenhallen und dem »Maker City« Prozess in Zusammenhang standen. Vor allem die Planer:innen sprachen viel über die Stadt bzw. Stadtverwaltung (15P).</p> <p>In den Interviews wurde eine Vielzahl von im Nordbahnhofviertel oder Entwicklungsprozess
<p>Unter den genannten Quartiersakteur:innen stachen bei allen Befragten explizit die Jugendlichen (9A, 21S, 2I, 7K, 2P, 7B) in der Häufigkeit der Nennung heraus. Aber auch Senior:innen, Kinder und junge, neu Hinzugezogene wurden als signifikante Gruppen erwähnt. Stadtverwaltung und Stadtpolitik spielten in den Darstellungen aller Befragten eine Rolle. Wichtige soziale Institutionen schienen das Jugendhaus, das Haus 49, die Kirchengemeinden und Schulen (insgesamt je 25, 23, 11, 17 Nennungen) zu sein. Das anliegende Männerwohnheim verblieb in der Befragung recht unscheinbar. Der Eventbetrieb schien trotz seiner räumlichen Relevanz auf dem Wagenhallenareal sonst bislang keine Rolle im Prozess zu spielen. Auch bei den intermediären Strukturen im Viertel wurden viele Vereine und Initiativen genannt, von denen aber außer dem Infoladen und der Mieterinitiative (insgesamt je 17, 8 Nennungen) folgend aus der Anzahl an Nennungen keine weiteren relevant zu sein schienen. Lediglich der Kleingartenverein, der oft als Beispiel zitiert wurde, überraschte mit sechs Aufführungen.</p> agierenden Akteur:innen und Netzwerken genannt, die den Bereichen Quartier, Wagenhallen, soziale
Einrichtungen, Stadt und Intermediäre zuzuordnen waren. Auffällig war, dass Anwohner:innen und
Einrichtungen verstärkt Akteur:innen und Institutionen aufzählten, die ebenfalls dem Viertel
zugehörig waren. Planer:innen und Wagenhallen wiederum nannten überwiegend Akteur:innen, die mit
den Wagenhallen und dem »Maker City« Prozess in Zusammenhang standen. Vor allem die Planer:innen
sprachen viel über die Stadt bzw. Stadtverwaltung (15P).</p>
<p>Unter den genannten Quartiersakteur:innen stachen bei allen Befragten explizit die Jugendlichen
(9A, 21S, 2I, 7K, 2P, 7B) in der Häufigkeit der Nennung heraus. Aber auch Senior:innen, Kinder
und junge, neu Hinzugezogene wurden als signifikante Gruppen erwähnt. Stadtverwaltung und
Stadtpolitik spielten in den Darstellungen aller Befragten eine Rolle. Wichtige soziale
Institutionen schienen das Jugendhaus, das Haus 49, die Kirchengemeinden und Schulen (insgesamt
je 25, 23, 11, 17 Nennungen) zu sein. Das anliegende Männerwohnheim verblieb in der Befragung
recht unscheinbar. Der Eventbetrieb schien trotz seiner räumlichen Relevanz auf dem
Wagenhallenareal sonst bislang keine Rolle im Prozess zu spielen. Auch bei den intermediären
Strukturen im Viertel wurden viele Vereine und Initiativen genannt, von denen aber außer dem
Infoladen und der Mieterinitiative (insgesamt je 17, 8 Nennungen) folgend aus der Anzahl an
Nennungen keine weiteren relevant zu sein schienen. Lediglich der Kleingartenverein, der oft als
Beispiel zitiert wurde, überraschte mit sechs Aufführungen.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight7.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight7.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>In einer weitergehenden Analyse wurde aus den Aussagen in den Interviews herauskristallisiert, welche Funktion die am häufigsten genannten Akteur:innen im sozialen Gefüge einnahmen. Dabei wurden vorab drei unterschiedliche Kategorien festgelegt: Netzwerk, Brücke und Insel. Anschließend wurden diese auf Überscheidungen in den Erzählungen überprüft. Die Kategorie Netzwerk bezeichnete Schlüsselakteur:innen, die auf institutioneller Ebene kooperierten und teils bereits starke Verbindungen ausgebildet hatten. Mit der Brückenfunktion wurden Institutionen oder Initiativen belegt, die zwischen Zivilgesellschaft und institutioneller Ebene vermittelten. Insel wurde als Ausdruck für Akteur:innen genutzt, die eher als isoliert im Gefüge wahrgenommen wurden. Nach diesen Definitionen wurde der Kunstverein, obwohl er auch kooperierend im Netzwerk (5) beschrieben wurde, eindeutig als isolierte Insel (12) wahrgenommen. Das Jugendhaus war das stärkste Netzwerk mit 8 Nennungen. Laut Zählung als größte Brückenbauer:in wurde der Infoladen (7) genannt, gefolgt vom Jugendhaus (5), dem Stadtacker (3), Haus 49 (2) sowie Schule (1) und Kirche (1).</p> <p>In einer weitergehenden Analyse wurde aus den Aussagen in den Interviews herauskristallisiert,
welche Funktion die am häufigsten genannten Akteur:innen im sozialen Gefüge einnahmen. Dabei
wurden vorab drei unterschiedliche Kategorien festgelegt: Netzwerk, Brücke und Insel.
Anschließend wurden diese auf Überscheidungen in den Erzählungen überprüft. Die Kategorie
Netzwerk bezeichnete Schlüsselakteur:innen, die auf institutioneller Ebene kooperierten und
teils bereits starke Verbindungen ausgebildet hatten. Mit der Brückenfunktion wurden
Institutionen oder Initiativen belegt, die zwischen Zivilgesellschaft und institutioneller Ebene
vermittelten. Insel wurde als Ausdruck für Akteur:innen genutzt, die eher als isoliert im Gefüge
wahrgenommen wurden. Nach diesen Definitionen wurde der Kunstverein, obwohl er auch kooperierend
im Netzwerk (5) beschrieben wurde, eindeutig als isolierte Insel (12) wahrgenommen. Das
Jugendhaus war das stärkste Netzwerk mit 8 Nennungen. Laut Zählung als größte Brückenbauer:in
wurde der Infoladen (7) genannt, gefolgt vom Jugendhaus (5), dem Stadtacker (3), Haus 49 (2)
sowie Schule (1) und Kirche (1).</p>
<p>&bullet; INTERMEDIÄRE IN DER BETEILIGUNG</p> <p>&bullet; INTERMEDIÄRE IN DER BETEILIGUNG</p>
<p>Wie an den Wünschen und Ängsten ablesbar ist, scheint es vieler neuartiger Lösungen für Zusammenarbeit, Regularien und Orte zu bedürfen, wenn die Entwicklung von allen Seiten als gelungen wahrgenommen werden soll. Eine aktive, partizipative Einbindung des Bestandsviertels ist unabdingbar, wenn der Erhalt des Bestands und Befürchtungen hinsichtlich Beteiligung und Prozesstransparenz eine Rolle spielen sollen. Bisher genannte Hindernisse für eine erfolgreiche Beteiligung könnten dabei das Desinteresse an der Entwicklung und die Frustration, die schon im bisherigen Beteiligungsprozess entstanden ist, sein. Diese Themen können zu einem großen Teil auch als Auftrag an Stadtverwaltung und -politik gesehen werden, belegt durch überschneidende Nennungen in den Kategorien »Keine Berücksichtigung Bestand«, »Fehlende Unterstützung«, »Fehlende Aufmerksamkeit«, »Frustration mit Beteiligung« und »Intransparenz«. Ansatzpunkte für Verbesserungen könnten die Themen Jugendliche, Treffpunkte und Vernetzung bieten.</p> <p>Wie an den Wünschen und Ängsten ablesbar ist, scheint es vieler neuartiger Lösungen für
Zusammenarbeit, Regularien und Orte zu bedürfen, wenn die Entwicklung von allen Seiten als
gelungen wahrgenommen werden soll. Eine aktive, partizipative Einbindung des Bestandsviertels
ist unabdingbar, wenn der Erhalt des Bestands und Befürchtungen hinsichtlich Beteiligung und
Prozesstransparenz eine Rolle spielen sollen. Bisher genannte Hindernisse für eine erfolgreiche
Beteiligung könnten dabei das Desinteresse an der Entwicklung und die Frustration, die schon im
bisherigen Beteiligungsprozess entstanden ist, sein. Diese Themen können zu einem großen Teil
auch als Auftrag an Stadtverwaltung und -politik gesehen werden, belegt durch überschneidende
Nennungen in den Kategorien »Keine Berücksichtigung Bestand«, »Fehlende Unterstützung«,
»Fehlende Aufmerksamkeit«, »Frustration mit Beteiligung« und »Intransparenz«. Ansatzpunkte für
Verbesserungen könnten die Themen Jugendliche, Treffpunkte und Vernetzung bieten.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight8.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight8.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Der Infoladen wurde von den meisten zwar in seiner Brückenfunktion wahrgenommen, jedoch im Zusammenhang mit anderen Themen ebenfalls als eher inaktiv beschrieben. Das Potenzial lag hier nicht nur in der Initiative selbst, sondern vor allem auch in den der Initiative eigenen Räumlichkeiten mitten im bestehenden Stadtviertel. Der Prozess sollte jedoch unbedingt auch auf andere Brückenbauer:innen im Quartier setzen. Mit dem Kinder- und Jugendhaus und dem Haus 49 sind bereits starke Institutionen in dieser Funktion vertreten, deren Anzahl im Hinblick auf soziale Diversifizierung des Viertels ausbaufähig ist. Einen Anreiz bietet hier vielleicht auch die gewünschte Verbindung zu den Wagenhallen und dem Stadtacker. Der Gartenverein wurde in den Interviews bereits ansatzweise als Brückenbauer:in beschrieben und wird mit der Entwicklung sicher mehr ins Bestandsviertel rücken. Wichtig bei all dem ist, wie anfangs durch Selle beschrieben, die Konstanz im Prozess. Damit Beteiligungsbemühungen nicht weiter als zwecklos empfunden werden, dürfen Interessensammlungen oder Beteiligungsaufrufe nicht versanden und Akteur:innen wieder sich selbst überlassen werden (Selle 2011).</p> <p>Der Infoladen wurde von den meisten zwar in seiner Brückenfunktion wahrgenommen, jedoch im
Zusammenhang mit anderen Themen ebenfalls als eher inaktiv beschrieben. Das Potenzial lag hier
nicht nur in der Initiative selbst, sondern vor allem auch in den der Initiative eigenen
Räumlichkeiten mitten im bestehenden Stadtviertel. Der Prozess sollte jedoch unbedingt auch auf
andere Brückenbauer:innen im Quartier setzen. Mit dem Kinder- und Jugendhaus und dem Haus 49
sind bereits starke Institutionen in dieser Funktion vertreten, deren Anzahl im Hinblick auf
soziale Diversifizierung des Viertels ausbaufähig ist. Einen Anreiz bietet hier vielleicht auch
die gewünschte Verbindung zu den Wagenhallen und dem Stadtacker. Der Gartenverein wurde in den
Interviews bereits ansatzweise als Brückenbauer:in beschrieben und wird mit der Entwicklung
sicher mehr ins Bestandsviertel rücken. Wichtig bei all dem ist, wie anfangs durch Selle
beschrieben, die Konstanz im Prozess. Damit Beteiligungsbemühungen nicht weiter als zwecklos
empfunden werden, dürfen Interessensammlungen oder Beteiligungsaufrufe nicht versanden und
Akteur:innen wieder sich selbst überlassen werden (Selle 2011).</p>
</div> </div>
</div> </div>
<div class="row"> <div class="row">
...@@ -136,67 +343,275 @@ ...@@ -136,67 +343,275 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Immer mehr Bürger:innen wollen sich bei der Gestaltung ihres urbanen Umfeldes einbringen und bei Planungen und Entscheidungen, die ihr Stadtviertel und den öffentlichen Bereich betreffen, einbezogen werden. Eine einheitliche Definition von Beteiligung oder Partizipation existiert in der Literatur nicht und es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Verfahren als Bürger:innenbeteiligung verstanden werden können (Benighaus/Renn/Wachinger 2017). Unter einer Bürger:innenbeteiligung wird im Rahmen dieses Beitrags das Mitwirken der Bürger:innen an einem Planungs- und Entscheidungsprozess verstanden (Fritsche/Nanz 2012). Im Mittelpunkt der Verfahren steht der gegenseitige Aus-tausch mit dem Ziel einer gemeinschaftlichen Meinungsbildung und anschließender Entscheidungsfindung (Fritsche/Nanz 2012), dabei sind Zweck und Ziele von Beteiligungsverfahren vielseitig. Obwohl die Zahl partizipativer Beteiligungsformen in den letzten Jahren gestiegen ist (Fritsche/Nanz 2012), können Bürger:innen häufig nicht nachvollziehen, wie Planungsziele- und Inhalte zustande gekommen sind. Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen scheinen nicht ausreichend, um Vertrauensverluste wiederherzustellen (Renn 2013). Daher scheint es sinnvoll, die Möglichkeiten und Grenzen von partizipativen Beteiligungsverfahren genauer auszuloten. Entscheidend ist es dabei, die Erwartungen an solche Verfahren aus Sicht der Bürger:innen zu verstehen, um darauf aufbauend erfolgreiche Formate ableiten zu können. Dazu wurden die folgenden Forschungsfragen aufgestellt, die im Rahmen der im Weiteren beschriebenen Studie beantwortet werden:</p> <p>Immer mehr Bürger:innen wollen sich bei der Gestaltung ihres urbanen Umfeldes einbringen und bei
Planungen und Entscheidungen, die ihr Stadtviertel und den öffentlichen Bereich betreffen,
einbezogen werden. Eine einheitliche Definition von Beteiligung oder Partizipation existiert in
der Literatur nicht und es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Verfahren als
Bürger:innenbeteiligung verstanden werden können (Benighaus/Renn/Wachinger 2017). Unter einer
Bürger:innenbeteiligung wird im Rahmen dieses Beitrags das Mitwirken der Bürger:innen an einem
Planungs- und Entscheidungsprozess verstanden (Fritsche/Nanz 2012). Im Mittelpunkt der Verfahren
steht der gegenseitige Aus-tausch mit dem Ziel einer gemeinschaftlichen Meinungsbildung und
anschließender Entscheidungsfindung (Fritsche/Nanz 2012), dabei sind Zweck und Ziele von
Beteiligungsverfahren vielseitig. Obwohl die Zahl partizipativer Beteiligungsformen in den
letzten Jahren gestiegen ist (Fritsche/Nanz 2012), können Bürger:innen häufig nicht
nachvollziehen, wie Planungsziele- und Inhalte zustande gekommen sind. Aufklärungs- und
Informationsveranstaltungen scheinen nicht ausreichend, um Vertrauensverluste wiederherzustellen
(Renn 2013). Daher scheint es sinnvoll, die Möglichkeiten und Grenzen von partizipativen
Beteiligungsverfahren genauer auszuloten. Entscheidend ist es dabei, die Erwartungen an solche
Verfahren aus Sicht der Bürger:innen zu verstehen, um darauf aufbauend erfolgreiche Formate
ableiten zu können. Dazu wurden die folgenden Forschungsfragen aufgestellt, die im Rahmen der im
Weiteren beschriebenen Studie beantwortet werden:</p>
<br> <br>
<p>1. Welche Erwartungen haben die Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess? </p> <p>1. Welche Erwartungen haben die Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess? </p>
<p>2. Was motiviert die Bürger:innen zur Teilnahme?</p> <p>2. Was motiviert die Bürger:innen zur Teilnahme?</p>
<p>3. Was macht einen Beteiligungsprozess aus Sicht der Bürger:innen erfolgreich?</p> <p>3. Was macht einen Beteiligungsprozess aus Sicht der Bürger:innen erfolgreich?</p>
<p>Die Sicht der Bürger:innen in den Vordergrund zu stellen scheint vor allem auch deshalb von Bedeutung, da diese Fragen in der Literatur bislang meist nur aus Sicht von Partizipationsexpert:innen und Prozessgestalter:innen beantwortet wurden (Atlee u. a. 2009, Goldschmidt/Renn/Sellke 2014, Goder u. a. (Hrsg.) 2020). So sind Erwartungen aus Sicht von Bürger:innen lediglich vereinzelt Gegenstand der Forschung (Klages 2007, Klages/Vetter 2013, Schröder 2014). Dabei zeigen bisherige Erkenntnisse aus der Literatur, dass die Erfolgsfaktoren, welche von den Partizipationsexpert:innen definiert werden, zwar ähnlich zu den Erfolgsfaktoren aus Sichtweise der Bürger:innen sind, sich jedoch in ihrer Wichtigkeit zu unterscheiden scheinen. So wird deutlich, dass die Partizipationsexpert:innen einen starken Fokus auf die Kriterien Mitgestaltung, Ergebnisoffenheit und passende Rahmenbedingungen legen. Forschungen aus Sicht der Bürger:innen betonen jedoch vor allem zwischenmenschliche Aspekte wie Wertschätzung und Vertrauen oder auch Transparenz. Insgesamt liefern die Ansätze zwar einige Hinweise für einen erfolgreichen Beteiligungsprozess aus Sicht von Bürger:innen, reichen jedoch noch nicht aus, um die Erwartungen der Bürger:innen vollständig abzubilden und die Forschungslücke zu schließen.</p> <p>Die Sicht der Bürger:innen in den Vordergrund zu stellen scheint vor allem auch deshalb von
<p>Die eingangs aufgeführten Probleme betonen die Notwendigkeit, die Sichtweise der Bürger:innen abzubilden und diese Lücke in der Literatur zu füllen. Ziel dieser Studie war es, Erfolgsfaktoren für städtische Beteiligungsprozesse aus Bürger:innensicht zu identifizieren und zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen Bürger:innen mit dem Ergebnis von partizipativen Entscheidungsprozessen zufrieden sind. Der Fokus dieser Arbeit liegt speziell auf Planungsprozessen im öffentlichen städtischen Raum.</p> Bedeutung, da diese Fragen in der Literatur bislang meist nur aus Sicht von
<p>Um die gestellten Forschungsfragen zu beantworten und auch neuen Ideen Raum zu geben, wurde ein qualitativer Forschungsansatz gewählt. Befragt wurden zwei verschiedene Stakeholdergruppen: In der 1. Phase wurden zehn Partizipationsexpert:innen (=P) (drei Männern, sieben Frauen) bestehend aus Wissenschaftler:innen, Prozessverantwortlichen und Planer:innen befragt. Die 2. Interviewphase bestand aus acht Bürger:innen (=B) (fünf Männer, drei Frauen), welche alle Vertreter:innen von Bürgerinitiativen und Stadtteilvereinen im Raum Stuttgart waren. Im Folgenden werden die Ergebnisse der beiden Stakeholdergruppen beschrieben. Dabei beziehen sich alle Fragen stets auf die Sichtweise der Bürger:innen.</p> Partizipationsexpert:innen und Prozessgestalter:innen beantwortet wurden (Atlee u. a. 2009,
Goldschmidt/Renn/Sellke 2014, Goder u. a. (Hrsg.) 2020). So sind Erwartungen aus Sicht von
Bürger:innen lediglich vereinzelt Gegenstand der Forschung (Klages 2007, Klages/Vetter 2013,
Schröder 2014). Dabei zeigen bisherige Erkenntnisse aus der Literatur, dass die Erfolgsfaktoren,
welche von den Partizipationsexpert:innen definiert werden, zwar ähnlich zu den Erfolgsfaktoren
aus Sichtweise der Bürger:innen sind, sich jedoch in ihrer Wichtigkeit zu unterscheiden
scheinen. So wird deutlich, dass die Partizipationsexpert:innen einen starken Fokus auf die
Kriterien Mitgestaltung, Ergebnisoffenheit und passende Rahmenbedingungen legen. Forschungen aus
Sicht der Bürger:innen betonen jedoch vor allem zwischenmenschliche Aspekte wie Wertschätzung
und Vertrauen oder auch Transparenz. Insgesamt liefern die Ansätze zwar einige Hinweise für
einen erfolgreichen Beteiligungsprozess aus Sicht von Bürger:innen, reichen jedoch noch nicht
aus, um die Erwartungen der Bürger:innen vollständig abzubilden und die Forschungslücke zu
schließen.</p>
<p>Die eingangs aufgeführten Probleme betonen die Notwendigkeit, die Sichtweise der Bürger:innen
abzubilden und diese Lücke in der Literatur zu füllen. Ziel dieser Studie war es,
Erfolgsfaktoren für städtische Beteiligungsprozesse aus Bürger:innensicht zu identifizieren und
zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen Bürger:innen mit dem Ergebnis von partizipativen
Entscheidungsprozessen zufrieden sind. Der Fokus dieser Arbeit liegt speziell auf
Planungsprozessen im öffentlichen städtischen Raum.</p>
<p>Um die gestellten Forschungsfragen zu beantworten und auch neuen Ideen Raum zu geben, wurde ein
qualitativer Forschungsansatz gewählt. Befragt wurden zwei verschiedene Stakeholdergruppen: In
der 1. Phase wurden zehn Partizipationsexpert:innen (=P) (drei Männern, sieben Frauen) bestehend
aus Wissenschaftler:innen, Prozessverantwortlichen und Planer:innen befragt. Die 2.
Interviewphase bestand aus acht Bürger:innen (=B) (fünf Männer, drei Frauen), welche alle
Vertreter:innen von Bürgerinitiativen und Stadtteilvereinen im Raum Stuttgart waren. Im
Folgenden werden die Ergebnisse der beiden Stakeholdergruppen beschrieben. Dabei beziehen sich
alle Fragen stets auf die Sichtweise der Bürger:innen.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight9.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight9.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; WARUM AN BETEILIGUNGSPROZESSEN BETEILIGEN?</p> <p>&bullet; WARUM AN BETEILIGUNGSPROZESSEN BETEILIGEN?</p>
<p>Im ersten Teil der Befragung wurde nach Gründen für die Teilnahme an einem Beteiligungsprozess aus Sicht der Bürger:innen gefragt. Ein Grund für eine Beteiligung, der von den Partizipationsexpert:innen am häufigsten genannt wurde, ist der Einsatz für das Eigenwohl (10P, 4B). Dies ist der Fall, wenn eine persönliche Betroffenheit, eine persönliche Beziehung zum Prozessgegenstand oder die Angst vor einer negativen Veränderung besteht. Im Gegensatz dazu nannten Bürger:innen als häufigsten Grund den Wunsch nach Mitgestaltung (3P, 7B). Darüber hinaus nannten beide Interviewgruppen, dass Bürger:innen sich dann beteiligen, wenn sie Interesse an dem Projekt haben (1P, 3B), wenn sie von außen zur Beteiligung angeregt werden (2P, 2B) oder weil sie sich für das Gemeinwohl einsetzen wollen (4P, 2B). Zusätzliche Gründe, welche nur von den Partizipationsexpert:innen genannt wurden sind eine politische Motivation (1P), ein konkreter greifbarer Nutzen (1P) oder das Einbringen der eigenen Meinung als Expert:in (2P).</p> <p>Im ersten Teil der Befragung wurde nach Gründen für die Teilnahme an einem Beteiligungsprozess
aus Sicht der Bürger:innen gefragt. Ein Grund für eine Beteiligung, der von den
Partizipationsexpert:innen am häufigsten genannt wurde, ist der Einsatz für das Eigenwohl (10P,
4B). Dies ist der Fall, wenn eine persönliche Betroffenheit, eine persönliche Beziehung zum
Prozessgegenstand oder die Angst vor einer negativen Veränderung besteht. Im Gegensatz dazu
nannten Bürger:innen als häufigsten Grund den Wunsch nach Mitgestaltung (3P, 7B). Darüber hinaus
nannten beide Interviewgruppen, dass Bürger:innen sich dann beteiligen, wenn sie Interesse an
dem Projekt haben (1P, 3B), wenn sie von außen zur Beteiligung angeregt werden (2P, 2B) oder
weil sie sich für das Gemeinwohl einsetzen wollen (4P, 2B). Zusätzliche Gründe, welche nur von
den Partizipationsexpert:innen genannt wurden sind eine politische Motivation (1P), ein
konkreter greifbarer Nutzen (1P) oder das Einbringen der eigenen Meinung als Expert:in (2P).</p>
<p>&bullet; WO WOLLEN BÜRGER:INNEN BETEILIGT WERDEN?</p> <p>&bullet; WO WOLLEN BÜRGER:INNEN BETEILIGT WERDEN?</p>
<p>Bei der Frage danach, bei welchen Themen oder Projekten sich Bürger:innen gerne beteiligen wollen, nannten beide Interviewgruppen Themen, die Bürger:innen direkt betreffen (4P, 7B). Als Beispiele wurden Infrastrukturprojekte und Klima- bzw. Umweltthemen, Mobilität, Bodenvergabe und baurechtliche Entscheidungen angeführt sowie Veränderungen im sozialen Umfeld oder wenn Bürger:innen einen persönlichen Bezug zum Prozessgegenstand haben. Weiterhin wollen Bürger:innen laut beider Stakeholdergruppen vor allem bei Projekten mit einer überschaubaren Laufzeit beteiligt werden (2P, 1B). Ein:e Bürger:in nannte zusätzlich noch, dass das Projekt konkret und greifbar sein müsse. Weiterhin wurde angemerkt, dass eine Beteiligung zum einen von der persönlichen Motivation abhänge (1P) und zum anderen davon, über wie viel Vorwissen die Bürger:innen zu dem Prozessgegenstand verfügen (1B).</p> <p>Bei der Frage danach, bei welchen Themen oder Projekten sich Bürger:innen gerne beteiligen
wollen, nannten beide Interviewgruppen Themen, die Bürger:innen direkt betreffen (4P, 7B). Als
Beispiele wurden Infrastrukturprojekte und Klima- bzw. Umweltthemen, Mobilität, Bodenvergabe und
baurechtliche Entscheidungen angeführt sowie Veränderungen im sozialen Umfeld oder wenn
Bürger:innen einen persönlichen Bezug zum Prozessgegenstand haben. Weiterhin wollen Bürger:innen
laut beider Stakeholdergruppen vor allem bei Projekten mit einer überschaubaren Laufzeit
beteiligt werden (2P, 1B). Ein:e Bürger:in nannte zusätzlich noch, dass das Projekt konkret und
greifbar sein müsse. Weiterhin wurde angemerkt, dass eine Beteiligung zum einen von der
persönlichen Motivation abhänge (1P) und zum anderen davon, über wie viel Vorwissen die
Bürger:innen zu dem Prozessgegenstand verfügen (1B).</p>
<p>&bullet; WANN SOLL BETEILIGUNG STATTFINDEN?</p> <p>&bullet; WANN SOLL BETEILIGUNG STATTFINDEN?</p>
<p>Am häufigsten wurde in beiden Stakeholdergruppen eine möglichst frühe Phase zur Beteiligung genannt, da dann noch die Möglichkeit bestehe, bei grundlegenden Entscheidungen mitzuwirken (6P, 5B). Zusätzlich wurde von Bürger:innen, nicht aber von Partizipationsexpert:innen, eine Beteiligung noch vor Prozessbeginn vorgeschlagen (5B). Beide Interviewgruppen erwähnten, dass eine mittlere bzw. Konkretisierungsphase ein Zeitpunkt sei, zu dem Bürger:innen beteiligt werden wollen (5P, 1B). Ferner sei eine kontinuierliche Beteiligung wichtig (2P, 3B). In beiden Interviewgruppen wurde je einmal angemerkt, dass der Zeitpunkt einer Beteiligung projektabhängig sei. Eine Partizipationsexpert:in nannte in dem Zusammenhang ein Beteiligungsparadoxon: Beteiligung soll eigentlich sehr frühzeitig einsetzen, wenn es noch Alternativen bzw. Verhandlungsspielräume gibt, der Großteil der Bürger:innen realisiert jedoch erst, dass sich etwas verändert, wenn die Planungen schon viel weiter fortgeschritten sind.</p> <p>Am häufigsten wurde in beiden Stakeholdergruppen eine möglichst frühe Phase zur Beteiligung
genannt, da dann noch die Möglichkeit bestehe, bei grundlegenden Entscheidungen mitzuwirken (6P,
5B). Zusätzlich wurde von Bürger:innen, nicht aber von Partizipationsexpert:innen, eine
Beteiligung noch vor Prozessbeginn vorgeschlagen (5B). Beide Interviewgruppen erwähnten, dass
eine mittlere bzw. Konkretisierungsphase ein Zeitpunkt sei, zu dem Bürger:innen beteiligt werden
wollen (5P, 1B). Ferner sei eine kontinuierliche Beteiligung wichtig (2P, 3B). In beiden
Interviewgruppen wurde je einmal angemerkt, dass der Zeitpunkt einer Beteiligung projektabhängig
sei. Eine Partizipationsexpert:in nannte in dem Zusammenhang ein Beteiligungsparadoxon:
Beteiligung soll eigentlich sehr frühzeitig einsetzen, wenn es noch Alternativen bzw.
Verhandlungsspielräume gibt, der Großteil der Bürger:innen realisiert jedoch erst, dass sich
etwas verändert, wenn die Planungen schon viel weiter fortgeschritten sind.</p>
<p>&bullet; WARUM BETEILIGEN SICH BÜRGER:INNEN NICHT WEITER?</p> <p>&bullet; WARUM BETEILIGEN SICH BÜRGER:INNEN NICHT WEITER?</p>
<p>Da hohe Abbruchquoten gerne vermieden werden möchten, wurden im Rahmen der Interviews beide Interviewgruppen nach den Gründen für selbige befragt. Der am häufigsten genannte Grund war in beiden Interviewgruppen lange und intransparente Prozesse (7P, 6B). Vor allem Partizipationsexpert:innen führten darüber hinaus eine fehlende Möglichkeit zur Mitgestaltung (7P, 2B) sowie ein unstimmiges Format (3P, 1B) der Beteiligung als Auslöser für einen Abbruch an. Dies ist der Fall, wenn die Bürger:innen beispielsweise die Methode oder Rahmenbedingungen als unpassend erleben. Weiterhin wurden einige Gründe genannt, die sich in den beiden Interviewgruppen unterschieden. So sind nach den Partizipationsexpert:innen ein sinkendes Interesse am Prozessthema (3P), eine fehlende Kommunikation und Information (2P) sowie fehlende Transparenz (3P) Beweggründe der Bürger:innen eine Beteiligung abzubrechen. Nach den Bürger:innen wirken sich hingegen eine fehlende Wertschätzung (4B), fehlende Ergebnisse im Laufe des Prozesses (4B) sowie Enttäuschung oder Ablehnung negativ aus und erzeugen damit eine höhere Abbruchquote.</p> <p>Da hohe Abbruchquoten gerne vermieden werden möchten, wurden im Rahmen der Interviews beide
Interviewgruppen nach den Gründen für selbige befragt. Der am häufigsten genannte Grund war in
beiden Interviewgruppen lange und intransparente Prozesse (7P, 6B). Vor allem
Partizipationsexpert:innen führten darüber hinaus eine fehlende Möglichkeit zur Mitgestaltung
(7P, 2B) sowie ein unstimmiges Format (3P, 1B) der Beteiligung als Auslöser für einen Abbruch
an. Dies ist der Fall, wenn die Bürger:innen beispielsweise die Methode oder Rahmenbedingungen
als unpassend erleben. Weiterhin wurden einige Gründe genannt, die sich in den beiden
Interviewgruppen unterschieden. So sind nach den Partizipationsexpert:innen ein sinkendes
Interesse am Prozessthema (3P), eine fehlende Kommunikation und Information (2P) sowie fehlende
Transparenz (3P) Beweggründe der Bürger:innen eine Beteiligung abzubrechen. Nach den
Bürger:innen wirken sich hingegen eine fehlende Wertschätzung (4B), fehlende Ergebnisse im Laufe
des Prozesses (4B) sowie Enttäuschung oder Ablehnung negativ aus und erzeugen damit eine höhere
Abbruchquote.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight10.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight10.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; WANN IST BETEILIGUNG ERFOLGREICH?</p> <p>&bullet; WANN IST BETEILIGUNG ERFOLGREICH?</p>
<p>Beide Interviewgruppen wurden sowohl nach Erwartungen, die Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess haben, als auch nach Erfolgskriterien für einen Beteiligungsprozess befragt. Die Antworten auf diese beiden Fragen ähnelten sich in vielerlei Hinsicht. So wurde auf beide Fragen häufig geantwortet, dass die Mitgestaltung sowohl eine Erwartung aus Sicht der Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess (9P, 8B) als auch ein Erfolgskriterium sei (10P). Interessant hierbei ist, dass die Mitgestaltung bei den Erwartungen von beiden Interviewgruppen genannt wurde, bei den Erfolgskriterien aber nur von den Partizipationsexpert:innen. Als weiterer wichtiger Punkt wurde von beiden Interviewgruppen sowohl auf die Frage nach den Erwartungen (7P, 4B) als auch nach Erfolgskriterien (8P, 5B) Transparenz und Fairness genannt. Dazu gehört für die Partizipationsexpert:innen eine durchgängige Rückmeldung und Information über den Projektstatus, eine klare Fragestellung sowie ein ehrlicher und klarer Rahmen, welcher die Finanz- und Zeitplanung des Beteiligungsprozesses mit einschließt.</p> <p>Beide Interviewgruppen wurden sowohl nach Erwartungen, die Bürger:innen an einen
Beteiligungsprozess haben, als auch nach Erfolgskriterien für einen Beteiligungsprozess befragt.
Die Antworten auf diese beiden Fragen ähnelten sich in vielerlei Hinsicht. So wurde auf beide
Fragen häufig geantwortet, dass die Mitgestaltung sowohl eine Erwartung aus Sicht der
Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess (9P, 8B) als auch ein Erfolgskriterium sei (10P).
Interessant hierbei ist, dass die Mitgestaltung bei den Erwartungen von beiden Interviewgruppen
genannt wurde, bei den Erfolgskriterien aber nur von den Partizipationsexpert:innen. Als
weiterer wichtiger Punkt wurde von beiden Interviewgruppen sowohl auf die Frage nach den
Erwartungen (7P, 4B) als auch nach Erfolgskriterien (8P, 5B) Transparenz und Fairness genannt.
Dazu gehört für die Partizipationsexpert:innen eine durchgängige Rückmeldung und Information
über den Projektstatus, eine klare Fragestellung sowie ein ehrlicher und klarer Rahmen, welcher
die Finanz- und Zeitplanung des Beteiligungsprozesses mit einschließt.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight11.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight11.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Darüber hinaus stellen für beide Interviewgruppen eine erfolgreiche Kommunikation (Erwartung an Prozess: 3P, 2B; Erfolgsfaktor: 4P, 4B) und ernst genommen zu werden (Erwartung an Prozess: 4P, 2B; Erfolgsfaktor: 6P, 5B) eine Erwartung und ein Erfolgskriterium für einen erfolgreichen Beteiligungsprozess dar. Nach den Partizipationsexpert:innen ist zudem der Spaßfaktor (2P) eine Erwartung, die Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess haben. Beide Interviewgruppen nannten diesen Punkt als Erfolgsfaktor (2P, 1B). Bürger:innen benannten darüber hinaus passende Rahmenbedingungen als wesentliche Erwartung (3B). Dieser Punkt wurde weder von den Partizipationsexpert:innen genannt, noch tauchte er bei der Frage nach den Erfolgskriterien auf. Im Gegensatz dazu spielte für beide Interviewgruppen die Zielerreichung eine Rolle, wenn es um die Erfolgskriterien ging (2P, 1B), nicht aber bei den Erwartungen. Zusätzlich wurden ausschließlich von Bürger:innen die Punkte Ergebnisoffenheit (1B), Vertrauensaufbau (1B) sowie Weiterentwicklung und Wissenszuwachs (2B) als Erfolgskriterien genannt.</p> <p>Darüber hinaus stellen für beide Interviewgruppen eine erfolgreiche Kommunikation (Erwartung an
Prozess: 3P, 2B; Erfolgsfaktor: 4P, 4B) und ernst genommen zu werden (Erwartung an Prozess: 4P,
2B; Erfolgsfaktor: 6P, 5B) eine Erwartung und ein Erfolgskriterium für einen erfolgreichen
Beteiligungsprozess dar. Nach den Partizipationsexpert:innen ist zudem der Spaßfaktor (2P) eine
Erwartung, die Bürger:innen an einen Beteiligungsprozess haben. Beide Interviewgruppen nannten
diesen Punkt als Erfolgsfaktor (2P, 1B). Bürger:innen benannten darüber hinaus passende
Rahmenbedingungen als wesentliche Erwartung (3B). Dieser Punkt wurde weder von den
Partizipationsexpert:innen genannt, noch tauchte er bei der Frage nach den Erfolgskriterien auf.
Im Gegensatz dazu spielte für beide Interviewgruppen die Zielerreichung eine Rolle, wenn es um
die Erfolgskriterien ging (2P, 1B), nicht aber bei den Erwartungen. Zusätzlich wurden
ausschließlich von Bürger:innen die Punkte Ergebnisoffenheit (1B), Vertrauensaufbau (1B) sowie
Weiterentwicklung und Wissenszuwachs (2B) als Erfolgskriterien genannt.</p>
<p>&bullet; WANN SIND PROZESS ODER ERGEBNIS ZUFRIEDENSTELLEND?</p> <p>&bullet; WANN SIND PROZESS ODER ERGEBNIS ZUFRIEDENSTELLEND?</p>
<p>Im Rahmen der Interviews sollte ebenfalls erforscht werden, wann Bürger:innen mit dem Beteiligungsprozess an sich und wann sie mit dem Ergebnis des Prozesses zufrieden sind. Die Frage wurde nur der zweiten Interviewgruppe (Bürger:innen) gestellt, da eine Einschätzung über die Zufriedenheit von den Personen am aussagekräftigsten ist, die direkt beteiligt werden. Als wichtigstes Kriterium für die Zufriedenheit mit dem Beteiligungsprozess wurde die Wertschätzung (5B) genannt. Demnach geht es den Bürger:innen darum, anerkannt und für ihre Beteiligung wertgeschätzt zu werden. Genauso häufig genannt wurde die Kategorie »Sichtbare Fortschritte & Ergebnisse« (5B). So ist es den Bürger:innen wichtig, schnell zu sehen, dass der Prozess vorangeht und ihr Beitrag auch zu Ergebnissen führt. Ebenfalls wurde mehrfach das Entstehen von Gemeinschaft und Kontakten als positiver Einflussfaktor auf die Zufriedenheit mit dem Prozess erwähnt (3B). So sind die Bürger:innen wohl auch mit dem Prozess zufrieden, wenn sie dadurch neue Kontakte knüpfen können und ein Austausch stattfindet. Auch eine Ergebnisoffenheit und Kompromissbereitschaft (2B) sind für die Zufriedenheit mit dem Prozess wichtig. Kriterien, die sowohl zu einer Zufriedenheit mit dem Prozess als auch mit dem Ergebnis führen, sind zudem Transparenz und Nachvollziehbarkeit (2B), die Möglichkeit zur Mitgestaltung (2B) sowie eine professionelle Gestaltung des Prozesses (2B). Unter die professionelle Gestaltung fällt eine gute Begleitung und Moderation des Prozesses sowie ein als angemessen empfundener zeitlicher Aufwand, den die Bürger:innen in ihre Beteiligung investieren müssen. Auch die Zielerreichung trägt zur Zufriedenheit mit Prozess und Ergebnis aus Bürger:innensicht bei (5B).</p> <p>Im Rahmen der Interviews sollte ebenfalls erforscht werden, wann Bürger:innen mit dem
Beteiligungsprozess an sich und wann sie mit dem Ergebnis des Prozesses zufrieden sind. Die
Frage wurde nur der zweiten Interviewgruppe (Bürger:innen) gestellt, da eine Einschätzung über
die Zufriedenheit von den Personen am aussagekräftigsten ist, die direkt beteiligt werden. Als
wichtigstes Kriterium für die Zufriedenheit mit dem Beteiligungsprozess wurde die Wertschätzung
(5B) genannt. Demnach geht es den Bürger:innen darum, anerkannt und für ihre Beteiligung
wertgeschätzt zu werden. Genauso häufig genannt wurde die Kategorie »Sichtbare Fortschritte &
Ergebnisse« (5B). So ist es den Bürger:innen wichtig, schnell zu sehen, dass der Prozess
vorangeht und ihr Beitrag auch zu Ergebnissen führt. Ebenfalls wurde mehrfach das Entstehen von
Gemeinschaft und Kontakten als positiver Einflussfaktor auf die Zufriedenheit mit dem Prozess
erwähnt (3B). So sind die Bürger:innen wohl auch mit dem Prozess zufrieden, wenn sie dadurch
neue Kontakte knüpfen können und ein Austausch stattfindet. Auch eine Ergebnisoffenheit und
Kompromissbereitschaft (2B) sind für die Zufriedenheit mit dem Prozess wichtig. Kriterien, die
sowohl zu einer Zufriedenheit mit dem Prozess als auch mit dem Ergebnis führen, sind zudem
Transparenz und Nachvollziehbarkeit (2B), die Möglichkeit zur Mitgestaltung (2B) sowie eine
professionelle Gestaltung des Prozesses (2B). Unter die professionelle Gestaltung fällt eine
gute Begleitung und Moderation des Prozesses sowie ein als angemessen empfundener zeitlicher
Aufwand, den die Bürger:innen in ihre Beteiligung investieren müssen. Auch die Zielerreichung
trägt zur Zufriedenheit mit Prozess und Ergebnis aus Bürger:innensicht bei (5B).</p>
<p>&bullet; VIER WESENTLICHE ERKENNTNISSE FÜR BÜRGER:INNENBETEILIGUNG IN DER PRAXIS</p> <p>&bullet; VIER WESENTLICHE ERKENNTNISSE FÜR BÜRGER:INNENBETEILIGUNG IN DER PRAXIS</p>
<p>Ziel der Studie war es, einen umfassenden Einblick in Beteiligungen aus Sicht der Bürger:innen zu bekommen. Dabei sollte von zwei verschiedenen Interviewgruppen erfasst werden, welche Erwartungen Bürger:innen an Beteiligungsprozesse haben, was sie zur Teilnahme motiviert und wann sie einen Beteiligungsprozess als erfolgreich betrachten. Aus den Ergebnissen lassen sich dabei vier wesentliche Erkenntnisse und Herausforderungen für Bür-ger:innenbeteiligung in der Praxis ableiten.</p> <p>Ziel der Studie war es, einen umfassenden Einblick in Beteiligungen aus Sicht der Bürger:innen zu
bekommen. Dabei sollte von zwei verschiedenen Interviewgruppen erfasst werden, welche
Erwartungen Bürger:innen an Beteiligungsprozesse haben, was sie zur Teilnahme motiviert und wann
sie einen Beteiligungsprozess als erfolgreich betrachten. Aus den Ergebnissen lassen sich dabei
vier wesentliche Erkenntnisse und Herausforderungen für Bür-ger:innenbeteiligung in der Praxis
ableiten.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight12.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Insight12.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>1. Der Konflikt eines unterschiedlichen Fairnessempfindens: Zum einen deuten die Unterschiede hinsichtlich der Erfolgsfaktoren aus Sicht der Partizipationsexpert:innen und aus Sicht der Bürger:innen auf ein unterschiedliches Fairnessempfinden der beiden Gruppen hin. Die Partizipationsexpert:innen scheinen einen besonders hohen Wert auf prozessbezogene Kriterien zu legen und bewerten den Erfolg von Beteiligungsprozessen vor allem auf Grundlage der Verfahrensgerechtigkeit, also wie fair der Prozess gestaltet wurde (Greenberg 2009). Im Gegensatz dazu spielen für die Bürger:innen vor allem zwischenmenschliche Aspekte eine Rolle, das heißt, sie bewerten den Erfolg von Beteiligungsprozessen vor allem anhand der Informations- und interpersonellen Gerechtigkeit. Dies wird in den Interviews besonders daran deutlich, dass die Bürger:innen vor allem Aspekte wie Wertschätzung und Vertrauen nennen sowie Themen wie Austausch, Weiterentwicklung und Spaß erwähnen. Die interpersonelle Gerechtigkeit beschreibt dabei das Ausmaß, in dem den Beteiligten mit Höflichkeit, Würde und Respekt begegnet wird. Die Informationsgerechtigkeit bezieht sich auf die Erklärungen, die den Beteiligten im Rahmen des Prozesses entgegengebracht werden und auf welche Art und Weise die Informationen vermittelt werden (Greenberg 2009). Weiterhin hängt das Fairnessempfinden eng mit dem Vertrauen zusammen, welches Bürger:innen Prozessverantwortlichen entgegenbringen. Auf Grundlage des Modells von Davis/Mayer/Schoormann (1995) bildet sich Vertrauen durch die drei Komponenten Integrität, Wohlwollen und wahrgenommene Kompetenz der Person. Dabei scheint die Integrität besonders zu Beginn einer Beziehung wesentlich für die Bewertung des Vertrauens zu sein (Davis/Mayer/Schoormann 1995). Dementsprechend ist es im Kontext von Beteiligungen besonders zu Beginn des Prozesses zentral, ein hohes Fairnessempfinden durch die Gewährleistung von interpersoneller und Informationsgerechtigkeit zu vermitteln. Dies stellt ein hohes Vertrauen der Bürger:innen her.</p> <p>1. Der Konflikt eines unterschiedlichen Fairnessempfindens: Zum einen deuten die Unterschiede
<p>2. Ein blinder Fleck der Planer:innen und Bürger:in-nen: Die zweite Erkenntnis aufgrund der Interviews ist, dass auf Seiten der Planer:innen sowie auch auf Seiten der Bürger:innen ein blinder Fleck hinsichtlich der Gestaltung von Beteiligungsprozessen zu bestehen scheint. So überschätzen die Planer:innen oftmals die Zeit, welche Bürger:innen für ihre Teilnahme an einer Beteiligung bereit oder in der Lage sind zu investieren. Weiterhin überschätzen viele Planer:innen das Wissen und die Vorkenntnisse der Bürger:innen. Dies könnte darauf beruhen, dass unterschiedliche Gruppierungen von Bürger:innen unterschiedliches Vorwissen haben und diejenigen mit viel Kenntnissen sich erfahrungsgemäß mehr zu Wort melden. Durch das zum Teil fehlende Vermitteln von Fachwissen zum Prozessgegenstand auf Seiten der Planer:innen scheinen sich die Bürger:innen oftmals nicht ausreichend abgeholt zu fühlen. Der blinde Fleck auf Seiten der Bürger:innen besteht in der Unterschätzung des zeitlichen Aufwands für ihre Teilnahme und der Dauer eines Beteiligungsprozesses. So wollen die meisten Bürger:innen möglichst früh in einen Prozess miteinbezogen werden, haben jedoch auch ein starkes Bedürfnis danach, schnell erste Ergebnisse zu sehen. Gleichzeitig unterschätzen sie oftmals, dass Planungsprozesse sowie erste Ergebnisse häufig einige Jahre dauern und die anfängliche Motivation und das Engagement sinkt im Laufe des Prozesses. Für Prozessgestaltende besteht daher eine große Herausforderung in der Festlegung eines angemessenen Zeitpunkts, an dem Bürger:innen in den Beteiligungsprozess miteinbezogen werden.</p> hinsichtlich der Erfolgsfaktoren aus Sicht der Partizipationsexpert:innen und aus Sicht der
Bürger:innen auf ein unterschiedliches Fairnessempfinden der beiden Gruppen hin. Die
Partizipationsexpert:innen scheinen einen besonders hohen Wert auf prozessbezogene Kriterien zu
legen und bewerten den Erfolg von Beteiligungsprozessen vor allem auf Grundlage der
Verfahrensgerechtigkeit, also wie fair der Prozess gestaltet wurde (Greenberg 2009). Im
Gegensatz dazu spielen für die Bürger:innen vor allem zwischenmenschliche Aspekte eine Rolle,
das heißt, sie bewerten den Erfolg von Beteiligungsprozessen vor allem anhand der Informations-
und interpersonellen Gerechtigkeit. Dies wird in den Interviews besonders daran deutlich, dass
die Bürger:innen vor allem Aspekte wie Wertschätzung und Vertrauen nennen sowie Themen wie
Austausch, Weiterentwicklung und Spaß erwähnen. Die interpersonelle Gerechtigkeit beschreibt
dabei das Ausmaß, in dem den Beteiligten mit Höflichkeit, Würde und Respekt begegnet wird. Die
Informationsgerechtigkeit bezieht sich auf die Erklärungen, die den Beteiligten im Rahmen des
Prozesses entgegengebracht werden und auf welche Art und Weise die Informationen vermittelt
werden (Greenberg 2009). Weiterhin hängt das Fairnessempfinden eng mit dem Vertrauen zusammen,
welches Bürger:innen Prozessverantwortlichen entgegenbringen. Auf Grundlage des Modells von
Davis/Mayer/Schoormann (1995) bildet sich Vertrauen durch die drei Komponenten Integrität,
Wohlwollen und wahrgenommene Kompetenz der Person. Dabei scheint die Integrität besonders zu
Beginn einer Beziehung wesentlich für die Bewertung des Vertrauens zu sein
(Davis/Mayer/Schoormann 1995). Dementsprechend ist es im Kontext von Beteiligungen besonders zu
Beginn des Prozesses zentral, ein hohes Fairnessempfinden durch die Gewährleistung von
interpersoneller und Informationsgerechtigkeit zu vermitteln. Dies stellt ein hohes Vertrauen
der Bürger:innen her.</p>
<p>2. Ein blinder Fleck der Planer:innen und Bürger:in-nen: Die zweite Erkenntnis aufgrund der
Interviews ist, dass auf Seiten der Planer:innen sowie auch auf Seiten der Bürger:innen ein
blinder Fleck hinsichtlich der Gestaltung von Beteiligungsprozessen zu bestehen scheint. So
überschätzen die Planer:innen oftmals die Zeit, welche Bürger:innen für ihre Teilnahme an einer
Beteiligung bereit oder in der Lage sind zu investieren. Weiterhin überschätzen viele
Planer:innen das Wissen und die Vorkenntnisse der Bürger:innen. Dies könnte darauf beruhen, dass
unterschiedliche Gruppierungen von Bürger:innen unterschiedliches Vorwissen haben und diejenigen
mit viel Kenntnissen sich erfahrungsgemäß mehr zu Wort melden. Durch das zum Teil fehlende
Vermitteln von Fachwissen zum Prozessgegenstand auf Seiten der Planer:innen scheinen sich die
Bürger:innen oftmals nicht ausreichend abgeholt zu fühlen. Der blinde Fleck auf Seiten der
Bürger:innen besteht in der Unterschätzung des zeitlichen Aufwands für ihre Teilnahme und der
Dauer eines Beteiligungsprozesses. So wollen die meisten Bürger:innen möglichst früh in einen
Prozess miteinbezogen werden, haben jedoch auch ein starkes Bedürfnis danach, schnell erste
Ergebnisse zu sehen. Gleichzeitig unterschätzen sie oftmals, dass Planungsprozesse sowie erste
Ergebnisse häufig einige Jahre dauern und die anfängliche Motivation und das Engagement sinkt im
Laufe des Prozesses. Für Prozessgestaltende besteht daher eine große Herausforderung in der
Festlegung eines angemessenen Zeitpunkts, an dem Bürger:innen in den Beteiligungsprozess
miteinbezogen werden.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel3_Grafik4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel3_Grafik4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>3. Die Relevanz des Zielgruppenverständnisses: Weiterhin scheinen viele Planer:innen wenig Kenntnis über die Bedürfnisse und Interessen der beteiligten Bürger:innen zu haben. Nur wenn sie die Bedürfnisse, die hinter den Beteiligungsinteressen der Büger:innen stehen, nachvollziehen können, können sie dies adäquat im Prozess berücksichtigen. So könnte bei den Bürger:innen beispielsweise ein großes Bedürfnis nach Klarheit und Informationen bestehen, wenn es um ein Thema geht, dass sie in ihrem Lebensumfeld direkt betrifft. In diesem Fall wäre es wichtig, dass die Planer:innen auf dieses Bedürfnis durch eine transparente und direkte Kommunikation eingehen, auch wenn vielleicht noch keine Entscheidung getroffen wurde. Darüber hinaus scheint besonders die Ansprache zur Teilnahme an der Beteiligung einen großen Einfluss darauf zu haben, welche Zielgruppe sich am Prozess beteiligt (durch eine Online-Beteiligung werden beispielsweise mehr jüngere Personen angesprochen). Damit einher geht die Herausforderung, dass in der Praxis oftmals nicht alle Bürger:innen von einem Beteiligungsprozess gleichzeitig erfahren. Denn entsprechend der Zielgruppe des Kommunikationsmediums geschieht die Einbeziehung der Bürger:innen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Dadurch verstärkt sich das Gefühl der Bürger:innen, nicht rechtzeitig in den Beteiligungsprozess einbezogen worden zu sein. Aus diesem Grund sollten sich Planer:innen vor dem Prozess ausreichend damit befassen, welche Zielgruppe sie erreichen wollen und ihre Ansprache sowie Kommunikationsmedien sorgfältig auswählen und individuell anpassen.</p> <p>3. Die Relevanz des Zielgruppenverständnisses: Weiterhin scheinen viele Planer:innen wenig
<p>4. Das Problem einer fehlenden Entscheidungsfreiheit: Eine weitere Erkenntnis, welche auf Grundlage der Interviews klar wurde, ist die negative Auswirkung durch fehlende Entscheidungsfreiheit und Unwissenheit im Prozess. So ist es besonders problematisch, wenn nicht nur die Bürger:innen das Gefühl mangelnder Entscheidungsfreiheit verspüren oder tatsächlich nicht mitentscheiden können, sondern auch auf Seiten der Planer:innen Einschränkungen hinsichtlich Entscheidungen zu dem Prozessgegenstand entstehen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn auf Grundlage gesetzlicher Inhalte keine Ergebnisoffenheit mehr gewährleistet werden kann oder die Entscheidung von einer dritten Instanz getroffen wird. In dem Fall werden die Bürger:innen häufig viel mehr nur informiert als tatsächlich beteiligt, woraufhin eine große Frustration entsteht. In der Praxis wird dieses Problem auch als »Scheinbeteiligung« bezeichnet. Um Enttäuschungen zu vermeiden, sollten Verantwortliche von Beteiligungsprozessen daher über ein umfassendes Wissen verfügen, welche Möglichkeiten im Prozess tatsächlich realisierbar sind und zu Beginn der Beteiligung klar kommunizieren, welchen Einfluss die Bürger:innen nehmen können.</p> Kenntnis über die Bedürfnisse und Interessen der beteiligten Bürger:innen zu haben. Nur wenn sie
die Bedürfnisse, die hinter den Beteiligungsinteressen der Büger:innen stehen, nachvollziehen
können, können sie dies adäquat im Prozess berücksichtigen. So könnte bei den Bürger:innen
beispielsweise ein großes Bedürfnis nach Klarheit und Informationen bestehen, wenn es um ein
Thema geht, dass sie in ihrem Lebensumfeld direkt betrifft. In diesem Fall wäre es wichtig, dass
die Planer:innen auf dieses Bedürfnis durch eine transparente und direkte Kommunikation
eingehen, auch wenn vielleicht noch keine Entscheidung getroffen wurde. Darüber hinaus scheint
besonders die Ansprache zur Teilnahme an der Beteiligung einen großen Einfluss darauf zu haben,
welche Zielgruppe sich am Prozess beteiligt (durch eine Online-Beteiligung werden beispielsweise
mehr jüngere Personen angesprochen). Damit einher geht die Herausforderung, dass in der Praxis
oftmals nicht alle Bürger:innen von einem Beteiligungsprozess gleichzeitig erfahren. Denn
entsprechend der Zielgruppe des Kommunikationsmediums geschieht die Einbeziehung der
Bürger:innen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Dadurch verstärkt sich das Gefühl der
Bürger:innen, nicht rechtzeitig in den Beteiligungsprozess einbezogen worden zu sein. Aus diesem
Grund sollten sich Planer:innen vor dem Prozess ausreichend damit befassen, welche Zielgruppe
sie erreichen wollen und ihre Ansprache sowie Kommunikationsmedien sorgfältig auswählen und
individuell anpassen.</p>
<p>4. Das Problem einer fehlenden Entscheidungsfreiheit: Eine weitere Erkenntnis, welche auf
Grundlage der Interviews klar wurde, ist die negative Auswirkung durch fehlende
Entscheidungsfreiheit und Unwissenheit im Prozess. So ist es besonders problematisch, wenn nicht
nur die Bürger:innen das Gefühl mangelnder Entscheidungsfreiheit verspüren oder tatsächlich
nicht mitentscheiden können, sondern auch auf Seiten der Planer:innen Einschränkungen
hinsichtlich Entscheidungen zu dem Prozessgegenstand entstehen. Dies ist zum Beispiel der Fall,
wenn auf Grundlage gesetzlicher Inhalte keine Ergebnisoffenheit mehr gewährleistet werden kann
oder die Entscheidung von einer dritten Instanz getroffen wird. In dem Fall werden die
Bürger:innen häufig viel mehr nur informiert als tatsächlich beteiligt, woraufhin eine große
Frustration entsteht. In der Praxis wird dieses Problem auch als »Scheinbeteiligung« bezeichnet.
Um Enttäuschungen zu vermeiden, sollten Verantwortliche von Beteiligungsprozessen daher über ein
umfassendes Wissen verfügen, welche Möglichkeiten im Prozess tatsächlich realisierbar sind und
zu Beginn der Beteiligung klar kommunizieren, welchen Einfluss die Bürger:innen nehmen können.
</p>
<p>&bullet; AUSBLICK UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN</p> <p>&bullet; AUSBLICK UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN</p>
<p>Die beschriebenen Erkenntnisse und Herausforderungen betonen die Notwendigkeit, die Gestaltung von Beteiligungsprozessen in der Praxis entsprechend anzupassen. Für einen erfolgreichen Prozess ist es demzufolge wichtig, dass sich Planer:innen dieser Herausforderungen bewusst sind und sich ausreichend Gedanken zur zeitlichen und zielgruppenspezifischen Einbeziehung der Bürger:innen machen. Auch sollten Planer:innen vor allem die zwischenmenschlichen Bedürfnisse der Bürger:innen in einem Prozess berücksichtigen und entsprechend agieren. Zusätzlich ist es wichtig, eine tatsächliche Einflussnahme der Bürger:innen gewährleisten zu können und ein angemessenes Erwartungsmanagement sicher zu stellen. Trotz der umfassenden Erkenntnisse sind abschließend weitere Forschungen und praktische Untersuchungen notwendig, um gezieltere Aussage treffen zu können, inwiefern die genannten Empfehlungen die Zufriedenheit und den Erfolg von Beteiligungsprozessen aus Sicht der Bürger:innen tatsächlich verbessern können.</p> <p>Die beschriebenen Erkenntnisse und Herausforderungen betonen die Notwendigkeit, die Gestaltung
von Beteiligungsprozessen in der Praxis entsprechend anzupassen. Für einen erfolgreichen Prozess
ist es demzufolge wichtig, dass sich Planer:innen dieser Herausforderungen bewusst sind und sich
ausreichend Gedanken zur zeitlichen und zielgruppenspezifischen Einbeziehung der Bürger:innen
machen. Auch sollten Planer:innen vor allem die zwischenmenschlichen Bedürfnisse der
Bürger:innen in einem Prozess berücksichtigen und entsprechend agieren. Zusätzlich ist es
wichtig, eine tatsächliche Einflussnahme der Bürger:innen gewährleisten zu können und ein
angemessenes Erwartungsmanagement sicher zu stellen. Trotz der umfassenden Erkenntnisse sind
abschließend weitere Forschungen und praktische Untersuchungen notwendig, um gezieltere Aussage
treffen zu können, inwiefern die genannten Empfehlungen die Zufriedenheit und den Erfolg von
Beteiligungsprozessen aus Sicht der Bürger:innen tatsächlich verbessern können.</p>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -205,4 +620,4 @@ ...@@ -205,4 +620,4 @@
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -20,8 +20,8 @@ ...@@ -20,8 +20,8 @@
background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%, background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%,
rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);"> rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);">
<h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span> <h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span>
<span <span style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;"
style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;" class="Ch_header">4 NACHHALTIG IM QUARTIER</span> class="Ch_header">4 NACHHALTIG IM QUARTIER</span>
</h1> </h1>
</div> </div>
...@@ -40,7 +40,17 @@ ...@@ -40,7 +40,17 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Moderne Energiesysteme machen die effiziente Nutzung von Ressourcen möglich. Diese Systeme können sowohl in Neubauten als auch Bestandsgebäude integriert werden. Es gibt heute eine Reihe von Förderprogrammen, beispielsweise der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die Hausbesitzer:innen bei Maßnahmen wie der energetischen Sanierung der Gebäudehülle, dem Einbau neuer Heiztechnik oder der Nutzung von Solarthermie unterstützen. Während eine erste Einschätzung der zu ergreifenden Maßnahmen auf Gebäudeebene noch ohne detaillierte Objektuntersuchung möglich ist, ist dies auf Quartiersebene aufgrund unterschiedlicher Bebauungsstrukturen, Baujahre, Bauweisen und Nutzungsarten kaum möglich. Der hohe »Unikat-Charakter« von Quartieren, insbesondere in verdichteten städtischen Bestandsquartieren, erschwert zudem die Übertragbarkeit andernorts erfolgreicher Konzepte (Balbach u. a. 2021).</p> <p>Moderne Energiesysteme machen die effiziente Nutzung von Ressourcen möglich. Diese Systeme können
sowohl in Neubauten als auch Bestandsgebäude integriert werden. Es gibt heute eine Reihe von
Förderprogrammen, beispielsweise der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder des Bundesamts
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die Hausbesitzer:innen bei Maßnahmen wie der
energetischen Sanierung der Gebäudehülle, dem Einbau neuer Heiztechnik oder der Nutzung von
Solarthermie unterstützen. Während eine erste Einschätzung der zu ergreifenden Maßnahmen auf
Gebäudeebene noch ohne detaillierte Objektuntersuchung möglich ist, ist dies auf Quartiersebene
aufgrund unterschiedlicher Bebauungsstrukturen, Baujahre, Bauweisen und Nutzungsarten kaum
möglich. Der hohe »Unikat-Charakter« von Quartieren, insbesondere in verdichteten städtischen
Bestandsquartieren, erschwert zudem die Übertragbarkeit andernorts erfolgreicher Konzepte
(Balbach u. a. 2021).</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik1.png" style=" width: 80%;
...@@ -49,7 +59,22 @@ ...@@ -49,7 +59,22 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; CASE STUDY NORDBAHNHOF</p> <p>&bullet; CASE STUDY NORDBAHNHOF</p>
<p>Für das Nordbahnhof- und Rosensteinviertel sollte das Energieeinsparpotenzial und die bestmögliche Integration von Solarenergie mithilfe von 3D-Simulation ermittelt werden. Ziel war, ein 3D-Stadtmodell für detaillierte Simulationen zu verwenden, um den Ausbau der Energieeffizienz im Zuge der Energiewende technisch zu vereinfachen. 3D-Modelle können z.B. im CityGML-Format gespeichert werden (HFT Stuttgart 2021a). Hierzu wurde für das Beispiel des bestehenden Nordbahnhofviertels und des neu entstehenden Rosensteinviertels ein 3D-Stadtmodell erstellt und mit dem Simulationsprogramm SimStadt analysiert (HFT Stuttgart 2021b). Diese beiden Viertel wurden für die Untersuchung ausgewählt, da sie exemplarisch die Mischung zwischen Bestands- und Neubauquartieren darstellten. Gleichzeitig war das Untersuchungsgebiet groß genug, sodass eine Automatisierung der Datenerhebung und der Simulation den Prozess im Vergleich zu einer manuellen Bearbeitung deutlich beschleunigte. Das hier angewandte Verfahren kann auch auf größere Stadtgebiete übertragen werden. Das Nordbahnhofviertel (Bestandsquartier) ist historisch durch Backsteingebäude geprägt, die Bewohner:innenstruktur durch ehemalige Bahnmitarbeitende und seit den 50er-Jahren durch Gastarbeitende. Das Rosensteinviertel (Neubauquartier) ist ein geplantes Stadtviertel in Stuttgart nördlich vom Stuttgarter Hauptbahnhof. Aktuell befinden sich dort zum Teil Gleisanlagen, welche im Zuge des Bauprojekts Stuttgart 21 rückgebaut werden.</p> <p>Für das Nordbahnhof- und Rosensteinviertel sollte das Energieeinsparpotenzial und die
bestmögliche Integration von Solarenergie mithilfe von 3D-Simulation ermittelt werden. Ziel war,
ein 3D-Stadtmodell für detaillierte Simulationen zu verwenden, um den Ausbau der
Energieeffizienz im Zuge der Energiewende technisch zu vereinfachen. 3D-Modelle können z.B. im
CityGML-Format gespeichert werden (HFT Stuttgart 2021a). Hierzu wurde für das Beispiel des
bestehenden Nordbahnhofviertels und des neu entstehenden Rosensteinviertels ein 3D-Stadtmodell
erstellt und mit dem Simulationsprogramm SimStadt analysiert (HFT Stuttgart 2021b). Diese beiden
Viertel wurden für die Untersuchung ausgewählt, da sie exemplarisch die Mischung zwischen
Bestands- und Neubauquartieren darstellten. Gleichzeitig war das Untersuchungsgebiet groß genug,
sodass eine Automatisierung der Datenerhebung und der Simulation den Prozess im Vergleich zu
einer manuellen Bearbeitung deutlich beschleunigte. Das hier angewandte Verfahren kann auch auf
größere Stadtgebiete übertragen werden. Das Nordbahnhofviertel (Bestandsquartier) ist historisch
durch Backsteingebäude geprägt, die Bewohner:innenstruktur durch ehemalige Bahnmitarbeitende und
seit den 50er-Jahren durch Gastarbeitende. Das Rosensteinviertel (Neubauquartier) ist ein
geplantes Stadtviertel in Stuttgart nördlich vom Stuttgarter Hauptbahnhof. Aktuell befinden sich
dort zum Teil Gleisanlagen, welche im Zuge des Bauprojekts Stuttgart 21 rückgebaut werden.</p>
<p>&bullet; CASE STUDY NORDBAHNHOF</p> <p>&bullet; CASE STUDY NORDBAHNHOF</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
...@@ -58,19 +83,29 @@ ...@@ -58,19 +83,29 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Simulation machte folgende Schritte notwendig, die analog auf weitere Gebiete übertragen werden können.</p> <p>Die Simulation machte folgende Schritte notwendig, die analog auf weitere Gebiete übertragen
<p>1. Erstellung der 3D-Stadtmodelle (Vorbereitung und Erweiterung der vorhandenen Daten)</p> werden können.</p>
<p>2. Überprüfung der 3D-Modelle auf Fehler mit CityDoctor (CityDoctor 2022) und sofern notwendig Reparatur</p> <p>1. Erstellung der 3D-Stadtmodelle (Vorbereitung und Erweiterung der vorhandenen Daten)</p>
<p>3. Integration der Baujahre und Gebäudefunktion in die Dateien</p> <p>2. Überprüfung der 3D-Modelle auf Fehler mit CityDoctor (CityDoctor 2022) und sofern notwendig
<p>4. Durchführung von SimStadt:</p> Reparatur</p>
<p>a. Solar potential analysis: Solarpotenzialanalyse mit Verschattung</p> <p>3. Integration der Baujahre und Gebäudefunktion in die Dateien</p>
<p>b. Photovoltaic potential analysis: Photovoltailanalyse mit Verschattung</p> <p>4. Durchführung von SimStadt:</p>
<p>c. Heat demand analysis: Analyse des Wärmebedarfs</p> <p>a. Solar potential analysis: Solarpotenzialanalyse mit Verschattung</p>
<p>d. Heat demand analysis, after Refurbishment: Analyse des Wärmebedarfs nach energetischer Sanierung</p> <p>b. Photovoltaic potential analysis: Photovoltailanalyse mit Verschattung</p>
<p>e. District heating network analysis: Analyse des Fernwärmenetzes</p> <p>c. Heat demand analysis: Analyse des Wärmebedarfs</p>
<p>5. Überprüfung der Ergebnisse auf Plausibilität</p> <p>d. Heat demand analysis, after Refurbishment: Analyse des Wärmebedarfs nach energetischer
Sanierung</p>
<p>e. District heating network analysis: Analyse des Fernwärmenetzes</p>
<p>5. Überprüfung der Ergebnisse auf Plausibilität</p>
<p>&bullet; DREIDIMENSIONALE GRUNDLAGEN</p> <p>&bullet; DREIDIMENSIONALE GRUNDLAGEN</p>
<p>3D-Gebäudemodelle werden in Deutschland auf Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen flächendeckend und bundesweit auf Basis des Liegenschaftskatasters durch die jeweilige Landesvermessung geführt. Das 3D-Modell für Stuttgart-Nord wurde vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie zur Ver-fügung gestellt. Die Baujahre der Gebäude waren im Datensatz nicht vorhanden. Daher wurde ein Python-Skript entwickelt, um die Baujahre in die CityGML integrieren zu können. Das 3D-Modell für das Rosensteinviertel wurde in SketchUp erstellt und als CityGML exportiert. Wichtig war es hierbei, dass die Geometrien der Gebäudemodelle geschlossen waren, sodass zum Beispiel Volumen berechnet werden konnten.</p> <p>3D-Gebäudemodelle werden in Deutschland auf Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der
Vermessungsverwaltungen flächendeckend und bundesweit auf Basis des Liegenschaftskatasters durch
die jeweilige Landesvermessung geführt. Das 3D-Modell für Stuttgart-Nord wurde vom Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie zur Ver-fügung gestellt. Die Baujahre der Gebäude waren im Datensatz
nicht vorhanden. Daher wurde ein Python-Skript entwickelt, um die Baujahre in die CityGML
integrieren zu können. Das 3D-Modell für das Rosensteinviertel wurde in SketchUp erstellt und
als CityGML exportiert. Wichtig war es hierbei, dass die Geometrien der Gebäudemodelle
geschlossen waren, sodass zum Beispiel Volumen berechnet werden konnten.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik3.png" style=" width: 80%;
...@@ -78,36 +113,72 @@ ...@@ -78,36 +113,72 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Im Nordbahnhofviertel wurden ca. 600 Gebäude betrachtet. Ungefähr die Hälfte davon waren Wohngebäude, der Rest bestand aus Büros, Hallen, Geschäften und Schulen. Das betrachtete Gebiet erstreckte sich auf einer Fläche von 130 Hektar mit ca. 10.000 Einwohner:innen. Die Gebäude verfügten über eine Gesamtheizfläche von ungefähr 1.000.000 m², wobei die durchschnittliche Gebäudehöhe 15 m über fünf Stockwerke betrug. Die Baujahre lagen zwischen 1850 und 2010, rund 25 % der Gebäude wurden in der Nachkriegszeit erbaut.</p> <p>Im Nordbahnhofviertel wurden ca. 600 Gebäude betrachtet. Ungefähr die Hälfte davon waren
<p>Im Rosensteinviertel wurden ca. 100 Gebäude betrachtet. Das Gebiet umfasste eine Fläche von 25 Hektar sowie eine Gesamtheizfläche von 570.000 m². Die durchschnittliche Gebäudehöhe betrug 20 m über 7 Stockwerke. Die Gebäude sollen nach Abschluss des Projekts Stuttgart 21 errichtet werden.</p> Wohngebäude, der Rest bestand aus Büros, Hallen, Geschäften und Schulen. Das betrachtete Gebiet
erstreckte sich auf einer Fläche von 130 Hektar mit ca. 10.000 Einwohner:innen. Die Gebäude
verfügten über eine Gesamtheizfläche von ungefähr 1.000.000 m², wobei die durchschnittliche
Gebäudehöhe 15 m über fünf Stockwerke betrug. Die Baujahre lagen zwischen 1850 und 2010, rund 25
% der Gebäude wurden in der Nachkriegszeit erbaut.</p>
<p>Im Rosensteinviertel wurden ca. 100 Gebäude betrachtet. Das Gebiet umfasste eine Fläche von 25
Hektar sowie eine Gesamtheizfläche von 570.000 m². Die durchschnittliche Gebäudehöhe betrug 20 m
über 7 Stockwerke. Die Gebäude sollen nach Abschluss des Projekts Stuttgart 21 errichtet werden.
</p>
<p>&bullet; STROMBEDARF UND PHOTOVOLTAIKPOTENZIAL</p> <p>&bullet; STROMBEDARF UND PHOTOVOLTAIKPOTENZIAL</p>
<!-- </div> <!-- </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> --> <div class="col-sm-6 p-6"> -->
<p>Der Haushaltsstrombedarf für das Nordbahnhofviertel wurde mithilfe von SimStadt auf ca. 18.700 MWh/a geschätzt. Es lagen keine gemessenen Daten zum Strombedarf für Nichtwohngebäude vor. Das Gebiet hatte eine gesamte Dachfläche von 197.500 m² mit einer potenziellen Photovoltaiknennleistung von 6,8 MWp. Diese Anlagen könnten einen jährlichen Ertrag von ca. 7.600 MWh/a erbringen, was ungefähr 40 % des Haushaltsstrombedarfs decken würde (bei bilanzieller Jahresbetrachtung).</p> <p>Der Haushaltsstrombedarf für das Nordbahnhofviertel wurde mithilfe von SimStadt auf ca. 18.700
<p>Der Haushaltsstrombedarf für das Rosensteinviertel wurde mithilfe von SimStadt auf ca. 23.000 MWh/a geschätzt. Das Gebiet hatte eine gesamte Dachfläche von 90.000 m², mit einer potenziellen Photovoltaiknennleistung von 4,9 MWp. Diese Anlagen könnten einen jährlichen Ertrag von ca. 5.500 MWh/a erbringen, was ungefähr 25 % des Haushaltsstrombedarfs decken würde. Dieser Wert lag niedriger als im Nordbahnhofviertel, da die Gebäude im Rosensteinviertel höher waren und jede Wohnung relativ betrachtet weniger Dachfläche zur Verfügung hatte. Um den Autarkiegrad weiter zu erhöhen, könnten Photovoltaikmodule mit höherem Wirkungsgrad ausgewählt werden, die Module könnten dichter aneinander oder auch an Fassaden installiert werden. Zusätzlich wurde die Verschattung betrachtet, um Dachflächen mit geeigneter Einstrahlung (in diesem Fall über 1.100 kWh/(m²a)) auswählen zu können. Dabei wurde die Dachorientierung (Azimut und Neigung) berücksichtigt.</p> MWh/a geschätzt. Es lagen keine gemessenen Daten zum Strombedarf für Nichtwohngebäude vor. Das
Gebiet hatte eine gesamte Dachfläche von 197.500 m² mit einer potenziellen
Photovoltaiknennleistung von 6,8 MWp. Diese Anlagen könnten einen jährlichen Ertrag von ca.
7.600 MWh/a erbringen, was ungefähr 40 % des Haushaltsstrombedarfs decken würde (bei
bilanzieller Jahresbetrachtung).</p>
<p>Der Haushaltsstrombedarf für das Rosensteinviertel wurde mithilfe von SimStadt auf ca. 23.000
MWh/a geschätzt. Das Gebiet hatte eine gesamte Dachfläche von 90.000 m², mit einer potenziellen
Photovoltaiknennleistung von 4,9 MWp. Diese Anlagen könnten einen jährlichen Ertrag von ca.
5.500 MWh/a erbringen, was ungefähr 25 % des Haushaltsstrombedarfs decken würde. Dieser Wert lag
niedriger als im Nordbahnhofviertel, da die Gebäude im Rosensteinviertel höher waren und jede
Wohnung relativ betrachtet weniger Dachfläche zur Verfügung hatte. Um den Autarkiegrad weiter zu
erhöhen, könnten Photovoltaikmodule mit höherem Wirkungsgrad ausgewählt werden, die Module
könnten dichter aneinander oder auch an Fassaden installiert werden. Zusätzlich wurde die
Verschattung betrachtet, um Dachflächen mit geeigneter Einstrahlung (in diesem Fall über 1.100
kWh/(m²a)) auswählen zu können. Dabei wurde die Dachorientierung (Azimut und Neigung)
berücksichtigt.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die berechnete Einstrahlung für das Rosensteinquartier wurde ebenfalls für den folgenden Beitrag »Landwirtschaft in der Stadt« verwendet. Durch die Simulation konnten für jede Dachfläche die nutzbaren Sonnenstunden inklusive Verschattung berechnet werden. Mithilfe dieser Information können beispielsweise geeignete Pflanzenarten oder -standorte auf den vorhandenen Dachflächen gewählt werden.</p> <p>Die berechnete Einstrahlung für das Rosensteinquartier wurde ebenfalls für den folgenden Beitrag
»Landwirtschaft in der Stadt« verwendet. Durch die Simulation konnten für jede Dachfläche die
nutzbaren Sonnenstunden inklusive Verschattung berechnet werden. Mithilfe dieser Information
können beispielsweise geeignete Pflanzenarten oder -standorte auf den vorhandenen Dachflächen
gewählt werden.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight2.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; WÄRMEBEDARF UND VOLLSANIERUNG</p> <p>&bullet; WÄRMEBEDARF UND VOLLSANIERUNG</p>
<p>Die 600 Bestandsgebäude im Nordbahnhofviertel hatten zum Zeitpunkt der Berechnung einen gesamten Wärmebedarf von 91.600 MWh/a (inklusive Warmwasserbereitung). Nach einer Vollsanierung auf den Standard der EnEV 2016 würde der Bedarf um 35 % auf 59.300 MWh/a sinken.</p> <p>Die 600 Bestandsgebäude im Nordbahnhofviertel hatten zum Zeitpunkt der Berechnung einen gesamten
Wärmebedarf von 91.600 MWh/a (inklusive Warmwasserbereitung). Nach einer Vollsanierung auf den
Standard der EnEV 2016 würde der Bedarf um 35 % auf 59.300 MWh/a sinken.</p>
<p>&bullet; AUSBLICK</p> <p>&bullet; AUSBLICK</p>
<p>Die vorliegenden Forschungsergebnisse belegen, dass es auch auf Basis der wenigen im Regelfall verfügbaren Eingangsdaten möglich ist, belastbare Resultate hinsichtlich der Wärmebedarfe und Versorgungsoptionen eines Quartiers zu generieren. Damit können Überlegungen und Entscheidungen zu konkreten Versorgungsoptionen oder Sanierungsmaßnahmen bereits in frühen strategischen Planungsphasen anhand einer belastbaren Datenbasis herbeigeführt werden. Auf diese Weise lässt sich der gesamte Planungsprozess transparenter und effizienter gestalten. Eine zusätzlich notwendige Detailauslegung der verschiedenen Komponenten kann zielgerichteter vorgenommen werden.</p> <p>Die vorliegenden Forschungsergebnisse belegen, dass es auch auf Basis der wenigen im Regelfall
verfügbaren Eingangsdaten möglich ist, belastbare Resultate hinsichtlich der Wärmebedarfe und
Versorgungsoptionen eines Quartiers zu generieren. Damit können Überlegungen und Entscheidungen
zu konkreten Versorgungsoptionen oder Sanierungsmaßnahmen bereits in frühen strategischen
Planungsphasen anhand einer belastbaren Datenbasis herbeigeführt werden. Auf diese Weise lässt
sich der gesamte Planungsprozess transparenter und effizienter gestalten. Eine zusätzlich
notwendige Detailauslegung der verschiedenen Komponenten kann zielgerichteter vorgenommen
werden.</p>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -118,44 +189,128 @@ ...@@ -118,44 +189,128 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Das Thema Landwirtschaft in der Stadt greift tatsächlich weiter zurück, als der derzeitige Trend vermuten lässt. Wo während der Urbanisierung und später dem Ersten und Zweiten Weltkrieg Klein- und Gemeinschaftsgärten vor drohendem Hunger und Elend bewahren sollten, liegen die Bedürfnisse heute meist eher im sozialen Kontakt und sozialer Inklusion (Casazza/Gallo/Sala 2016). Die positiven Aspekte sind mannigfaltig, denn es lassen sich viele weitere ökologische und soziale Effekte verzeichnen.</p> <p>Das Thema Landwirtschaft in der Stadt greift tatsächlich weiter zurück, als der derzeitige Trend
<p>Urbanes Grün erhöht die Lebensqualität in Städten und fördert damit auch das mentale und physische Wohlbefinden der Menschen. Es mindert den Hitzeinseleffekt in Städten, verbessert die Luftqualität und reduziert sogar Lärmverschmutzung (Proksch 2011). Gerade in Städten, deren Ernährungssystem auf den Import von extern produzierten Lebensmitteln abhängt, hat die lokale landwirtschaftliche Produktion großes Pozential. Lange Transportwege, Lagerzeiten und Verpackungen entfallen (Casazza/Gallo/Sala 2016), wodurch Energie und Emissionen eingespart werden. Die Versorgungssicherheit steigt – was nicht erst die infrastrukturellen Engpässe in der COVID 19 Pandemie auch in entwickelten Ländern wieder zu einem relevanten Thema gemacht haben. Nicht zuletzt schafft das gemeinsame Gärtnern ökologisches Bewusstsein und wirkt gemeinschaftsbildend und positiv auf den sozialen Zusammenhalt (Pryor/Wang 2016; Proksch 2011).</p> vermuten lässt. Wo während der Urbanisierung und später dem Ersten und Zweiten Weltkrieg Klein-
und Gemeinschaftsgärten vor drohendem Hunger und Elend bewahren sollten, liegen die Bedürfnisse
heute meist eher im sozialen Kontakt und sozialer Inklusion (Casazza/Gallo/Sala 2016). Die
positiven Aspekte sind mannigfaltig, denn es lassen sich viele weitere ökologische und soziale
Effekte verzeichnen.</p>
<p>Urbanes Grün erhöht die Lebensqualität in Städten und fördert damit auch das mentale und
physische Wohlbefinden der Menschen. Es mindert den Hitzeinseleffekt in Städten, verbessert die
Luftqualität und reduziert sogar Lärmverschmutzung (Proksch 2011). Gerade in Städten, deren
Ernährungssystem auf den Import von extern produzierten Lebensmitteln abhängt, hat die lokale
landwirtschaftliche Produktion großes Pozential. Lange Transportwege, Lagerzeiten und
Verpackungen entfallen (Casazza/Gallo/Sala 2016), wodurch Energie und Emissionen eingespart
werden. Die Versorgungssicherheit steigt – was nicht erst die infrastrukturellen Engpässe in der
COVID 19 Pandemie auch in entwickelten Ländern wieder zu einem relevanten Thema gemacht haben.
Nicht zuletzt schafft das gemeinsame Gärtnern ökologisches Bewusstsein und wirkt
gemeinschaftsbildend und positiv auf den sozialen Zusammenhalt (Pryor/Wang 2016; Proksch 2011).
</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight3.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Genutzt werden dazu meist bereits existierende Brachflächen als Orte des kollektiven Lernens und Gemeinschaffens. Vor allem Dachflächen verbinden dabei die positiven Effekte urbaner Landwirtschaft und Dachbegrünung (Pryor/Wang 2019; Proksch 2011). So kann intensive Dachbegrünung, wie sie eine produktive Nutzung bedingt, Abhilfe bei Starkregenereignissen schaffen, indem das Wasser im Substrat länger gespeichert und erst nach und nach in die Kanalisation abgegeben wird. Im Vergleich zu konventioneller Dachbedeckung bietet produktive Dachbegrünung wesentlich mehr Vorzüge und sollte aufgrund administrativer und statischer Voraussetzung bereits in der Planung neuer Gebäude berücksichtigt werden (Proksch 2011). Doch welche Art Dachfläche eignet sich für eine solche landwirtschaftliche Nutzung? Benötigt der Gemüseanbau in der Höhe zusätzliche Bewässerung? Und kann der Bedarf an Lebensmitteln über Dachfarmen überhaupt gedeckt werden?</p> <p>Genutzt werden dazu meist bereits existierende Brachflächen als Orte des kollektiven Lernens und
Gemeinschaffens. Vor allem Dachflächen verbinden dabei die positiven Effekte urbaner
Landwirtschaft und Dachbegrünung (Pryor/Wang 2019; Proksch 2011). So kann intensive
Dachbegrünung, wie sie eine produktive Nutzung bedingt, Abhilfe bei Starkregenereignissen
schaffen, indem das Wasser im Substrat länger gespeichert und erst nach und nach in die
Kanalisation abgegeben wird. Im Vergleich zu konventioneller Dachbedeckung bietet produktive
Dachbegrünung wesentlich mehr Vorzüge und sollte aufgrund administrativer und statischer
Voraussetzung bereits in der Planung neuer Gebäude berücksichtigt werden (Proksch 2011). Doch
welche Art Dachfläche eignet sich für eine solche landwirtschaftliche Nutzung? Benötigt der
Gemüseanbau in der Höhe zusätzliche Bewässerung? Und kann der Bedarf an Lebensmitteln über
Dachfarmen überhaupt gedeckt werden?</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik6.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik6.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; IST DACHFLÄCHE GLEICH DACHFLÄCHE?</p> <p>&bullet; IST DACHFLÄCHE GLEICH DACHFLÄCHE?</p>
<p>Nicht alle Dachflächen eignen sich für urbane Landwirtschaft. Um nutzbare Dachflächen zu lokalisieren, werden Informationen zu Dachneigungswinkel, Angaben zur Größe der Dachflächen sowie Daten zur Gebäudegeometrie benötigt. Im Rahmen des Projekts wurden CityGML-Daten für das neu entstehende Rosensteinviertel verwendet, um 3D-Gebäudeobjekte in Bezug auf ihre Geometrie, Topologie und Ausgestaltung beurteilen zu können. Als geeignete Dachflächen wurden dabei Dächer mit einem Neigungswinkel von unter 10° gewählt. Da alle Gebäude im Rosensteinviertel neu gebaut werden und somit den neuesten Energieeffizienzstandards entsprechen, wurde für die Berechnungen angenommen, dass die Dächer intensiv begrünt und mit PV-Anlagen ausgestattet werden. </p> <p>Nicht alle Dachflächen eignen sich für urbane Landwirtschaft. Um nutzbare Dachflächen zu
<p>SimStadt ist ein Simulationsprogramm für urbane Systeme, das an der HFT Stuttgart entwickelt wurde. Für reale städtebauliche Situationen oder Planungen können Energieanalysen von einzelnen Gebäuden, Stadtteilen, Städten und Regionen durchgeführt werden. Die Anwendungsszenarien reichen von hochauflösenden Simulationen des Wärmebedarfs von Gebäuden, über Potenzialstudien für Photovoltaik bis hin zur Simulation regenerativer Energieversorgungsszenarien für Gebäudesanierungen. Damit ist SimStadt in der Lage, Architekten, Ingenieurbüros, Stadtplanenden und Kommunen bei integrierten Planungsprozessen und bei der Definition von Maßnahmen zur nachhaltigen (Um-)Gestaltung von Gebäuden und Quartieren maßgeblich zu begleiten (HFT Stuttgart 2021).</p> lokalisieren, werden Informationen zu Dachneigungswinkel, Angaben zur Größe der Dachflächen
<p>Die wichtigste geografische Eingabe für SimStadt sind die zuvor vorgestellten CityGML 3D-Gebäudemodelle. Dafür wird für die Berechnung des Rosensteinviertels ein 3D-Gebäudemodell im LoD1 CityGML-Format auf Grundlage des Planungsstands 2019 von ASP Architekten erstellt. In einem gemeinsamen Analyseschritt, dem sog. »Geometric Preprocessor« wird die vollständige Geometrie des Modells analysiert und die Dachfläche, die Ausrichtung und der Dachneigungswinkel angegeben. Die Information zu Dachfläche und -winkel ist entscheidend für die Ermittlung der für die Bewirtschaftung geeig-neten Dachflächen. Basierend auf diesem Datenmodell wurde eine nutzbare Gesamtdachfläche von 76.821 m² für das Rosensteinviertel ermittelt. </p> sowie Daten zur Gebäudegeometrie benötigt. Im Rahmen des Projekts wurden CityGML-Daten für das
neu entstehende Rosensteinviertel verwendet, um 3D-Gebäudeobjekte in Bezug auf ihre Geometrie,
Topologie und Ausgestaltung beurteilen zu können. Als geeignete Dachflächen wurden dabei Dächer
mit einem Neigungswinkel von unter 10° gewählt. Da alle Gebäude im Rosensteinviertel neu gebaut
werden und somit den neuesten Energieeffizienzstandards entsprechen, wurde für die Berechnungen
angenommen, dass die Dächer intensiv begrünt und mit PV-Anlagen ausgestattet werden. </p>
<p>SimStadt ist ein Simulationsprogramm für urbane Systeme, das an der HFT Stuttgart entwickelt
wurde. Für reale städtebauliche Situationen oder Planungen können Energieanalysen von einzelnen
Gebäuden, Stadtteilen, Städten und Regionen durchgeführt werden. Die Anwendungsszenarien reichen
von hochauflösenden Simulationen des Wärmebedarfs von Gebäuden, über Potenzialstudien für
Photovoltaik bis hin zur Simulation regenerativer Energieversorgungsszenarien für
Gebäudesanierungen. Damit ist SimStadt in der Lage, Architekten, Ingenieurbüros, Stadtplanenden
und Kommunen bei integrierten Planungsprozessen und bei der Definition von Maßnahmen zur
nachhaltigen (Um-)Gestaltung von Gebäuden und Quartieren maßgeblich zu begleiten (HFT Stuttgart
2021).</p>
<p>Die wichtigste geografische Eingabe für SimStadt sind die zuvor vorgestellten CityGML
3D-Gebäudemodelle. Dafür wird für die Berechnung des Rosensteinviertels ein 3D-Gebäudemodell im
LoD1 CityGML-Format auf Grundlage des Planungsstands 2019 von ASP Architekten erstellt. In einem
gemeinsamen Analyseschritt, dem sog. »Geometric Preprocessor« wird die vollständige Geometrie
des Modells analysiert und die Dachfläche, die Ausrichtung und der Dachneigungswinkel angegeben.
Die Information zu Dachfläche und -winkel ist entscheidend für die Ermittlung der für die
Bewirtschaftung geeig-neten Dachflächen. Basierend auf diesem Datenmodell wurde eine nutzbare
Gesamtdachfläche von 76.821 m² für das Rosensteinviertel ermittelt. </p>
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik7.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik7.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<p>Da die Gebäude wie anfangs beschrieben mit Photovoltaik ausgestattet sein sollen, wurde für die weitere Berechnung ein Flächenverbrauch von 20% für technische Gebäudeausrüstung und 50% für PV-Anlagen angenommen, sodass ein Anteil von ca. 30 % (23.046 m²) für urbane Landwirtschaft genutzt werden kann.</p> <p>Da die Gebäude wie anfangs beschrieben mit Photovoltaik ausgestattet sein sollen, wurde für die
weitere Berechnung ein Flächenverbrauch von 20% für technische Gebäudeausrüstung und 50% für
PV-Anlagen angenommen, sodass ein Anteil von ca. 30 % (23.046 m²) für urbane Landwirtschaft
genutzt werden kann.</p>
<p>&bullet; HAT URBANE LANDWIRTSCHAFT POTENZIAL IM ROSENSTEINVIERTEL</p> <p>&bullet; HAT URBANE LANDWIRTSCHAFT POTENZIAL IM ROSENSTEINVIERTEL</p>
<p>Welche Menge an Lebensmitteln kann direkt in Stuttgart lokal vor Ort produziert werden? Wie hoch ist der Wasserbedarf? Um diese Fragen zu beantworten, wurde der Ernteertrag sowie der Wasserbedarf für vier typische Kulturpflanzen simuliert. Dazu wurde das Pflanzenwachstumsmodell AquaCrop verwendet, welches von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) entwickelt wurde. AquaCrop simuliert den Ertrag eines Pflanzentyps in Bezug auf Niederschlagsmengen, Bewässerung sowie Bodenbeschaffenheit (FAO 2022). Die Szenarien mit und ohne Bewässerung wurden auf sogenannten schluffigen (die Korngröße der Teilchen liegt zwischen Sand und Ton) Böden und unter Stuttgarter Klima simuliert.</p> <p>Welche Menge an Lebensmitteln kann direkt in Stuttgart lokal vor Ort produziert werden? Wie hoch
<p>Grundsätzlich sind sowohl zentrale als auch dezentrale Bewässerungssysteme denkbar, die auf Dächern oder in Gärten installiert werden können. Ein Bewässerungssystem kann im Stadtviertel erfolgreich genutzt werden, wenn das Regenwasser auf Dächern gesammelt wird, der Wassertank groß genug ist und mehrere Pumpen für das Bewässerungssystem vorhanden sind.</p> ist der Wasserbedarf? Um diese Fragen zu beantworten, wurde der Ernteertrag sowie der
Wasserbedarf für vier typische Kulturpflanzen simuliert. Dazu wurde das Pflanzenwachstumsmodell
AquaCrop verwendet, welches von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten
Nationen (FAO) entwickelt wurde. AquaCrop simuliert den Ertrag eines Pflanzentyps in Bezug auf
Niederschlagsmengen, Bewässerung sowie Bodenbeschaffenheit (FAO 2022). Die Szenarien mit und
ohne Bewässerung wurden auf sogenannten schluffigen (die Korngröße der Teilchen liegt zwischen
Sand und Ton) Böden und unter Stuttgarter Klima simuliert.</p>
<p>Grundsätzlich sind sowohl zentrale als auch dezentrale Bewässerungssysteme denkbar, die auf
Dächern oder in Gärten installiert werden können. Ein Bewässerungssystem kann im Stadtviertel
erfolgreich genutzt werden, wenn das Regenwasser auf Dächern gesammelt wird, der Wassertank groß
genug ist und mehrere Pumpen für das Bewässerungssystem vorhanden sind.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Insight4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik9.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik9.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die erste Tabelle zeigt für verschiedene Kulturpflanzen den Ertrag in Abhängigkeit von Niederschlag und Wasserbedarf in einer Pflanzperiode. Dabei wurden unterschiedliche Parameter wie zum Beispiel Verdunstung, Versickerung und Wasserzufuhr durch Bewässerungssysteme in die Simulation miteinbezogen. In der Berechnung wird angenommen, dass im Falle einer künstlichen Bewässerung der Wassergehalt des Bodens auf 90% Bodenfeuchtigkeit gehalten wird.</p> <p>Die erste Tabelle zeigt für verschiedene Kulturpflanzen den Ertrag in Abhängigkeit von
<p>Die Simulationsergebnisse zeigen, dass bei Kartoffeln der Boden während der gesamten Wachstumsperiode feucht bleibt. Alle Werte der Szenarien »ohne Bewässerung« und »mit Bewässerung« sind hier identisch, da Kartoffeln einen geringen Wasserbedarf haben und daher keine zusätzliche Bewässerung benötigen. Für Karotten sind nasse Böden nicht ideal, wodurch der Ertrag geringer ausfällt (– 41 %). Bei Tomate und Salat steigert sich der Ertrag hingegen um bis zu 9 %. Die Ergebnisse machen deutlich, dass der Niederschlag im Stuttgarter Klima den Wasserbedarf der Pflanzen vollständig decken kann. Eine zusätzliche Bewässerung kann den Ertrag nur bei Tomaten und Salat geringfügig steigern. Wendet man diese Werte auf die angenommene nutzbare Dachfläche von 23.046 m² an und teilt diese Fläche gleichmäßig auf die vier Kulturarten auf, können potenziell 6,9 Tonnen Kartoffeln, 7,5 Tonnen Tomaten und zusammen genommen 8,1 Tonnen Karotten und Salat pro Jahr im Rosensteinviertel lokal produziert werden.</p> Niederschlag und Wasserbedarf in einer Pflanzperiode. Dabei wurden unterschiedliche Parameter
wie zum Beispiel Verdunstung, Versickerung und Wasserzufuhr durch Bewässerungssysteme in die
Simulation miteinbezogen. In der Berechnung wird angenommen, dass im Falle einer künstlichen
Bewässerung der Wassergehalt des Bodens auf 90% Bodenfeuchtigkeit gehalten wird.</p>
<p>Die Simulationsergebnisse zeigen, dass bei Kartoffeln der Boden während der gesamten
Wachstumsperiode feucht bleibt. Alle Werte der Szenarien »ohne Bewässerung« und »mit
Bewässerung« sind hier identisch, da Kartoffeln einen geringen Wasserbedarf haben und daher
keine zusätzliche Bewässerung benötigen. Für Karotten sind nasse Böden nicht ideal, wodurch der
Ertrag geringer ausfällt (– 41 %). Bei Tomate und Salat steigert sich der Ertrag hingegen um bis
zu 9 %. Die Ergebnisse machen deutlich, dass der Niederschlag im Stuttgarter Klima den
Wasserbedarf der Pflanzen vollständig decken kann. Eine zusätzliche Bewässerung kann den Ertrag
nur bei Tomaten und Salat geringfügig steigern. Wendet man diese Werte auf die angenommene
nutzbare Dachfläche von 23.046 m² an und teilt diese Fläche gleichmäßig auf die vier Kulturarten
auf, können potenziell 6,9 Tonnen Kartoffeln, 7,5 Tonnen Tomaten und zusammen genommen 8,1
Tonnen Karotten und Salat pro Jahr im Rosensteinviertel lokal produziert werden.</p>
<p>&bullet; MUSS ICH NOCH GEMÜSE KAUFEN?</p> <p>&bullet; MUSS ICH NOCH GEMÜSE KAUFEN?</p>
<p>Ein Dachgarten ist eine attraktive Möglichkeit für die Bewohner:innen des Rosensteinviertels, sich auf dem Dach zu treffen, sich sozial zu vernetzen sowie gemeinschaftlich und lokal Gemüse anzubauen. Damit steigt der Selbstversorgungsgrad. </p> <p>Ein Dachgarten ist eine attraktive Möglichkeit für die Bewohner:innen des Rosensteinviertels,
<p>Am Beispiel des Rosensteinviertels wurde der Nahrungsmittelbedarf für Kartoffeln, Tomaten und sonstige Gemüsesorten für ca. 5.800 zukünftige Bewohner:innen berechnet. Der Pro-Kopf-Nahrungsmittelbedarf wird von der FAO (FAO 2022) angegeben. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass die lokale Lebensmittelproduktion auf den Dachflächen des Rosensteinviertels nicht ausreichen würde, um den gesamten Lebensmittelbedarf in diesem dicht besiedelten Stadtteil zu decken. Wird die verfügbare Dachfläche mit allen vier Kulturpflanzenarten gleichermaßen bewirtschaftet, können die vor Ort produzierten Tomaten beispielsweise lediglich 9% des vorhandenen Bedarfs der Anwohner:innen decken. Bei Kartoffeln und den anderen beiden Gemüsesorten sind es sogar nur 2%.</p> sich auf dem Dach zu treffen, sich sozial zu vernetzen sowie gemeinschaftlich und lokal Gemüse
anzubauen. Damit steigt der Selbstversorgungsgrad. </p>
<p>Am Beispiel des Rosensteinviertels wurde der Nahrungsmittelbedarf für Kartoffeln, Tomaten und
sonstige Gemüsesorten für ca. 5.800 zukünftige Bewohner:innen berechnet. Der
Pro-Kopf-Nahrungsmittelbedarf wird von der FAO (FAO 2022) angegeben. Die Simulationsergebnisse
zeigen, dass die lokale Lebensmittelproduktion auf den Dachflächen des Rosensteinviertels nicht
ausreichen würde, um den gesamten Lebensmittelbedarf in diesem dicht besiedelten Stadtteil zu
decken. Wird die verfügbare Dachfläche mit allen vier Kulturpflanzenarten gleichermaßen
bewirtschaftet, können die vor Ort produzierten Tomaten beispielsweise lediglich 9% des
vorhandenen Bedarfs der Anwohner:innen decken. Bei Kartoffeln und den anderen beiden
Gemüsesorten sind es sogar nur 2%.</p>
<img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik8.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel4_Grafik8.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
...@@ -164,18 +319,27 @@ ...@@ -164,18 +319,27 @@
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Auch wenn der Bedarf der Bewohner:innen im angenommenen Fall nur zu einem kleinen Teil gedeckt werden kann, ist das dennoch kein Grund, die Idee der urbanen Landwirtschaft im Viertel gleich komplett zu verwerfen. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Bevölkerung und knapper werdenden landwirtschaftlichen Flächen lohnt es sich, dem Experiment auf den Stadtdächern mit Substrat, Bepflanzung und Gebäudestruktur eine Chance zur Optimierung zu geben. So könnte sich beispielsweise durch eine synergetische Nutzung der Dachfläche für Photovoltaik und Landwirtschaft der zur Produktion verfügbare Flächenanteil erheblich vergrößern. Darüber hinaus profitieren die Bewohner:innen schließlich auch ohne absolute Versorgungssicherheit gemeinschaftlich und ganz persönlich vom sozialen Kapital der Dachgärten (Pryor/Wang 2019; Grefe 2022).</p> <p>Auch wenn der Bedarf der Bewohner:innen im angenommenen Fall nur zu einem kleinen Teil gedeckt
werden kann, ist das dennoch kein Grund, die Idee der urbanen Landwirtschaft im Viertel gleich
komplett zu verwerfen. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Bevölkerung und knapper werdenden
landwirtschaftlichen Flächen lohnt es sich, dem Experiment auf den Stadtdächern mit Substrat,
Bepflanzung und Gebäudestruktur eine Chance zur Optimierung zu geben. So könnte sich
beispielsweise durch eine synergetische Nutzung der Dachfläche für Photovoltaik und
Landwirtschaft der zur Produktion verfügbare Flächenanteil erheblich vergrößern. Darüber hinaus
profitieren die Bewohner:innen schließlich auch ohne absolute Versorgungssicherheit
gemeinschaftlich und ganz persönlich vom sozialen Kapital der Dachgärten (Pryor/Wang 2019; Grefe
2022).</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -20,8 +20,8 @@ ...@@ -20,8 +20,8 @@
background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%, background: linear-gradient(180deg, rgba(255,255,255,1) 0%, rgba(255,255,255,1) 48%,
rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);"> rgba(255,255,255,0.5242471988795518) 100%);">
<h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span> <h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span>
<span <span style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;"
style="text-align:right; font-size: 0.7em; float:right;margin-top: 0.3em; margin-right:1em;" class="Ch_header">5 POTENZIALE DIGITALER WERKZEUGE</span> class="Ch_header">5 POTENZIALE DIGITALER WERKZEUGE</span>
</h1> </h1>
</div> </div>
...@@ -40,33 +40,88 @@ ...@@ -40,33 +40,88 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Lafrance u.a. (2017) definiert den Prozess der Bürger:innenbeteiligung als einen Weg, auf dem Bürger:innen ihre Lebensumstände und -bedürfnisse effektiv teilen können, indem sie der Regierung ihre Probleme und Forderungen für ihre Nachbarschaft, ihre Stadt und ihr Land mitteilen. Eine solche Kommunikation unterstützt den Entscheidungsfindungsprozess und stärkt die Demokratie und das Vertrauen der Bürger:innen in die Regierung, indem sie eine Plattform und Möglichkeiten bietet, sich an der Gestaltung einer intelligenteren, besseren Welt von morgen zu beteiligen. Ein Ergebnis, das für die Bürger:innen, die Stadtplaner:innen und die Regierung wertvoll ist und mit der Zustimmung der Öffentlichkeit erzielt wurde, wird von allen akzeptiert und trägt zu einem erfolgreichen Projekt bei.</p> <p>Lafrance u.a. (2017) definiert den Prozess der Bürger:innenbeteiligung als einen Weg, auf dem
Bürger:innen ihre Lebensumstände und -bedürfnisse effektiv teilen können, indem sie der
Regierung ihre Probleme und Forderungen für ihre Nachbarschaft, ihre Stadt und ihr Land
mitteilen. Eine solche Kommunikation unterstützt den Entscheidungsfindungsprozess und stärkt die
Demokratie und das Vertrauen der Bürger:innen in die Regierung, indem sie eine Plattform und
Möglichkeiten bietet, sich an der Gestaltung einer intelligenteren, besseren Welt von morgen zu
beteiligen. Ein Ergebnis, das für die Bürger:innen, die Stadtplaner:innen und die Regierung
wertvoll ist und mit der Zustimmung der Öffentlichkeit erzielt wurde, wird von allen akzeptiert
und trägt zu einem erfolgreichen Projekt bei.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik1.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik1.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>&bullet; POTENZIALE DER DIGITALISIERUNG</p> <p>&bullet; POTENZIALE DER DIGITALISIERUNG</p>
<p>Herkömmliche Beteiligungsprozesse vor Ort finden in der Regel an Werktagen an einem festen Ort und zu einer festen Zeit statt. Dies steht für potenzielle Teilnehmende oft im Konflikt mit privaten oder geschäftlichen Verpflichtungen und lässt sie gar nicht oder nicht in vollem Um-fang teilnehmen (Kingston 2007). Die Art und Weise, wie Menschen das Internet für Kommunikation und Interaktion mit anderen nutzen, verändert sich. Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) stellt für diese Entwicklung eine realistische Ergänzung dar, da persönliche Treffen zunehmend durch Online-Meeting-Anwendungen und mobile Technologien mit 4G/5G-Diensten abgelöst werden. Solche Innovationen haben auch dazu geführt, dass sich politische Systeme verschiedener Länder anpassen und reaktionsfähiger, transparenter sowie auf eine öffentlichkeitsorientierte Politik für eine bessere Regierungsführung und ein nachhaltiges städtisches Umfeld ausgerichtet werden. Dies führte zur Prägung einer neuen Terminologie, der E-Partizipation, die zusammen mit der E-Demokratie das E-Government bildet.</p> <p>Herkömmliche Beteiligungsprozesse vor Ort finden in der Regel an Werktagen an einem festen Ort
und zu einer festen Zeit statt. Dies steht für potenzielle Teilnehmende oft im Konflikt mit
privaten oder geschäftlichen Verpflichtungen und lässt sie gar nicht oder nicht in vollem
Um-fang teilnehmen (Kingston 2007). Die Art und Weise, wie Menschen das Internet für
Kommunikation und Interaktion mit anderen nutzen, verändert sich. Die Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT) stellt für diese Entwicklung eine realistische Ergänzung dar, da
persönliche Treffen zunehmend durch Online-Meeting-Anwendungen und mobile Technologien mit
4G/5G-Diensten abgelöst werden. Solche Innovationen haben auch dazu geführt, dass sich
politische Systeme verschiedener Länder anpassen und reaktionsfähiger, transparenter sowie auf
eine öffentlichkeitsorientierte Politik für eine bessere Regierungsführung und ein nachhaltiges
städtisches Umfeld ausgerichtet werden. Dies führte zur Prägung einer neuen Terminologie, der
E-Partizipation, die zusammen mit der E-Demokratie das E-Government bildet.</p>
<p>&bullet; NEUE WERKZEUGE, NEUE METHODEN</p> <p>&bullet; NEUE WERKZEUGE, NEUE METHODEN</p>
<p>Mit Innovationen bei den IKT-Werkzeugen ist die Nutzung einer digitalen Partizipationsplattform für die Bürger:innenbeteiligung in der Stadtplanung nicht neu. Darüber hinaus haben sich die traditionellen Planungsmethoden durch den Einsatz innovativer IKT-Werkzeuge und -Techniken stark verändert (Coors/Knapp 2007, Silva 2010). In den letzten Jahrzehnten wurden webbasierte Technologien, insbesondere webbasierte Geovisualisierungstools, in großem Umfang eingesetzt, um die Bürger:innenbeteiligung zu fördern. In der Forschungsliteratur wurden die Auswirkungen des Einsatzes von 2D-Webkarten und -Anwendungen zur Initiierung von Beteiligungsprozessen in Städten vielfach bestätigt (Ganapati 2010, Cars u. a. 2014, Narooie 2014, Hansen/Pauleit/Rall 2019). Obwohl 2D-Karten für die Weitergabe und Visualisierung von Informationen gut geeignet sind, zeigen sie Schwächen, wenn es darum geht, komplexe städtische Probleme möglichst effektiv darzustellen. Die zunehmende Entwicklung der 3D-Geovisualisierung der letzten Jahren hat es den Nutzer:innen hingegen ermöglicht, georeferenzierte 3D-Modelle ganzer Städte im Internet zu teilen und zu visualisieren.</p> <p>Mit Innovationen bei den IKT-Werkzeugen ist die Nutzung einer digitalen Partizipationsplattform
</div> für die Bürger:innenbeteiligung in der Stadtplanung nicht neu. Darüber hinaus haben sich die
traditionellen Planungsmethoden durch den Einsatz innovativer IKT-Werkzeuge und -Techniken stark
verändert (Coors/Knapp 2007, Silva 2010). In den letzten Jahrzehnten wurden webbasierte
Technologien, insbesondere webbasierte Geovisualisierungstools, in großem Umfang eingesetzt, um
die Bürger:innenbeteiligung zu fördern. In der Forschungsliteratur wurden die Auswirkungen des
Einsatzes von 2D-Webkarten und -Anwendungen zur Initiierung von Beteiligungsprozessen in Städten
vielfach bestätigt (Ganapati 2010, Cars u. a. 2014, Narooie 2014, Hansen/Pauleit/Rall 2019).
Obwohl 2D-Karten für die Weitergabe und Visualisierung von Informationen gut geeignet sind,
zeigen sie Schwächen, wenn es darum geht, komplexe städtische Probleme möglichst effektiv
darzustellen. Die zunehmende Entwicklung der 3D-Geovisualisierung der letzten Jahren hat es den
Nutzer:innen hingegen ermöglicht, georeferenzierte 3D-Modelle ganzer Städte im Internet zu
teilen und zu visualisieren.</p>
</div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik3.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Im Vergleich zu 2D-Karten hat die rasche Entwicklung webbasierter 3D-Geovisualisierungstools die Entwicklung interaktiver 3D-Anwendungen für die E-Partizipationsplattformen begünstigt und viele Vorteile in Bezug auf Kommunikation, Kooperation und insbesondere Partizipation gebracht (Coors/Knapp 2007). 3D-Geovisualisierung kann das Verständnis von Problemstellungen durch die Visualisierung eines Szenarios effektiv verbessern. Bisher bildeten virtuelle Globen wie beispielsweise Google Earth die Grundlage für webbasierte 3D-Visualisierungstools, die die 3D-Visualisierung weltweit revolutionierten. Diese frühen Visualisierungen hatten jedoch meist drei größere Einschränkungen: erstens einen Mangel an hochauflösenden 3D-Inhalten, zweitens die Notwendigkeit, ein Plugin für die Verwendung in einem Webbrowser herunterzuladen, und drittens eine geringe Leistung im Web.</p> <p>Im Vergleich zu 2D-Karten hat die rasche Entwicklung webbasierter 3D-Geovisualisierungstools die
Entwicklung interaktiver 3D-Anwendungen für die E-Partizipationsplattformen begünstigt und viele
Vorteile in Bezug auf Kommunikation, Kooperation und insbesondere Partizipation gebracht
(Coors/Knapp 2007). 3D-Geovisualisierung kann das Verständnis von Problemstellungen durch die
Visualisierung eines Szenarios effektiv verbessern. Bisher bildeten virtuelle Globen wie
beispielsweise Google Earth die Grundlage für webbasierte 3D-Visualisierungstools, die die
3D-Visualisierung weltweit revolutionierten. Diese frühen Visualisierungen hatten jedoch meist
drei größere Einschränkungen: erstens einen Mangel an hochauflösenden 3D-Inhalten, zweitens die
Notwendigkeit, ein Plugin für die Verwendung in einem Webbrowser herunterzuladen, und drittens
eine geringe Leistung im Web.</p>
<p>&bullet; BETEILIGUNGSPLATTFORM »KESSELKOMPASS«</p> <p>&bullet; BETEILIGUNGSPLATTFORM »KESSELKOMPASS«</p>
<p>Neue Implementierungen von Geo- und Webtechnologien wie CesiumJS oder ArcGIS for JavaScript API haben diese Einschränkungen überwunden. Diese wurden für die Entwicklung des Prototypen der Beteiligungsplattform »Kesselkompass« genutzt. Diese Plattform ist nicht nur schnell und einfach über einen Web-Viewer zugänglich, ohne dass ein Plugin erforderlich ist, sondern sie überträgt auch ein hochauflösendes 3D-Stadtmodell unter Verwendung der Standards des Open Geospatial Consortium (OGC) für CityGML und 3D Tiles.</p> <p>Neue Implementierungen von Geo- und Webtechnologien wie CesiumJS oder ArcGIS for JavaScript API
haben diese Einschränkungen überwunden. Diese wurden für die Entwicklung des Prototypen der
Beteiligungsplattform »Kesselkompass« genutzt. Diese Plattform ist nicht nur schnell und einfach
über einen Web-Viewer zugänglich, ohne dass ein Plugin erforderlich ist, sondern sie überträgt
auch ein hochauflösendes 3D-Stadtmodell unter Verwendung der Standards des Open Geospatial
Consortium (OGC) für CityGML und 3D Tiles.</p>
<p>Zusätzlich zur 3D-Umgebung beinhaltet die Plattform noch weitere essenzielle Elemente, wie beispiels-weise eine Anwendung für Umfragen. »Kesselkompass« nutzt zu diesem Zweck Unipark und das Open-Source Tool Limesurvey. Im Backend befindet sich dazu eine Partizipationsdatenbank, die auf einem Open-Source Apache Server gehostet und durch Fragebögen, welche über Limesurvey beantwortet werden, befüllt wird. Der Web-Viewer, basierend auf der VirtualCitySystems Map und einem CesiumJS Globe, wird über einen NodeJS Server gehostet.</p> <p>Zusätzlich zur 3D-Umgebung beinhaltet die Plattform noch weitere essenzielle Elemente, wie
<p>Die im »Kesselkompass« verwendeten 3D-Stadtmodelle wurden vom OGC-Standard der CityGML-Modelle in den OGC-Web-Streaming-Standard der 3D-Kachelmodelle konvertiert, um eine optimale Darstellung im Web zu gewährleisten. Die Gebäudedaten stammen aus verschiedenen Quellen: Das Basismodell in LoD1 (Level of Detail) wird von der HFT Stuttgart bereitgestellt, neuere Modelle oder Modelle in einem höheren LoD können ebenfalls integriert werden. Ist kein Modell vorhanden, kann mit einer Software wie ArcGIS CityEngine ein Modell generiert werden. </p> beispiels-weise eine Anwendung für Umfragen. »Kesselkompass« nutzt zu diesem Zweck Unipark und
das Open-Source Tool Limesurvey. Im Backend befindet sich dazu eine Partizipationsdatenbank, die
auf einem Open-Source Apache Server gehostet und durch Fragebögen, welche über Limesurvey
beantwortet werden, befüllt wird. Der Web-Viewer, basierend auf der VirtualCitySystems Map und
einem CesiumJS Globe, wird über einen NodeJS Server gehostet.</p>
<p>Die im »Kesselkompass« verwendeten 3D-Stadtmodelle wurden vom OGC-Standard der CityGML-Modelle in
den OGC-Web-Streaming-Standard der 3D-Kachelmodelle konvertiert, um eine optimale Darstellung im
Web zu gewährleisten. Die Gebäudedaten stammen aus verschiedenen Quellen: Das Basismodell in
LoD1 (Level of Detail) wird von der HFT Stuttgart bereitgestellt, neuere Modelle oder Modelle in
einem höheren LoD können ebenfalls integriert werden. Ist kein Modell vorhanden, kann mit einer
Software wie ArcGIS CityEngine ein Modell generiert werden. </p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight2.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight2.png" style=" width: 80%;
...@@ -74,12 +129,28 @@ ...@@ -74,12 +129,28 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Um wichtige Punkte für Beteiligungsprozesse zu markieren, verfügt die Plattform über eine Markerfunktion. So können bestimmte Icons an bestimmten Stellen in der 3D-Umgebung angezeigt werden. Sie bieten auch die Möglichkeit, Bilder oder Text in einer Pop-Up-Sprechblase anzuzeigen, die aufgerufen wird, wenn der Marker angeklickt wird. Des Weiteren können Nutzer:innen auch neue Marker setzen, um ihre Meinungen in den Prozess mit einzubringen. Da nicht alle Informationen in einer Pop-Up-Sprechblase untergebracht werden können, bietet die Plattform darüber hinaus einen zusätzlichen Bereich für Informationen. </p> <p>Um wichtige Punkte für Beteiligungsprozesse zu markieren, verfügt die Plattform über eine
<p>An der HFT Stuttgart wird unabhängig von der Plattform »Kesselkompass« die Simulationssoftware SimStadt entwickelt. SimStadt ermöglicht es, anhand von 3D-Modellen (im CityGML-Format) und Metadaten der Gebäude Simulationen z.B. des Wärmeenergie-, Wasser- und Nahrungsmittelbedarfs und der Dach-Photovoltaik sowie der städtischen Grünpotenziale durchzuführen. Diese Ergebnisse können in den Kesselkompass integriert und in einer zusätzlichen Informationsebene für Bürger:innen verständlich visualisiert werden.</p> Markerfunktion. So können bestimmte Icons an bestimmten Stellen in der 3D-Umgebung angezeigt
<p>Zudem sind Informationen zur aktuellen Verkehrssituation integriert, die durch eine HERE API Instanz (Anwendungsprogrammierschnittstelle für einen Online-Geodatendienst) bezogen werden. Darüber hinaus werden akustische Simulationsergebnisse in die Plattform integriert, um Nutzer:innen über die Lärmentwicklung verschiedener Verkehrsformen zu informieren.</p> werden. Sie bieten auch die Möglichkeit, Bilder oder Text in einer Pop-Up-Sprechblase
anzuzeigen, die aufgerufen wird, wenn der Marker angeklickt wird. Des Weiteren können
Nutzer:innen auch neue Marker setzen, um ihre Meinungen in den Prozess mit einzubringen. Da
nicht alle Informationen in einer Pop-Up-Sprechblase untergebracht werden können, bietet die
Plattform darüber hinaus einen zusätzlichen Bereich für Informationen. </p>
<p>An der HFT Stuttgart wird unabhängig von der Plattform »Kesselkompass« die Simulationssoftware
SimStadt entwickelt. SimStadt ermöglicht es, anhand von 3D-Modellen (im CityGML-Format) und
Metadaten der Gebäude Simulationen z.B. des Wärmeenergie-, Wasser- und Nahrungsmittelbedarfs und
der Dach-Photovoltaik sowie der städtischen Grünpotenziale durchzuführen. Diese Ergebnisse
können in den Kesselkompass integriert und in einer zusätzlichen Informationsebene für
Bürger:innen verständlich visualisiert werden.</p>
<p>Zudem sind Informationen zur aktuellen Verkehrssituation integriert, die durch eine HERE API
Instanz (Anwendungsprogrammierschnittstelle für einen Online-Geodatendienst) bezogen werden.
Darüber hinaus werden akustische Simulationsergebnisse in die Plattform integriert, um
Nutzer:innen über die Lärmentwicklung verschiedener Verkehrsformen zu informieren.</p>
<p>&bullet; CASE STUDY WEILIMDORF</p> <p>&bullet; CASE STUDY WEILIMDORF</p>
<p>»Kesselkompass« wurde als digitale Bürger:innenbeteiligungsplattform an verschiedenen Stuttgarter Untersuchungsgebieten wie dem Nordbahnhofviertel, Weißenhof und der Böckinger Straße aufbereitet und in Weilimdorf erfolgreich getestet.</p> <p>»Kesselkompass« wurde als digitale Bürger:innenbeteiligungsplattform an verschiedenen Stuttgarter
Untersuchungsgebieten wie dem Nordbahnhofviertel, Weißenhof und der Böckinger Straße aufbereitet
und in Weilimdorf erfolgreich getestet.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight3.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight3.png" style=" width: 80%;
...@@ -87,7 +158,23 @@ ...@@ -87,7 +158,23 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Fallstudie in Weilimdorf fand in Zusammenarbeit mit der STEG Stadtentwicklung GmbH und der Stadt Stuttgart statt. Da die Beteiligung aufgrund der Corona Pandemie nicht wie ursprünglich geplant analog stattfinden konnte, wurde die Plattform als nützliches Zusatztool genutzt. Zu diesem Zweck wurde sie speziell angepasst und durch Inhalte aus Weilimdorf ergänzt. Damit konnte erfolgreich ein Meinungsbild zu der Entwicklung eines Gebietes in Weilimdorf eingeholt werden. Den rund 500 Teilnehmenden wurden zusätzliche Fragen gestellt, um ihre Erfahrungen mit der Plattform zu bewerten und zu beurteilen. In diesem Prozess bewerteten die Teilnehmenden die Plattform allgemein sehr positiv. Auf die Frage wie zufrieden sie mit der Nutzung der Plattform waren, antworteten 19,2 % mit sehr zufrieden und 39,65 % mit eher zufrieden (Coors u. a. 2021). Die Teilnehmenden verteilten sich als Normalverteilung über die verschiedenen Altersgruppen. Dies in Verbindung mit der hohen Teilnehmer:innenzahl deutet darauf hin, dass eine digitale Komponente sehr nützlich zur Unterstützung von Partizipationsprozessen sein kann. Das spiegelt sich auch in den Antworten der Teilnehmenden auf die Frage, ob sie digitale Medien in der Beteiligung hilfreich finden, wider. Über 40 % der Teilnehmenden finden digitale Medien in Partizipationsprozessen hilfreich. Das lässt darauf schließen, dass Beteiligungsplattformen wie »Kesselkompass« zukünftig eine wertvolle Rolle bei der Beteiligung an Stadtentwicklungsprozessen spielen können.</p> <p>Die Fallstudie in Weilimdorf fand in Zusammenarbeit mit der STEG Stadtentwicklung GmbH und der
Stadt Stuttgart statt. Da die Beteiligung aufgrund der Corona Pandemie nicht wie ursprünglich
geplant analog stattfinden konnte, wurde die Plattform als nützliches Zusatztool genutzt. Zu
diesem Zweck wurde sie speziell angepasst und durch Inhalte aus Weilimdorf ergänzt. Damit konnte
erfolgreich ein Meinungsbild zu der Entwicklung eines Gebietes in Weilimdorf eingeholt werden.
Den rund 500 Teilnehmenden wurden zusätzliche Fragen gestellt, um ihre Erfahrungen mit der
Plattform zu bewerten und zu beurteilen. In diesem Prozess bewerteten die Teilnehmenden die
Plattform allgemein sehr positiv. Auf die Frage wie zufrieden sie mit der Nutzung der Plattform
waren, antworteten 19,2 % mit sehr zufrieden und 39,65 % mit eher zufrieden (Coors u. a. 2021).
Die Teilnehmenden verteilten sich als Normalverteilung über die verschiedenen Altersgruppen.
Dies in Verbindung mit der hohen Teilnehmer:innenzahl deutet darauf hin, dass eine digitale
Komponente sehr nützlich zur Unterstützung von Partizipationsprozessen sein kann. Das spiegelt
sich auch in den Antworten der Teilnehmenden auf die Frage, ob sie digitale Medien in der
Beteiligung hilfreich finden, wider. Über 40 % der Teilnehmenden finden digitale Medien in
Partizipationsprozessen hilfreich. Das lässt darauf schließen, dass Beteiligungsplattformen wie
»Kesselkompass« zukünftig eine wertvolle Rolle bei der Beteiligung an Stadtentwicklungsprozessen
spielen können.</p>
</div> </div>
...@@ -99,60 +186,130 @@ ...@@ -99,60 +186,130 @@
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Lärm stört das Wohlbefinden und kann bei dauerhafter Einwirkung die Gesundheit gefährden. Auch die EU hat dieses Problem erkannt und die Umgebungslärmrichtlinie erlassen (Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002), um so gesundheitsgefährdenden Umgebungslärm zu erkennen, zu verringern oder sogenannte ruhige Gebiete zu schützen.</p> <p>Lärm stört das Wohlbefinden und kann bei dauerhafter Einwirkung die Gesundheit gefährden. Auch
<p>Mit dieser Richtlinie werden drei Ziele bezüglich des Lärmmanagements verfolgt. In einer Bestandsaufnahme, der Lärmkartierung, werden die Belastungen durch die verschiedenen Lärmquellen bestimmt. Im zweiten Schritt werden die Informationen in Form von Lärmkarten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, um das Bewusstsein über die Risiken der Lärmeinwirkung zu schärfen. Der dritte Schritt ist die Lärmaktionsplanung in Form von Reduktionsmaßnahmen für lärmbelastete Gebiete oder Schutzmaßnahmen für ausgewiesene ruhige Gebiete. In dieser Phase ist die Verwaltung verpflichtet, die Öffent-lichkeit zu beteiligen. Aktuell wird häufig die erste Lärmaktionsplanung aus dem Jahr 2009 lediglich mit einer öffentlichen Bekanntmachung als Form der Bürger:innenbeteiligung fortgeschrieben.</p> die EU hat dieses Problem erkannt und die Umgebungslärmrichtlinie erlassen
(Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG vom 25.06.2002), um so gesundheitsgefährdenden Umgebungslärm
zu erkennen, zu verringern oder sogenannte ruhige Gebiete zu schützen.</p>
<p>Mit dieser Richtlinie werden drei Ziele bezüglich des Lärmmanagements verfolgt. In einer
Bestandsaufnahme, der Lärmkartierung, werden die Belastungen durch die verschiedenen Lärmquellen
bestimmt. Im zweiten Schritt werden die Informationen in Form von Lärmkarten der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht, um das Bewusstsein über die Risiken der Lärmeinwirkung zu schärfen. Der
dritte Schritt ist die Lärmaktionsplanung in Form von Reduktionsmaßnahmen für lärmbelastete
Gebiete oder Schutzmaßnahmen für ausgewiesene ruhige Gebiete. In dieser Phase ist die Verwaltung
verpflichtet, die Öffent-lichkeit zu beteiligen. Aktuell wird häufig die erste
Lärmaktionsplanung aus dem Jahr 2009 lediglich mit einer öffentlichen Bekanntmachung als Form
der Bürger:innenbeteiligung fortgeschrieben.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Alle fünf Jahre werden diese Schritte wiederholt, sodass ein aktueller Stand zeigt, ob durchgeführte Maßnahmen Wirkung zeigen oder neue betroffene Gebiete entstanden sind. Einen Überblick über die bereits durchgeführten Lärmkartierungen und anschließenden Lärm-aktionsplänen gibt das Umweltbundesamt (Umweltbundesamt (Hrsg.) 2021).</p> <p>Alle fünf Jahre werden diese Schritte wiederholt, sodass ein aktueller Stand zeigt, ob
durchgeführte Maßnahmen Wirkung zeigen oder neue betroffene Gebiete entstanden sind. Einen
Überblick über die bereits durchgeführten Lärmkartierungen und anschließenden Lärm-aktionsplänen
gibt das Umweltbundesamt (Umweltbundesamt (Hrsg.) 2021).</p>
<p>&bullet; KOMPLIZIERTE VERANTWORTLICHKEITEN</p> <p>&bullet; KOMPLIZIERTE VERANTWORTLICHKEITEN</p>
<p>Die EU-Richtlinie wurde in das nationale Recht anhand des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Bundes-Immissionsschutzgesetz BImSchG vom 17.05.2013) überführt. Der sechste Teil des Gesetzes befasst sich mit der Lärmminderungsplanung. Es ist dabei zu beachten, dass die Zuständigkeiten für die Lärmkartierung und Lärmaktionspläne bei unterschiedlichen Behörden liegen.</p> <p>Die EU-Richtlinie wurde in das nationale Recht anhand des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(Bundes-Immissionsschutzgesetz BImSchG vom 17.05.2013) überführt. Der sechste Teil des Gesetzes
befasst sich mit der Lärmminderungsplanung. Es ist dabei zu beachten, dass die Zuständigkeiten
für die Lärmkartierung und Lärmaktionspläne bei unterschiedlichen Behörden liegen.</p>
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
<p>Diese Verantwortlichkeiten zeigen, dass beispielsweise für die Landeshauptstadt Stuttgart drei unterschiedliche Web-Portale konsultiert werden müssen, um alle Lärmkarten einzusehen. Für die Öffentlichkeit sind diese Informationen nicht sofort ersichtlich und schränken eine Beteiligung daher ein. So müssten z.B. Lärmgeschädigte durch Fluglärm, Straßenverkehrs- und Schienenlärm sowohl bei den Beteiligungsprozessen des Regierungspräsidiums Stuttgart als auch denen der Kommunen und des Eisenbahn-Bundesamts teilnehmen.</p> <p>Diese Verantwortlichkeiten zeigen, dass beispielsweise für die Landeshauptstadt Stuttgart drei
unterschiedliche Web-Portale konsultiert werden müssen, um alle Lärmkarten einzusehen. Für die
Öffentlichkeit sind diese Informationen nicht sofort ersichtlich und schränken eine Beteiligung
daher ein. So müssten z.B. Lärmgeschädigte durch Fluglärm, Straßenverkehrs- und Schienenlärm
sowohl bei den Beteiligungsprozessen des Regierungspräsidiums Stuttgart als auch denen der
Kommunen und des Eisenbahn-Bundesamts teilnehmen.</p>
<p>&bullet; MEHR ÜBERSICHT IN DER LÄRMKARTIERUNG</p> <p>&bullet; MEHR ÜBERSICHT IN DER LÄRMKARTIERUNG</p>
<p>Eine kumulierte Lärmkarte, auch als Gesamtlärmkarte bezeichnet, ist die Zusammenführung der einzelnen Kartierungen nach Lärmart zu einer gemeinsamen Karte. Aktuell ist die Betrachtung einer solchen Gesamtlärmkarte nicht verpflichtend. Die Bedeutung einer solchen Kartierung wird jedoch deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in Deutschland 40 Millionen Menschen nicht nur von einer einzelnen, sondern meist von zwei oder mehr Lärmarten gleichzeitig betroffen sind. Die Gesamtbetrachtung ist daher als eine sinnvolle Ergänzung zu sehen. Durch die unterschiedlichen amtlichen Zuständigkeiten aufgrund von Lärmart ist die Bereitstellung einer Gesamtlärmkarte eine koordinative Herausforderung. In der Beteiligungsplattform »Kesselkompass« lässt sich die kumulierte Kartierung jedoch mithilfe standardisierter Datenformate komfortabel integrieren. Die Gesamtlärmkarte kann nach unterschiedlichen Betrachtungen bzw. Verfahren zusammengefügt werden:</p> <p>Eine kumulierte Lärmkarte, auch als Gesamtlärmkarte bezeichnet, ist die Zusammenführung der
einzelnen Kartierungen nach Lärmart zu einer gemeinsamen Karte. Aktuell ist die Betrachtung
einer solchen Gesamtlärmkarte nicht verpflichtend. Die Bedeutung einer solchen Kartierung wird
jedoch deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in Deutschland 40 Millionen Menschen nicht
nur von einer einzelnen, sondern meist von zwei oder mehr Lärmarten gleichzeitig betroffen sind.
Die Gesamtbetrachtung ist daher als eine sinnvolle Ergänzung zu sehen. Durch die
unterschiedlichen amtlichen Zuständigkeiten aufgrund von Lärmart ist die Bereitstellung einer
Gesamtlärmkarte eine koordinative Herausforderung. In der Beteiligungsplattform »Kesselkompass«
lässt sich die kumulierte Kartierung jedoch mithilfe standardisierter Datenformate komfortabel
integrieren. Die Gesamtlärmkarte kann nach unterschiedlichen Betrachtungen bzw. Verfahren
zusammengefügt werden:</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik6.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Grafik6.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>1. Übereinanderlegen der Lärmkarten</p> <p>1. Übereinanderlegen der Lärmkarten</p>
<p>2. Energetische Addition aller Lärmkarten</p> <p>2. Energetische Addition aller Lärmkarten</p>
<p>3. Wirkungsgerechte Addition der Lärmkarten mit allen Verkehrslärmquellen nach VDI 3722 Blatt 2:2013-05 (VDI e.V. (Hrsg.) 2013)</p> <p>3. Wirkungsgerechte Addition der Lärmkarten mit allen Verkehrslärmquellen nach VDI 3722 Blatt
<p>4. Wirkungsgerechte Lärmkartierung nach Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019) unter Einbeziehung der Lärmquelle Industrie</p> 2:2013-05 (VDI e.V. (Hrsg.) 2013)</p>
<p>Wirkungsgerecht bedeutet, dass die verschiedenen Lärmquellen mit unterschiedlichen akustischen Profilen sowohl spektral als auch temporal unterschiedliche Wirkungen auf die betroffenen Personen haben. So zeigen sich beispielsweise die Auswirkungen der verschiedenen Lärmquellenarten insbesondere nachts durch Schlafstörungen bei den Betroffenen. Eine einfache energetische Addition betrachtet diesen Aspekt nicht. Durch Untersuchungen wurden Dosis-Wirkungskurven bestimmt, die die kombinierte Einwirkung von Lärm berücksichtigen und somit eine Variante der Gesamtlärmbetrachtung darstellen.</p> <p>4. Wirkungsgerechte Lärmkartierung nach Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019) unter Einbeziehung der
<p>Die Umsetzung der Gesamtlärmkarte für Stuttgart über die Plattform »Kesselkompass« bietet sowohl einen Überblick über die Lärmsituation als auch die Möglichkeit der gesamtheitlichen Lärmbetrachtung und kann damit einen wertvollen Beitrag zur Lärmaktionsplanung liefern.</p> Lärmquelle Industrie</p>
<p>Wirkungsgerecht bedeutet, dass die verschiedenen Lärmquellen mit unterschiedlichen akustischen
Profilen sowohl spektral als auch temporal unterschiedliche Wirkungen auf die betroffenen
Personen haben. So zeigen sich beispielsweise die Auswirkungen der verschiedenen
Lärmquellenarten insbesondere nachts durch Schlafstörungen bei den Betroffenen. Eine einfache
energetische Addition betrachtet diesen Aspekt nicht. Durch Untersuchungen wurden
Dosis-Wirkungskurven bestimmt, die die kombinierte Einwirkung von Lärm berücksichtigen und somit
eine Variante der Gesamtlärmbetrachtung darstellen.</p>
<p>Die Umsetzung der Gesamtlärmkarte für Stuttgart über die Plattform »Kesselkompass« bietet sowohl
einen Überblick über die Lärmsituation als auch die Möglichkeit der gesamtheitlichen
Lärmbetrachtung und kann damit einen wertvollen Beitrag zur Lärmaktionsplanung liefern.</p>
<p>&bullet; RUHIGE GEBIETE – WO FÜHLE ICH MICH IN DER STADT WOHL?</p> <p>&bullet; RUHIGE GEBIETE – WO FÜHLE ICH MICH IN DER STADT WOHL?</p>
<p>In der Lärmaktionsplanung ist die Einrichtung von ruhigen Gebieten vorgesehen. Diese sollen als Erholungs- und Rückzugsorte dienen, an denen sich Menschen dem alltäglichen Lärm entziehen können. Die Auswahl und Einrichtung ruhiger Gebiete sind in den verschiedenen Gemeinden unterschiedlich weit fortgeschritten. Als schlüssige Auswahlkriterien wurden folgende Merkmale identifiziert: akustische Kriterien, Art der Flächennutzungen, Erholungs- und Tourismusfunktion, Lage bzw. Einzugsgebiet und Zugänglichkeit, Mindestgröße, Einschätzung der Bevölkerung und Umgang mit Störungen (Umweltbundesamt (Hrsg.) 2015).</p> <p>In der Lärmaktionsplanung ist die Einrichtung von ruhigen Gebieten vorgesehen. Diese sollen als
<p>Gerade in Ballungsräumen können nicht alle Kriterien gleichzeitig eingehalten werden, wie beispielsweise die Mindestgröße oder akustische Kriterien. Dies sollte kein Hinderungsgrund sein, ruhige Gebiete und Erholungsräume trotz leichter Lärmbelastung auszuweisen. Auch hier ist eine Gesamtlärmkarte für die Fachplanenden vorteilhaft, um potenzielle ruhige Gebiete zu identifizieren, die die akustischen Kriterien bereits erfüllen oder durch Maßnahmen erfüllen könnten.</p> Erholungs- und Rückzugsorte dienen, an denen sich Menschen dem alltäglichen Lärm entziehen
können. Die Auswahl und Einrichtung ruhiger Gebiete sind in den verschiedenen Gemeinden
unterschiedlich weit fortgeschritten. Als schlüssige Auswahlkriterien wurden folgende Merkmale
identifiziert: akustische Kriterien, Art der Flächennutzungen, Erholungs- und Tourismusfunktion,
Lage bzw. Einzugsgebiet und Zugänglichkeit, Mindestgröße, Einschätzung der Bevölkerung und
Umgang mit Störungen (Umweltbundesamt (Hrsg.) 2015).</p>
<p>Gerade in Ballungsräumen können nicht alle Kriterien gleichzeitig eingehalten werden, wie
beispielsweise die Mindestgröße oder akustische Kriterien. Dies sollte kein Hinderungsgrund
sein, ruhige Gebiete und Erholungsräume trotz leichter Lärmbelastung auszuweisen. Auch hier ist
eine Gesamtlärmkarte für die Fachplanenden vorteilhaft, um potenzielle ruhige Gebiete zu
identifizieren, die die akustischen Kriterien bereits erfüllen oder durch Maßnahmen erfüllen
könnten.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight4.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight4.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Außerdem erweist sich die Stadtbevölkerung hinsichtlich ihrer Auswahl von Aufenthaltsräumen im Außenraum ohnehin als sehr kreativ und nicht an den Kriterienkatalog für ruhige Gebiete, wie im Leitfaden des Verkehrsministeriums (Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (Hrsg.) 2019) vorgeschlagen, gebunden. So gaben beispielsweise die Teilnehmenden der Umfrage im Nordbahnhofviertel bei der Frage nach ihrem Lieblingsort und den dort wahrgenommenen Geräuschen den nahen Rosensteinpark und Schlossgarten als liebsten Aufenthaltsort an. Als wahrnehmbare Geräusche wurden jedoch interessanterweise neben vermutbaren Tier- und Naturgeräuschen auch Verkehr und Baustellenlärm genannt. Wie das Beispiel zeigt, ist also das Vorhandensein von Geräuschquellen, die klassischerweise als störend und belastend gelten, für die Bürger:innen kein Ausschlusskriterium für die gleichzeitige Definierung eines Lieblingsorts.</p> <p>Außerdem erweist sich die Stadtbevölkerung hinsichtlich ihrer Auswahl von Aufenthaltsräumen im
Außenraum ohnehin als sehr kreativ und nicht an den Kriterienkatalog für ruhige Gebiete, wie im
Leitfaden des Verkehrsministeriums (Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg (Hrsg.) 2019)
vorgeschlagen, gebunden. So gaben beispielsweise die Teilnehmenden der Umfrage im
Nordbahnhofviertel bei der Frage nach ihrem Lieblingsort und den dort wahrgenommenen Geräuschen
den nahen Rosensteinpark und Schlossgarten als liebsten Aufenthaltsort an. Als wahrnehmbare
Geräusche wurden jedoch interessanterweise neben vermutbaren Tier- und Naturgeräuschen auch
Verkehr und Baustellenlärm genannt. Wie das Beispiel zeigt, ist also das Vorhandensein von
Geräuschquellen, die klassischerweise als störend und belastend gelten, für die Bürger:innen
kein Ausschlusskriterium für die gleichzeitige Definierung eines Lieblingsorts.</p>
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight5.png" style=" width: 80%; <img src="Ch_Images/Kapitel5_Insight5.png" style=" width: 80%;
margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli"> margin-left: 3em; margin-right: 3em; margin-bottom: 2em;" alt="Italian Trulli">
</div> </div>
<div class="col-sm-6 p-6"> <div class="col-sm-6 p-6">
<p>Die Nutzung der Beteiligungsplattform »Kesselkompass« für die Abfrage der Lieblingsorte in Zusammenhang mit den jeweiligen Wohnvierteln der Teilnehmenden, könnte ausreichende Daten erheben, um die Maßnahmen rund um ruhige Gebiete zu unterstützen. Dieses Wissen ist nicht nur in der Lärmaktionsplanung äußerst hilfreich, sondern auch für die Stadtplanung ein wichtiger Anhaltspunkt. Sollte sich die Landeshauptstadt Stuttgart bei der neuen Runde der Lärmaktionsplanung für eine umfassende Bürger:innenbeteiligung entscheiden, wäre die Nutzung einer kartenbasierten Beteiligungsplattform eine sinnvolle Ergänzung zu den Informationsveranstaltungen. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Reichweite in der Bevölkerung zu erhöhen und auch das demografische Profilbild der Beteiligung zu erweitern.</p> <p>Die Nutzung der Beteiligungsplattform »Kesselkompass« für die Abfrage der Lieblingsorte in
Zusammenhang mit den jeweiligen Wohnvierteln der Teilnehmenden, könnte ausreichende Daten
erheben, um die Maßnahmen rund um ruhige Gebiete zu unterstützen. Dieses Wissen ist nicht nur in
der Lärmaktionsplanung äußerst hilfreich, sondern auch für die Stadtplanung ein wichtiger
Anhaltspunkt. Sollte sich die Landeshauptstadt Stuttgart bei der neuen Runde der
Lärmaktionsplanung für eine umfassende Bürger:innenbeteiligung entscheiden, wäre die Nutzung
einer kartenbasierten Beteiligungsplattform eine sinnvolle Ergänzung zu den
Informationsveranstaltungen. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Reichweite in der Bevölkerung
zu erhöhen und auch das demografische Profilbild der Beteiligung zu erweitern.</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -53,4 +53,4 @@ ...@@ -53,4 +53,4 @@
</footer> </footer>
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -3,7 +3,8 @@ ...@@ -3,7 +3,8 @@
<head> <head>
<meta charset="utf-8"> <meta charset="utf-8">
<meta name="keywords" content="Zukunft, Stadt, Labor, HFT, Stuttgart, Handlungsleitfaden, M4_LAB, Transfer, Hochschule, Technik" /> <meta name="keywords"
content="Zukunft, Stadt, Labor, HFT, Stuttgart, Handlungsleitfaden, M4_LAB, Transfer, Hochschule, Technik" />
<meta name="viewport" content="width=device-width, initial-scale=1"> <meta name="viewport" content="width=device-width, initial-scale=1">
<!-- <meta name="generator" content="GitLab Pages"> --> <!-- <meta name="generator" content="GitLab Pages"> -->
<title>ZUKUNFT STADT LABOR</title> <title>ZUKUNFT STADT LABOR</title>
...@@ -15,8 +16,8 @@ ...@@ -15,8 +16,8 @@
<body> <body>
<div class="page-wrap"> <div class="page-wrap">
<div class="header"> <div class="header">
<h1>&bullet; <h1>&bullet;
ZUKUNFT STADT LABOR</h1> ZUKUNFT STADT LABOR</h1>
</div> </div>
<div class="main"> <div class="main">
...@@ -68,4 +69,4 @@ ...@@ -68,4 +69,4 @@
</footer> </footer>
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -51,4 +51,4 @@ ...@@ -51,4 +51,4 @@
</footer> </footer>
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
...@@ -12,7 +12,72 @@ ...@@ -12,7 +12,72 @@
<link rel="stylesheet" href="../assets/css/importet.css"> <link rel="stylesheet" href="../assets/css/importet.css">
<style> <style>
.cover{margin-top:48px;display:flex}.cover img{width:250px;object-fit:contain;margin-bottom:auto;box-shadow:0 1px 4px -1px #00000069}.metadata{display:flex;flex-direction:column;margin-left:1em}.title{flex-grow:1;font-size:2em;font-weight:700}.metadata-item{display:flex;flex-direction:column;margin-top:24px}.download-item{display:flex;margin-top:24px}.metadata-name{border-bottom:1px solid #cacaca;border-image:linear-gradient(to right,#cacaca,#ffffff00) 1;margin-bottom:5px}.supervisors{display:flex;flex-direction:column}.button{background-color:#4caf50;border:none;color:#fff;padding:15px 32px;text-align:center;text-decoration:none;display:inline-block;font-size:16px}@media only screen and (max-width :450px){.cover{flex-wrap:wrap}.cover img{width:100%}} .cover {
margin-top: 48px;
display: flex
}
.cover img {
width: 250px;
object-fit: contain;
margin-bottom: auto;
box-shadow: 0 1px 4px -1px #00000069
}
.metadata {
display: flex;
flex-direction: column;
margin-left: 1em
}
.title {
flex-grow: 1;
font-size: 2em;
font-weight: 700
}
.metadata-item {
display: flex;
flex-direction: column;
margin-top: 24px
}
.download-item {
display: flex;
margin-top: 24px
}
.metadata-name {
border-bottom: 1px solid #cacaca;
border-image: linear-gradient(to right, #cacaca, #ffffff00) 1;
margin-bottom: 5px
}
.supervisors {
display: flex;
flex-direction: column
}
.button {
background-color: #4caf50;
border: none;
color: #fff;
padding: 15px 32px;
text-align: center;
text-decoration: none;
display: inline-block;
font-size: 16px
}
@media only screen and (max-width :450px) {
.cover {
flex-wrap: wrap
}
.cover img {
width: 100%
}
}
</style> </style>
</head> </head>
...@@ -31,8 +96,9 @@ ...@@ -31,8 +96,9 @@
<div id="projectlogo"></div> <div id="projectlogo"></div>
<div id="projectname"></div> <div id="projectname"></div>
</header> </header>
<a style="margin-left:50px; position: sticky;" target="_self" class="btn btn-sm btn btn-dark mt-1" href="index.html" target="_blank"> <a style="margin-left:50px; position: sticky;" target="_self" class="btn btn-sm btn btn-dark mt-1" href="index.html"
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> &#11164; Zurück zur Hauptseite</a> target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> &#11164; Zurück zur Hauptseite</a>
<div style="margin-top:-30px;" class="content"> <div style="margin-top:-30px;" class="content">
<h1>Handlungsleitfaden Stadtplanung</h1> <h1>Handlungsleitfaden Stadtplanung</h1>
<h2>Abstract</h2> <h2>Abstract</h2>
...@@ -59,12 +125,16 @@ ...@@ -59,12 +125,16 @@
<h5>Wirtschaftspsychologie <span class="content-subtitle text-muted">Partizipation?</span></h5> <h5>Wirtschaftspsychologie <span class="content-subtitle text-muted">Partizipation?</span></h5>
<img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt=""> <img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt="">
<div class="card-body"> <div class="card-body">
<p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator. <p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator.
Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b> Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b>
<i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Person</b>: <a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/sarah-lang" target="_blank"> Sarah Lang</a> <br><b> <i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Person</b>: <a
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/sarah-lang" target="_blank"> Sarah Lang</a> <br><b>
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank"> <i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/"
target="_blank">
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -73,12 +143,16 @@ ...@@ -73,12 +143,16 @@
<h5>Mobilität <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5> <h5>Mobilität <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5>
<img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt=""> <img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt="">
<div class="card-body"> <div class="card-body">
<p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator. <p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator.
Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b> Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b>
<i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Person</b>: <a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/tom-kwakman" target="_blank"> Tom Kwakman</a> <br><b> <i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Person</b>: <a
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/tom-kwakman" target="_blank"> Tom Kwakman</a> <br><b>
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank"> <i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/"
target="_blank">
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -87,12 +161,17 @@ ...@@ -87,12 +161,17 @@
<h5>Energie <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5> <h5>Energie <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5>
<img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt=""> <img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt="">
<div class="card-body"> <div class="card-body">
<p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator. <p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator.
Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b> Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b>
<i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Persons</b>: <a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/Keyu-bao" target="_blank"> Keyu Bao, </a><a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/Eric-duminil" target="_blank"> Eric Duminil</a> <br><b> <i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Persons</b>: <a
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/Keyu-bao" target="_blank"> Keyu Bao, </a><a
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/Eric-duminil" target="_blank"> Eric Duminil</a> <br><b>
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> <i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a
class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/"
target="_blank">
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -103,12 +182,17 @@ ...@@ -103,12 +182,17 @@
<h5>Stadtplanung <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5> <h5>Stadtplanung <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5>
<img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt=""> <img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt="">
<div class="card-body"> <div class="card-body">
<p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator. <p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator.
Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b> Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b>
<i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Persons</b>: <a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/carolin-lahode" target="_blank"> Carolin Lahode,</a><a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/sarah-ann-sutter" target="_blank"> Sarah Ann Sutter</a> <br><b> <i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Persons</b>: <a
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/carolin-lahode" target="_blank"> Carolin Lahode,</a><a
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/sarah-ann-sutter" target="_blank"> Sarah Ann Sutter</a> <br><b>
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> <i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a
class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/"
target="_blank">
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -117,12 +201,24 @@ ...@@ -117,12 +201,24 @@
<h5>Geoinformatik <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5> <h5>Geoinformatik <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5>
<img class="thumbimg" src='chapterIMG/3D-Beteiligungsplattform.png' alt=""> <img class="thumbimg" src='chapterIMG/3D-Beteiligungsplattform.png' alt="">
<div class="card-body"> <div class="card-body">
<p class="card-text-lg small">Partitizipationsprozesse können durch digitale Elemente ergänzt und für mehr Teilnehmende zugänglich gemacht werden. Diese wird am Beispiel einer Beteiligung in Weilimdorf gezeigt.<br><b> <p class="card-text-lg small">Partitizipationsprozesse können durch digitale Elemente ergänzt und für mehr
<i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Kontaktpersonen</b>: <a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/patrick-wuerstle" target="_blank"> Patrick Würstle,</a><a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/rushikesh-padsala" target="_blank"> Rushikesh Padsala</a> <br><b> Teilnehmende zugänglich gemacht werden. Diese wird am Beispiel einer Beteiligung in Weilimdorf
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Stichworte</b>: Stadtmodelle, Partizipation, 3D<br><a class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://transfer.hft-stuttgart.de/partizipation/" target="_blank"> gezeigt.<br><b>
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="https://www.hft-stuttgart.de/forschung/news/hft-forschende-entwickeln-in-kooperation-mit-steg-und-stadt-stuttgart-digitales-tool-fuer-beteiligungsprozesse-zur-entwicklungsplanung-von-staedten-und-gemeinden" target="_blank"> <i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Kontaktpersonen</b>: <a
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Projekt</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-info mt-1" href="https://www.int-arch-photogramm-remote-sens-spatial-inf-sci.net/XLVI-4-W1-2021/123/2021/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/patrick-wuerstle" target="_blank"> Patrick Würstle,</a><a
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Paper</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/rushikesh-padsala" target="_blank"> Rushikesh Padsala</a> <br><b>
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Stichworte</b>: Stadtmodelle, Partizipation, 3D<br><a
class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://transfer.hft-stuttgart.de/partizipation/"
target="_blank">
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1"
href="https://www.hft-stuttgart.de/forschung/news/hft-forschende-entwickeln-in-kooperation-mit-steg-und-stadt-stuttgart-digitales-tool-fuer-beteiligungsprozesse-zur-entwicklungsplanung-von-staedten-und-gemeinden"
target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Projekt</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-info mt-1"
href="https://www.int-arch-photogramm-remote-sens-spatial-inf-sci.net/XLVI-4-W1-2021/123/2021/"
target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Paper</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -131,12 +227,16 @@ ...@@ -131,12 +227,16 @@
<h5>Akustik <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5> <h5>Akustik <span class="content-subtitle text-muted"> iCity Project</span></h5>
<img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt=""> <img class="thumbimg" src="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/assets/img/iCity_network_1.svg" alt="">
<div class="card-body"> <div class="card-body">
<p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator. <p class="card-text-lg small">Learn about Intelligent Cities with our City Demonstrator.
Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b> Find out what makes our cities Liveable, Intelligent and Sustainable - the LIS city.<br><b>
<i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Person</b>: <a href="https://www.hft-stuttgart.de/p/alexander-lee" target="_blank"> Alexander Lee</a> <br><b> <i class="fas fa-user" aria-hidden="true"></i> Contact Person</b>: <a
<i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/" target="_blank"> href="https://www.hft-stuttgart.de/p/alexander-lee" target="_blank"> Alexander Lee</a> <br><b>
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank"> <i class="fas fa-star" aria-hidden="true"></i> Keywords</b>: Smart City, Participation, LIN Stadt<br><a
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p> class="btn btn-sm btn-outline-secondary mt-1" href="https://citydemonstrator.hft-stuttgart.de/"
target="_blank">
<i class="fas fa-search" aria-hidden="true"></i> Explore</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;<a
class="btn btn-sm btn-outline-success mt-1" href="http://icity.hft-stuttgart.de/#/" target="_blank">
<i class="fas fa-project-diagram" aria-hidden="true"></i> Project</a>&nbsp;&nbsp;&nbsp;</p>
</div> </div>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -144,25 +244,25 @@ ...@@ -144,25 +244,25 @@
<div class="cover"> <div class="cover">
<img src="cover.jpg"> <img src="cover.jpg">
<ul class="metadata"> <ul class="metadata">
<li class="metadata-item title"> <li class="metadata-item title">
Handlungsleitfaden Handlungsleitfaden
</li> </li>
<li class="metadata-item"> <li class="metadata-item">
<div class="metadata-name">Author*innen</div> <div class="metadata-name">Author*innen</div>
<div>Keyu Bao</div> <div>Keyu Bao</div>
<div>Eric Duminil</div> <div>Eric Duminil</div>
<div>Tom Kwakman</div> <div>Tom Kwakman</div>
<div>Carolin Lahode</div> <div>Carolin Lahode</div>
<div>Sarah Lang</div> <div>Sarah Lang</div>
<div>Alexander Lee</div> <div>Alexander Lee</div>
<div>Rushikesh Padsala</div> <div>Rushikesh Padsala</div>
<div>Amando Reber</div> <div>Amando Reber</div>
<div>Sarah Ann Sutter</div> <div>Sarah Ann Sutter</div>
<div>Patrick Würstle</div> <div>Patrick Würstle</div>
</li> </li>
<!-- <li class="metadata-item"> <!-- <li class="metadata-item">
<div class="metadata-name">Professor*innen</div> <div class="metadata-name">Professor*innen</div>
<div class="supervisors"> <div class="supervisors">
<div>Christina Simon-Philipp</div> <div>Christina Simon-Philipp</div>
...@@ -173,20 +273,20 @@ ...@@ -173,20 +273,20 @@
<div>2022</div> <div>2022</div>
</li> </li>
<li class="download-item"><a href="thesis.pdf" class="button" download>download</a></li> --> <li class="download-item"><a href="thesis.pdf" class="button" download>download</a></li> -->
</ul> </ul>
<ul class="metadata" style="margin-top:4em;"> <ul class="metadata" style="margin-top:4em;">
<li class="metadata-item"> <li class="metadata-item">
<div class="metadata-name">Professor*innen</div> <div class="metadata-name">Professor*innen</div>
<div class="supervisors"> <div class="supervisors">
<div>Christina Simon-Philipp</div> <div>Christina Simon-Philipp</div>
</div> </div>
</li> </li>
<li class="metadata-item"> <li class="metadata-item">
<div class="metadata-name">Year</div> <div class="metadata-name">Year</div>
<div>2022</div> <div>2022</div>
</li> </li>
<li class="download-item"><a href="thesis.pdf" class="button" download>download</a></li> <li class="download-item"><a href="thesis.pdf" class="button" download>download</a></li>
</ul> </ul>
</div> </div>
</div> </div>
...@@ -200,4 +300,4 @@ ...@@ -200,4 +300,4 @@
<!-- <script src="https://cdnjs.cloudflare.com/ajax/libs/bootstrap-select/1.6.2/js/bootstrap-select.min.js"></script> --> <!-- <script src="https://cdnjs.cloudflare.com/ajax/libs/bootstrap-select/1.6.2/js/bootstrap-select.min.js"></script> -->
</body> </body>
</html> </html>
\ No newline at end of file
Markdown is supported
0% or .
You are about to add 0 people to the discussion. Proceed with caution.
Finish editing this message first!
Please register or to comment