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der HFT Stuttgart als Forschungsmanager und Teamleiter im Projekt „Innovative Hochschule –
M4_LAB“.</p>
<p style="margin-bottom:0px !important; text-align:center !important;">&bullet; Email:
patrick.wuerstle@gmx.de</p>
amando.reber@hft-stuttgart.de</p>
<p style="margin-bottom:0px !important; text-align:center !important;"><a
href="https://www.linkedin.com/in/patrick-würstle-939027170">&bullet; LinkedIn</a></p>
href="https://www.linkedin.com/in/amando-reber">&bullet; LinkedIn</a></p>
<p style="margin-bottom:0px !important; text-align:center !important;"><a
href="https://www.researchgate.net/profile/Patrick-Wuerstle">&bullet; ResearchGate</a>
href="https://www.researchgate.net/profile/Amando-Reber">&bullet; ResearchGate</a>
</p>
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<p>&bullet; Heading 01</p>
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<p>&bullet; Erkenntnisse aus forschenden Experimentierräumen</p>
<p>Carolin Lahode, Sarah Lang-Lehmann, Amando Reber, Christina Simon-Philipp</p>
<p>Städte sind seit jeher in besonderem Maße »Schmelztiegel« gesellschaftlicher Prozesse und Entwicklungen. Hier werden Innovationen erdacht, neue Formen des sozialen Miteinanders erprobt und kulturelle Errungenschaften erzielt. Gleichzeitig stellen die Auswirkungen gesellschaftlicher und klimatischer Veränderungen die Städte vor immense Herausforderungen. Wohnungsmangel sowie soziale und kulturelle Segregation sind allgegenwärtig. Die im Rahmen des Klimawandels prognostizierten Extremwetterereignisse wie Starkregen, extreme Hitze und Trockenheit erfordern zukunftsweisende Strategien, Städte zu erneuern. Der Klimawandel kann nur durch beherzt und aktiv agierende Stadtgemeinschaften in seiner Wirkung gebremst werden. Die ausschließliche Nutzung von erneuerbaren Energien, die Senkung des Energieverbrauchs sowie der Schutz wichtiger Ressourcen und die Schaffung sozial nachhaltiger Gebäude und Freiräume bilden dabei die Basis eines progressiven Handelns. Bei allen notwendigen Schritten ist eine aktive Beteiligung der Stadtgesellschaft von großer Bedeutung.</p>
<p>An der Hochschule für Technik Stuttgart erforschen wir Zukunftsfragen der urbanen Entwicklung und erarbeiten Transferstrategien. Dabei öffnen wir in unterschiedlichen Disziplinen das Bewusstsein für die Vielschichtigkeit der Stadt. In fachübergreifenden Teams arbeiten wir eng mit der (Stadt)Gesellschaft zusammen und wenden in forschenden Experimentierräumen vielfältige kreative Methoden an. Nicht die Hochschule, sondern die Stadt ist das Forschungslabor. Wir verbinden Forschung mit Handeln und Erproben vor Ort. Daraus leiten wir Wissen für die Gestaltung einer nachhaltigen Stadt der Zukunft ab – klimakompetent, resilient und vernetzt. Wir möchten Metropolregionen für Morgen mitentwickeln, welche die Bedürfnisse heutiger und künftiger Generationen erfüllen. </p>
<p> Die Stadt Stuttgart mit ihrer speziellen Kessellage, den hohen baulichen Dichten und Versiegelungsgraden sowie dem Flächenmangel wird in naher Zukunft im Besonderen mit genannten Herausforderungen konfrontiert sein. Engagierte Bürger:innen, die Stärke der lokalen und regionalen Wirtschaft sowie die ortsansässige Expertise bieten die Möglichkeit, den beschriebenen Herausforderungen angemessene Lösungen entgegenzustellen. Durch den Beschluss des Gemeinderates zur Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzeptes besteht die Chance, die vielfältigen, teilweise konträren Entwicklungsziele in Einklang zueinander zu bringen. Mit dem neuen Rosensteinquartier entsteht mitten in Stuttgart auf ehemals überwiegend durch die Bahn genutzten Flächen ein neuer Stadtteil für mehrere tausend Menschen. Vor dem Hintergrund dieses für Stuttgart sehr bedeutenden Stadtentwicklungsprozesses wird sich in den kommenden Jahren zeigen, wie die Potenziale einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Stuttgart genutzt werden. </p>
<p> Die HFT Stuttgart leistet hierzu einen Beitrag und bringt über unterschiedliche Fachdisziplinen und Methoden aus den Forschungslaboren des M4_LAB ihre Expertise ein. M4_LAB steht für das Transferprojekt »Metropolregion 4.0 – Innovation und Transfer aus transdisziplinärer Forschung für energieeffiziente Stadtentwicklung, nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren in der Metropolregion Stuttgart«. Das Transfervorhaben der HFT Stuttgart wird von der Bund-Länder-Initiative »Innovative Hochschule« gefördert. In einem interdisziplinären Team junger Forscher:innen werden neue Konzepte für ein künftiges Zusammenleben im urbanen Raum entwickelt und ein fachübergreifender Blick auf das Thema Stadtentwicklung geworfen. Die Expert:innen aus dem Bereich (Urbane) Akustik entwickeln neue Konzepte und Methoden für die Planung und Sanierung von Quartieren in lärmbelasteten Gebieten und schärfen das Bewusstsein für Klang im Stadtraum. Das Team Energietechnik erarbeitet innovative Ansätze zur Analyse von Energiebedarfen und regenerativen Potenzialen von urbanen Bestandssituationen. Die Fachdisziplin Geoinformatik bereitet Forschungsergebnisse für Bürger:innen in digitaler Form in einem 3D Modell auf; es entsteht eine 3D-Visualisierung der Umgebung unter Bereitstellung digitaler Beteiligungsmöglichkeiten. Im Forschungsfeld Mobilitätsmanagement werden Mobilitätslösungen nutzer:innenzentriert entwickelt und projektbasierte Lehrformate zur Entwicklung von innovativen Mobilitätskonzepten in interdisziplinären Projektgruppen durchgeführt. Im querschnittsorientierten Bereich der Wirtschaftspsychologie werden Methoden zur Bewusstseinsbildung und Mobilitätsaufklärung erforscht, Hemmnisse abgebaut und somit Zugangshürden für nachhaltige Mobilität reduziert sowie Partizipationsprozesse begleitet und evaluiert. In der Disziplin der Stadtplanung geht es um die Aktivierung öffentlicher Räume für mehr soziale Interaktion und Kooperation in der Nachbarschaft sowie die Stärkung der Wahrnehmung und des Bewusstseins für den öffentlichen Raum im Quartier. In diesen Teams generieren wir unsere Forschungsfragen partizipativ. Die Antworten werden in forschenden Experimentierräumen im Quartier, in der Stadt, gemeinsam mit den Menschen gesucht. Am Beispiel des Stuttgarter Nordbahnhofviertels, das im Zuge der Rosensteinentwicklung eine bisher vernachlässigte Rolle spielt, wurden die Forschungsbemühungen im Rahmen des Experimentierraums »Labor Nordbahnhof« gesammelt. In Seminaren, Workshops und forschenden Interventionen mit Studierenden hat sich gezeigt, dass das »Labor Nordbahnhof« und die darin angewendeten Methoden sehr gut geeignet sind, um Wissen partizipativ zu generieren, Forschungserkenntnisse in die Breite zu tragen sowie die Vernetzung von Akteur:innen und die Bewusstseinsbildung zu fördern. Die Wissenschaft verlässt den »Elfenbeinturm Hochschule« und trägt dazu bei, Stadt gemeinschaftlich mit den Menschen vor Ort nachhaltig und zukunftsgerecht zu gestalten. </p>
<p> Wir wollen gemeinsam innovative Ansätze und Lösungen für eine ganzheitliche Stadtentwicklung finden und mit Hilfe kooperativer Forschungs- und Lehrformate unsere Expertisen in Stadtentwicklungsprozesse einbringen. Hierin sehen wir unseren Beitrag für eine transdisziplinäre Kooperation. Der Forschungs- und Transferprozess »Labor Nordbahnhof« hat zu wertvollen Erkenntnissen geführt, die in dieser Dokumentation zusammengefasst sind. Die hier beschriebenen Ansätze können einen wirksamen Beitrag zum Entwicklungsprozess Rosenstein leisten. In das Stadtentwicklungskonzept integriert und gemeinsam kooperativ weiterentwickelt, sehen wir die Chance für echte Transformation.</p>
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<p>&bullet; Heading 02</p>
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<p>&bullet; Warum transdisziplinär forschen?</p>
<p>Die Grenzen des unbedachten Wachstums und Technikfortschritts sind erreicht – das hat sich seit dem »Club of Rome« vor mittlerweile 50 Jahren mehr als bewahrheitet. Dass Nachhaltigkeit heute das Gebot der Stunde ist, spiegelt sich nicht zuletzt in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Vereinte Nationen 2019). Wissenschaft galt stets als Motor des Fortschritts. Doch indem die komplexen Aufgabenstellungen im Zuge des Klimaschutzes und die damit verbundene gesellschaftliche Transformation nicht mehr nur durch eine wissenschaftliche Disziplin beantwortbar sind, sondern sich gesamtgesellschaftlich auswirken, wächst die Notwendigkeit für eine Änderung des Wissenschaftssystems (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014). Bereits 2011 forderte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung (WBGU) in seinem jährlichen Bericht, dass die Wissenschaft gezielt auf die gesellschaftliche Transformation hinwirken soll. Die Forschung muss raus aus ihren theoretischen Überlegungen und unter Laborbedingungen konstruierten Modellversuchen, die der Komplexität und Unvorhersagbarkeit der gesellschaftlichen Realität nicht mehr Stand halten, rein in die urbane Wirklichkeit, wenn sie einen echten Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten will. Um die gesellschaftliche Transformation zu begleiten, ist eine Zusammenarbeit der Fachdisziplinen und die Entwicklung einer gemeinsamen wissenschaftlichen Sprache erforderlich. Denn auch wenn gemeinsame Forschung innerhalb der Natur- und Ingenieurswissenschaften bereits praktiziert wird, scheitert die Kooperation mit den Sozialwissenschaften oftmals noch an unterschiedlichen Zugängen und Methoden (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014).</p>
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<p>&bullet; WISSENSCHAFT OHNE WEISSEN KITTEL</p>
<p>Transdisziplinär und transformativ soll Forschung sein, wobei das eine nicht zwingend das andere einschließt. Transdisziplinäre Forschung gilt als Variante interdisziplinärer Forschung. Hier sind verschiedene wissenschaftliche Fachdisziplinen sowie Praxisakteur:innen gleichermaßen an der Wissensproduktion beteiligt. Dabei sollen die Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft nicht lediglich als Untersuchungsgegenstand gesehen werden oder als Echoraum für neue Erkenntnisse dienen, sondern gleichberechtigt in jeden Schritt der Forschung einbezogen werden. Kompetenz und Expertise machen sich in der transdisziplinären Forschung nicht durch traditionelles wissenschaftliches Wissen in einem Fachgebiet aus, sondern durch Kontextbezogenheit, um die gemeinsame Forschungsfrage aus unterschiedlichsten Blickwinkeln – und damit auch der Alltagsperspektive – zu beleuchten. Außerdem ist die Auseinandersetzung mit verschiedenen disziplinären Zugängen eine wertvolle Erfahrung für die beteiligten »Forschenden« selbst, die dadurch Wertschätzung gegenüber anderen Fachbereichen entwickeln und die Limitationen der eigenen Disziplin reflektieren (Defila/Di Giulio (Hrsg.) 2018a und 2018b, Schneidewind/Singer-Brodowski 2014).</p>
<p>Transdisziplinäre partizipative Forschung wird in dem Moment transformativ, in dem sie gezielt auf gesellschaftliche Veränderung gerichtet ist und nachhaltige Entwicklung anstößt (Schneidewind/Singer-Brodowski 2014). Reallabore sind dabei als spezifisches Format sehr in Mode und bieten den Rahmen für eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft. Seit das Land Baden-Württemberg mit seinem Förderprogramm »Reallabore - BaWü-Labs« und »Reallabor Stadt« 2015 insgesamt 14 Reallabore auf den Weg brachte (Staatsministerium Baden-Württemberg 2018), hat sich in der Reallaborforschung einiges getan. Eine einheitliche Definition und Abgrenzung der Methode besteht bisher dennoch nicht. Aus den bislang gemachten Erfahrungen und Berichten lassen sich einige Gütekriterien ableiten. Zu den wichtigsten Merkmalen zählt die Partizipation und das Co-Design mit den Praxisakteur:innen. In verschiedensten Formaten und Methoden, die teils auch dem modernen Innovationsmanagement entlehnt sind, werden Akteur:innen an allen Forschungsschritten beteiligt. Auch ein breites Spektrum an partizipierenden Fachdisziplinen, die den Transformationsprozess wissenschaftlich begleiten und permanent reflektieren, ist elementar. Schließlich sind Reallabore nicht rein auf die Entwicklung eines fertigen Produkts ausgerichtet, sondern versuchen, trotz Kontextgebundenheit der Forschung durch eine festgelegte Forschungsmethodik neues Wissen und modellhafte Übertragbarkeit herzustellen. Das erfordert einen langfristig angelegten Prozess, der die angestrebte Transformation begleitet (Parodi/Steglich 2021, Schneidewind 2018).</p>
<br>
<p>&bullet; DAS EXPERIMENT ALS FRAGE AN DIE GESELLSCHAFT</p>
<p>Die Stadt ist ein hervorragender Forschungsort für Vorhaben wie Reallabore, die zwischen Wissenschaft und Gesellschaft vermitteln. Im Sinne der Übertragbarkeit bietet sie ein fast vollständiges Abbild des sozio-technischen Gefüges. Durch ihre urbane Dynamik und Dichte sind Städte selbst Inkubatoren für gesellschaftliche Prozesse. Schließlich sah bereits die »Chicagoer Schule« die Stadt mit ihrer Komplexität und Unvorhersehbarkeit als Raum für soziale Experimente, die die Gesellschaft in ihrem Entwicklungsprozess unbewusst selbst durchführte. Im Zuge von gegenwärtiger und zukünftiger Unbestimmtheit ist das Experiment vielleicht die Praxis, mit der Spannung zwischen Wissen und Nichtwissen umzugehen (Böschen/Groß/Krohn (Hrsg.) 2017). Es ist Teil eines Lernprozesses, bei dem auch Scheitern dazu gehört.</p>
<p>Auch in den raumgestaltenden Disziplinen ist das Experiment immanent, denn der Entwurfsvorgang – das Varianten ausarbeiten, vertiefen und verwerfen – kann in seiner Theorie grundsätzlich als experimentell gesehen werden (Karow-Kluge 2010). Dieser entworfene und physisch gebaute Raum korreliert immer mit der in ihr lebenden und handelnden Gesellschaft (Löw 2018). Doch da idealtypische Entwürfe in der alltäglichen Handlungswirklichkeit der Menschen selten so wirken, wie durch den Gestaltenden beabsichtigt (Karow-Kluge 2008), ist es dringend notwendig, dass das Experiment aus seinem theoretischen Entwurfskontext heraus in den realen Raum tritt. Auch in der Gestaltung ist das Experiment als Methode zu sehen, Zielgruppen aktiv am Prozess zu beteiligen, Wissen auszutesten, um weiteres Nichtwissen zu entdecken und gerade im unerwarteten Entdecken gemeinsam transdisziplinär Lösungen zu finden, die ansonsten verbor-gen geblieben wären. Dieser Bildungsprozess erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an disziplinärer Offenheit, Lern- und Kommunikationsbereitschaft. Fähigkeiten, bei denen es sich als Hochschule im Hinblick auf aktuelle Herausforderungen ebenso lohnt, sie bereits Studierenden auf ihrem Werdegang mitzugeben.</p>
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<p>&bullet; Heading 03</p>
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<p>&bullet; Exkurs: Etwas mehr Elan bitte</p>
<p>Christian Holl</p>
<p>Nordbahnhofviertel und Kreativquartier Wagenhallen sind im Moment noch zwei voneinander getrennte Welten. Das muss nicht so bleiben. Die Geschichte beider Orte zeigt, dass die Strategie im Umgang mit ihnen neu fokussiert werden sollte.</p>
<p>Man muss von Jahrzehnten sprechen. Jahrzehnte, in denen das Nordbahnhofviertel und die heute als Kulturszene Wagenhallen bekannten Konversionsflächen auf ausgedienten Bahnanlagen ein Schattendasein in der Stadtentwicklung Stuttgarts spielten. Durch Straßen und Gleisanlagen von der Stadt getrennt, mit Flächen für sonst in der Stadt ungeliebtes Gewerbe und einem innerstädtischen Wohngebiet für weniger gut begüterte Menschen. Einerseits mit einem interessanten Gebäudebestand aus der Gründerzeit und andererseits mit allen Konflikten und Potenzialen, die die Dichte, Vielfalt und Benachteiligungen auf dem Wohnungs-/Arbeitsmarkt und in der Bildung mit sich bringen. Das Projekt Stuttgart 21 änderte daran zunächst wenig, schienen insbesondere die Konversionsflächen nur gut genug, um als Verfügungsmasse für eine standardisierte Stadtentwicklung zu taugen.</p>
<p>Das Blatt wendete sich, als sich auf diesen Flächen in den ausgedienten Bauten und Waggons eine Kulturszene mit veritablem Kulturbetrieb, einem selbstorganisierten Stadtacker und zwei Kunstvereinen etablierte. Hier war 2005 das »Theater der Welt« zu Gast. Hier fand 2012 das Festival »72 Hours Urban Action«, kurz »72HUA«, statt, in dessen Rahmen Künstler:innen und Architekt:innen mit Interventionen Impulse für stadträumliche Verbesserungen gaben. Das Besondere daran: Die eigenartige Zweiteilung zwischen Wohn- und Kreativquartier wurde dabei aufgehoben. Dem Festival waren vom Kunstverein Wagenhallen mitinitiierte und von der Stadt unterstützte Beteiligungsworkshops vorangegangen, die explizit die Bewohnerschaft des Nordbahnhofviertels adressierten.</p>
<br>
<p>&bullet; DYNAMIK VON INNEN</p>
<p>Der Abriss der alten Gebäude, die einmal der Wartung von Loks, Bussen und Waggons gedient hatten, war dann auch vom Tisch. Das Areal, inzwischen im Besitz der Stadt, sollte behutsam entwickelt werden. In einer Zeit, in der die Zwischennutzung als strategisches Instrument zur Stadtentwicklung genutzt wurde, hatte auch Stuttgart die Bedeutung einer aktiven Kulturszene, die Freiräume für Kreativität und ein pulsierendes Nachtleben bietet, als Standortfaktor erkannt.</p>
<p>Und so kam es, dass die marode Baustruktur mithilfe enormer öffentlicher Investitionen mit dem erklärten Ziel saniert wurde, die bestehenden Nutzungen weitgehend zu erhalten. Die Nutzerschaft der Wagenhallen ging mit der ihr eigenen Kreativität und Dynamik die Herausforderung an, zwischenzeitlich ihr Quartier in den Hallen verlassen zu müssen. Das Containerdorf, das sie als Interimslösung entwickelten, erhielt 2018 eine Belobigung beim Deutschen Städtebaupreis. In der Begründung hieß es unter anderem: »Das vielfältig nutzbare Areal ist zu einem Impulsgeber und programmatischen Baustein für das zukünftige Quartier geworden.« In den inzwischen sanierten Wagenhallen finden nun auch hochoffizielle Veranstaltungen statt – so etwa der Kongress zur Nationalen Stadtentwicklungspolitik, der Auftakt zur Internationalen Bauausstellung 2027 – Region Stuttgart »IBA27« und die Präsentation des IBA-Memorandums.</p>
<br>
<p>&bullet; PRAGMATISCHE ERGÄNZUNGEN</p>
<p>So dynamisch hier die Entwicklung, so spröde ist sie dort: Im Wohnquartier zwischen bestehender Bahntrasse und Nordbahnhofstraße. Von Süden her wurde versucht, mit der Agentur für Arbeit und neuem Wohnungsbau in teils guter, teils liebloser Qualität, die Verbindung zum Europaviertel aufzubauen. Das Multiplex-Kino, das gut 20 Jahre lang den Eingang ins Quartier von Süden her prägte, ist inzwischen verkauft und soll neu genutzt werden: Wie ist noch nicht bekannt. So recht überzeugend sind diese stückweisen Ergänzungen noch nicht, sie sind mehr von pragmatischem Geist geprägt denn konzeptionell fundiert.</p>
<p>Es verstärkt sich ein Eindruck, der für das gesamte Gebiet gelten mag: Die Stadt weiß nicht so recht, was sie mit diesem besonderen Konglomerat anfangen soll. Sie greift Initiativen auf, reagiert, ergänzt, wo sich Gelegenheiten eröffnen, ohne selbst Treiber der Entwicklung zu sein. Exemplarisch wurde dies, als im Oktober 2018 die Machbarkeitsstudie für mögliche Standorte der Interimsoper präsentiert wurde: Favorisierter Standort war der bei den Wagenhallen; die Betroffenen erfuhren davon aus der Zeitung. Als kürzlich die Freiraumplanungen für das neue Rosensteinquartier im Städtebauausschuss vorgestellt wurden, fanden sich dabei viele interessante Aspekte. Allein im Nordbahnhofviertel waren die Aussagen vorerst mehr als dürr, sie beschränkten sich darauf, zwei Straßen mit Bäumen zu flankieren. Die entscheidende Änderung soll sich für das Nordbahnhofviertel denn auch nicht in der besseren Anbindung an das Kreativquartier Wagenhallen im Westen ergeben, sondern an den zum Gleisbogenpark umgewandelten Gleiskörper im Osten. In die andere Richtung soll die Verbindung über die Fortschreibung der städtebaulichen Figur an der Nordbahnhofstraße hergestellt werden. Aus städtebaulicher Sicht ein pragmatischer Vorschlag, der allerdings einer pro-grammatischen Fundierung bedarf, um tatsächlich Verknüpfungen zu erzeugen.</p>
<br>
<p>&bullet; FÖRDERN, UNTERSTÜTZEN, ENTWICKELN LASSEN</p>
<p>Da kann es eine wertvolle Hilfestellung sein, wenn Hochschulen mit einer unabhängigen Sicht- und Herangehensweise Akteur:innen zusammenbringen, einbinden und neue Perspektiven eröffnen. Aber das Beispiel »72HUA« zeigt, dass Impulse auch wieder verpuffen, wenn die Ergebnisse nicht weiter behandelt werden. Wenn keine Strategie verfolgt wird, in die Interventionen, Experimente und Improvisation, eingebettet werden. Insofern wäre die Stadt gut beraten, die konventionelle städtebauliche Strategie zumindest durch eine zu ergänzen, die die bisherigen Qualitäten aktiviert und geeignet sein könnte, in die Nachbarschaft auszustrahlen. Hier bietet sich an, den bislang lediglich als Absicht formulierten Weg weiter zu verfolgen: Unter dem Begriff der »Produktiven Stadt« mit dem Verweis auf die Garage als Innovationsstimulator, der kleinteiligen und hybriden Vernetzung von großflächiger Produktion, Forschung und Entwicklung das Leitbild der »Kreativen Stadt« fortzuschreiben. Dann reicht es allerdings nicht, zuzuschauen und erfolgreiche Initiativen zu fördern, sobald sie aus den Kinderschuhen sind und im Übrigen nach »Schema F« zu verfahren. Dann muss man mehr als bisher darauf setzen, Freiräume anzubieten, Förderstrukturen aufzubauen, Flächen und Bedarfe zu organisieren, ein Management für Zwischennutzungen zu etablieren, das Klima für Start-ups und kulturelle Initiativen zu verbessern. Dass das ein leichter Weg ist, soll hier nicht behauptet werden. Umso wichtiger ist es, aufzubrechen.</p>
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<p>&bullet; Heading 04</p>
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<p>&bullet; Labor Nordbahnhof – ein Sommermärchen</p>
<p>Wie wollen wir in Zukunft leben? Unter diesem Motto hatte das »Labor Nordbahnhof« mit einem Sommerworkshop 2021 seinen Auftakt. Eineinhalb Jahre lang bot es den Rahmen für die Untersuchung verschiedener Forschungsfragen, Aktionen und temporärer Interventionen im Nordbahnhofviertel in Stuttgart – ein Experimentierfeld für Themen wie Akustik, Energie, Mobilität und Partizipation vor dem Hintergrund des städtebaulich hoch ambitionierten Großprojekts Rosenstein.</p>
<p>In den kommenden Jahrzehnten wird im Zentrum Stuttgarts auf den freiwerdenden Gleisflächen des ehemaligen Kopfbahnhofs ein 85 Hektar großer Stadtteil neu entstehen. Das ist eine Chance für die Stadt, denn mit dem Projekt sollen sozial sowie ökologisch nachhaltige Ziele innovativ umgesetzt werden. Neue Wohnformen, grüne Lebensräume und neuartige Mobilitäts- und Logistikkonzepte sind nur einige der Schlagworte, die die eigens dafür gestaltete Website nennt (LHS 2022a). Vier Quartiere mit verschiedensten Akteur:innen und Anforderungen werden umgesetzt. Von der produktiven »Maker City« mit bereits etablierter Kunst- und Subkulturszene zum autofreien Rosensteinviertel, das Wohnen, Stadtklima und Grünflächen auf ökologisch nachhaltige Weise verbindet. Mittendrin in dieser Entwicklungsfläche befindet sich das Nordbahnhofviertel als gewachsenes Bestandsgebiet. Die bisherige städtebauliche Insellage und soziale Mischung haben über Jahre den spezifischen Charakter des Viertels geprägt. Das städtebauliche Vorhaben birgt Potenzial, denn es erfordert viele Lösungen, die von Wirtschaft bis Sozialraum verschiedene disziplinäre Blickwinkel bedingen. Ein idealer Ansatzpunkt also für ein transformatives Forschungsprojekt, das transdisziplinär aufgestellt ist, auf experimentelle Weise neue Kenntnisse sammelt und vor Ort neue Initiative generiert.</p>
<br>
<p>&bullet; LABOR NORDBAHNHOF</p>
<p>Das Labor Nordbahnhof entsprang einer Reihe Lehrforschungsformate aus dem Labor Experimenteller Stadtraum. Die Strategie der Formate sah eine Verknüpfung von Wissenschaft, Praxis und Lehre in einem iterativen Prozess aus Analyse, Experiment, Adaption und Wissenstransfer vor. Ganz im Sinne der Reallaboridee wurde ein breites Akteursspektrum versammelt. Teil der Labore als interdisziplinäres Wahlfach waren natürlich immer Studie-rende, Forschende unterschiedlicher Fachdisziplinen der Hochschule für Technik und hochschulexterne zivile Akteur:innen, soziale Einrichtungen und Teile der Stadtverwaltung. Besonders elementar war die Zusammenarbeit mit den zivilen Akteur:innen, denn nur indem die Erkenntnisse in Abstimmung mit den planenden Ämtern auch einen aktiven Nutzen für die Bewohner:innen vor Ort erbrachten, bestand eine Chance auf Verstetigung der Experimente und Transformation.</p>
<p>Wie schaffen wir Bewusstsein für alternative Mobilitätsformen und Nutzungen des öffentlichen Raums? Wie können Menschen für den nachhaltigen und bewussten Umgang mit Regenwasser und Grünraum sensibilisiert werden? Inwiefern trägt Klang zur Identifizierung der Bewohner:innen mit ihrem Lebensumfeld bei? Und wie können wir Bürger:innen dazu motivieren, Experimentierfelder aktiv mitzugestalten? Unter diesen Forschungsfragen subsumierten sich im Labor Nordbahnhof die wissenschaftlichen Disziplinen Akustik, Energietechnik, Geoinformatik, Mobilität, Stadtplanung und Wirtschaftspsychologie Bereits in der Vorbereitung zum Sommerworkshop fand eine Online-Befragung der Anwohnenden im Viertel statt, die die Grundlage für die daraus formulierten Forschungsfragen bildete. Leuchtend orangene Plakate und Flyer, die jeden Briefkasten im Viertel füllten und Laternenpfähle zierten, waren die ersten sichtbaren Zeichen des Labors Nordbahnhof. Auch wenn einige hinter so simplen Fragen wie »Kennen Sie Ihren Wasserverbrauch?« zunächst zwielichtige Energievertreter:innen vermuteten, war die Teilnahme an der Umfrage doch beachtlich. So kristallisierte sich beispielsweise heraus, dass die Mittnachtstraße als installierter Marktplatz sowohl im positiven wie negativen Sinne Dreh- und Angelpunkt des Quartiers war. Und ganz typischerweise wurden Müll und gelbe Säcke als Problem ebenso oft genannt wie der Wunsch nach mehr Sitzgelegenheiten und Grün im Quartier (HFT 2022b).</p>
<p>Für den Workshop stationierte sich das Labor Nordbahnhof nahe des Projektgebiets im Kunstareal Wagenhalle. Die gemeinsame Arbeit vor Ort von Forschenden und interdisziplinären Studierenden der Fachbereiche Architektur, Innenarchitektur und Stadtplanung sollte allen einen direkten Einblick in die Lebensrealität und den Kontext vor Ort sowie erste Kontakte zu lokalen Akteur:innen ermöglichen. In zwei intensiven ersten Workshoptagen entwickelten die Teams durch diverse Formate wie Dérives, Befragungen, Innovationsmethoden und Kritiken ihre Forschungsfragen zu experimentellen Interventionen, die zum Abschluss des Labors an einem Aktionstag im Viertel aufgebaut und ausgetestet wurden. In einer bunten Parade zog das Labor an diesem Tag aus der Container City an der Wagenhalle zur Mittnachtstraße. Vier Experimentierfelder bespielten den öffentlichen Raum – ein urbanes Stadtbeet, ein partizipativer Nachbarschaftstisch, ein Parklet sowie eine Musikbox und Soundquiz zum Viertel. Die Aktion sorgte für große Aufmerksamkeit. Vor allem die Mobilitätsumfrage mit anschließender Grillwurst am Parklet war der Hit. Die Interaktion mit der Musikbox, bei der spielerisch Geräusche des Quartiers zu experimentellen Klängen gemischt werden konnten, war vor dem Jugendhaus eher verhalten. Erst als die temporäre Intervention etwas weiter Richtung Markt gewandert war, gingen auch die Kids auf Entdeckungsreise. Der Aktionstag war damit ein Erfolg. Einige der Experimente konnten noch geraume Zeit weiter im öffentlichen Raum an der Mittnachtstraße verbleiben. So wurde später der Abtransport des Stadtbeets von einer Passantin mit ehrlichem Bedauern kommentiert.</p>
<br>
<p>&bullet; ÜBER DEN TELLERRAND HINAUS</p>
<p>Die Aktionen vom Labor Nordbahnhof verfolgten mit ihrer Strategie Ziele in drei verschiedenen Dimensionen. Die Vermittlung von Kompetenzen im Zugang und der Kommunikation zu anderen Fachdisziplinen war nicht nur für die Studierenden, sondern ebenso für die Forschenden lehrreich. Ist es manchmal schwierig genug, sich einer komplexen Aufgabe aus der eigenen Disziplin zu nähern, ist das Hinausschauen über den eigenen disziplinären Tellerrand und Einbinden anderer Fachmeinungen genauso herausfordernd wie lohnend. Auch die Anwendung kreativer Methoden aus dem Innovationsmanagement gehört nicht unbedingt zur täglichen Gewohnheit in der Forschung. Als weitere und bisweilen wichtigste Bildungsziele standen die Kooperation mit zivilen Akteur:innen und das experimentelle Intervenieren in der urbanen Praxis im Vordergrund – Kompetenzen, die im Studienalltag bislang noch unüblich, in der Praxis jedoch oft umso erwünschter sind. Durch die unmittelbare wissenschaftliche Begleitung der Experimente konnten kontextbezogen neue Erkenntnisse gewonnen und Aufgabenstellungen weiterentwickelt werden. Schließlich lag das Bestreben des Labors darin, neben den eigenen Forschungs- auch relevante Praxisziele umzusetzen. Durch die Aktivität im Stadtraum und die Einbindung der Zivilgesellschaft sollte neuen Initiativen aus der Wiege geholfen werden. Eine Verstetigung der vier Experimente war zwangsläufig mit einer intensiven Zusammenarbeit mit den lokalen Akteur:innen und einer gewissen Langfristigkeit des Projekts verbunden. Verantwortlichkeiten wie Bedarfe müssen sich entwickeln und wachsen erst über die Zeit zu einem funktionierenden gemeinschaftlichen System zusammen. Die experimentelle Anwendung von Wissen macht neues Nichtwissen sicht- und greifbar und mündet dementsprechend in einen konstruktiven Entwicklungsprozess. In diesem Sinne sind die Experimentierfelder aus dem Sommerworkshop als Initial und Lernprozess zu sehen. Die anfänglichen Fragestellungen spiegeln sich in allen weiteren Projektverläufen wider.</p>
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<title>Zukunft Stadt Labor</title>
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<div class="page-wrap">
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<h1><a href="../index.html">&bullet; Zukunft Stadt Labor</a></h1>
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<h1 style="width:100%;"><span style="text-align:left;"><a href="../index.html">&bullet;</a></span>
<!-- <span
style="text-align:right; float:right; margin-right:1em;">1 BETEILIGENDE GESTALTUNG</span> -->
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<h3>1 BETEILIGENDE GESTALTUNG</h3>
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<h3>1 BETEILIGENDE GESTALTUNG</h3>
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<p>&bullet; Vom sozialen Wert der Gestaltung in der Stadtentwicklung</p>
<p>Sarah Ann Sutter</p>
<p>Städte sind Verdichtungsraum und Brennglas für soziale Prozesse (Rolshoven 2021). Nirgendwo werden die Herausforderungen gesellschaftlicher Teilhabe, der Zugänglichkeit zu Bildung, Arbeit und bezahlbarem Wohnraum offenkundiger. Stadtgestaltungsprozesse müssen sich daher mit immer komplexer werdenden Fragestellungen auseinandersetzen. Wie kann ein Stadtviertel sozial- und klimagerecht entwickelt werden? Wie können wir diese Transformation aktiv gestalten? Welche Rolle können da-bei lokale Akteur:innen im Entwicklungsprozess einnehmen? Wann ist »echte« Teilhabe erreicht? </p>
<p>Gestaltungsprozesse verändern sich im Laufe der Zeit, das steht in enger Korrelation mit dem Wandel unserer Gesellschaft. So lässt sich die Relevanz sozialer Aspekte bei gestalterischen Fragen schon in der Architektur des Bauhaus im politisch-sozialen Kontext der Zeit nach dem ersten Weltkrieg und der darauffolgenden Weltwirtschaftskrise feststellen (Sachs 2018). Seither kann ein zunehmend sozialer Anspruch in Entwürfen von Gestalter:innen und an das Design beobachtet werden. Wo zunächst das »Design für den Menschen« im Mittelpunkt stand, entwickelt sich eine zunehmend transkulturelle und partizipatorische Perspektive, die einen Wechsel vom sozialen Design für die Gesellschaft zum Design mit der Gesellschaft markiert (Sachs 2018). Dementsprechend wird auch die Rolle der Gestalter:in eine vielfältigere und changiert nun zwischen schaffenden, forschenden, vermittelnden und Prozess gestaltenden Tätigkeiten (Celik & Kampe 2017).</p>
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<p>&bullet; DEN SOZIALRAUM VERSTEHEN</p>
<p>Eine Teilhabe der Gesellschaft an der Gestaltung von Raum setzt zunächst ein Verständnis für ihren Sozialraum voraus, denn die Verknüpfung von Sozialraum und physischem Raum seit Ende des 19. Jahrhunderts stellt einen Zusammenhang von Raumproduktion und gesellschaftlicher Entwicklung her. Dabei stehen seine Struktur und das Handeln im Raum in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Raum besteht also nicht einfach so, er wird sozial produziert. Henri Lefebvre beschrieb beispielsweise Raumproduktion in drei Dimensionen: in Form von wahrgenommenem, gedachtem und gelebtem Raum. So überlagern sich in seinem Modell die räumliche Praxis, die die Produktion und Reproduktion verschiedener sozialer Formationen und deren Alltagshandlungen beschreibt, die Raumrepräsentationen, das ist der mit Wissen und Codes aufgeladene konzeptualisierte Raum der Planenden, und die Repräsentationsräume, sprich der gelebte Raum, der gebildet wird in Bezug auf Erlebtes und Geschichte (Lefebvre 2015).</p>
<p>Ausgehend von diesen Grundannahmen, muss eine Analyse von Raum also nach den sozialen Konstellationen, den Machtverhältnissen und den historischen Bedingungen fragen, die diese Umwelt beschreiben. Eine Schwierigkeit sieht Lefebvre darin, wenn in den von Planenden entwickelten abstrakten Räumen Ideologie und gelebte Realität auseinanderfallen (Lefebvre 2015). Aufgabe der Gestalter:in muss sein, diese beiden Dimensionen näher zusammenzurücken.</p>
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<p>Ein anderer wichtiger Aspekt, um Sozialraum verstehen zu lernen, ist laut Martina Löw, dass Städte als sozial konstruierte Phänomene Eigenlogiken entwickeln und sich damit also höchst individuell konstituieren. Die Eigenlogiken speisen sich aus aktuellem und vergangenem Handeln im Raum und wirken sich auf die Erfahrungsmuster derer, die in ihnen leben, aus (Löw 2018). Genauso wie man daher »Stadt« nicht als einheitliches Laboratorium für eine gesellschaftliche Analyse begreifen kann, lassen sich auch eigens entwickelte Gestaltungsstrategien nicht einfach auf einen anderen Ort übertragen. Die Gestalter:in muss den spezifischen Sozialraum verstehen – und die Bedürfnisse und Alltagspraxen, also Lebensstile, Handlungsethiken oder Alltagsauffassungen der verschiedenen Gruppen kennenlernen, um Defizite zu identifizieren und städtische Entwicklungspotenziale vorzuschlagen.</p>
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<p>&bullet; WERKZEUGE UND KONZEPTIDEEN FÜR BETEILIGENDE GESTALTUNG</p>
<p>Nirgendwo können wir diese Alltagspraxen besser beobachten als im öffentlichen Raum. Als Ort, an dem Gesellschaft aufeinandertrifft und interagiert, kommt ihm eine übergeordnete Bedeutung zu. Dort finden Aushandlungsprozesse und Teilhabe im Sinne einer »realen Demokratie« statt – es spiegelt sich ein gesellschaftliches Spektrum wider (Berger & Wildner 2018).</p>
<p>Soziale Teilhabe und öffentlicher Raum bildeten den Ausgangspunkt für das Lehrforschungsseminar »Beteiligende Gestaltung«. Der Titel des Seminars stellte die These auf, dass Gestaltung soziale Teilhabe von Menschen befördern und sie zur Mitgestaltung aktivieren kann. Im Seminar sollten die Studierenden in ihrer Rolle als Gestalter:innen auf experimentelle Weise ergründen, was Teilhabe für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen bedeutet und wie Gestaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten von Raum Momente der Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen können. In Bezug auf die bereits im »Labor Nordbahnhof« und während des Sommerworkshops erarbeiteten Analysen und Erfahrungen bildeten Jugendliche, Senior:innen, Multikulturalität, Künstler:innen sowie Urban Gardening Gemeinschaft die unterschiedlichen sozialen Schwerpunkte für das Seminar. Vertreter:innen dieser Fokusgruppen standen den Studierenden über den gesamten Seminarzeitraum als Pat:in zur Seite und ermöglichten ihnen so einen niederschwelligen Zugang.</p>
<p>Die erste Phase bestand aus teilnehmender Beobachtung und Analyse des sozialen Felds. Wie funktionieren die einzelnen Fokusgruppen? Welche alltäglichen Handlungen lassen sich feststellen, welche Bedürfnisse eruieren oder auch Verbindungen zu anderen Akteur:innen ermitteln? Mithilfe der Feldtagebücher, informell geführter Gespräche mit Bewohner:innen, gezielter Mappings und Stadtspaziergängen, die in Form von Fotodokumentationen festgehalten wurden, sammelten die Studierenden wichtige Erkenntnisse.</p>
<p>Um die örtlichen Akteur:innen und ihre Verhaltensweisen auf einer alltäglichen Basis kennenzulernen, waren regelmäßige und kontinuierliche Präsenz der Studierenden vor Ort ausschlaggebend. So konnten neue Kooperationen gebildet und bestehende Netzwerke erkannt und genutzt werden. Die Vertrauensbildung zu den jeweiligen Gruppen war eine zentrale Voraussetzung dafür. Die Studierenden benötigten hierfür Qualifikationen außerhalb ihres fachspezifischen Standardrepertoires, wie beispielsweise ein hohes Maß an Empathie oder eine unvoreingenommene Offenheit gegenüber dem ihnen Unbekannten. Durch diesen anderen Umgang mit Stadt- und sozialen Entwicklungsfragen waren also neue Einstellungen, neue Formen der Zusammenarbeit und neue Fähigkeiten gefragt und brachten damit ein verändertes Rollenverständnis als Gestalter:innen mit sich.</p>
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<p>Mit der zweiten Phase des Projektes folgte die Auswertung der Analyse und deren kreative Übersetzung in Konzeptideen für »Beteiligende Gestaltung«. Die Studierenden formulierten anhand ihrer Ergebnisse spezifische Forschungsfragen für die jeweiligen Fokusgruppen, aus denen sie im nächsten Schritt räumliche Konzepte für Momente der Teilhabe entwickelten. Die Reflektion und Weiterentwicklung der Ideen mit externen Expert:innen aus Sozial-, Kunst- und Kulturwissenschaften nahm bei diesem Prozess eine wichtige Rolle ein. Weitere Erkenntnisse sammelten die Studierenden durch das temporäre Experimentieren mit ihren Konzeptideen vor Ort im Nordbahnhofviertel.</p>
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<p>&bullet; ANEIGNUNG VON ÖFFENTLICHEM RAUM DURCH KINDER UND JUGENDLICHE</p>
<p>Eine der Pat:innen war das Kinder- und Jugendhaus Nord. Es ist seit Jahrzehnten eine feste Institution im Viertel und Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 27 Jahren. Die Studierenden begleiteten die Hausleitung an mehreren Terminen bei ihrer alltäglichen Arbeit und hatten so Gelegenheit, mit Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersgruppen und Herkünfte ins Gespräch zu kommen. Mithilfe eines Fragebogens wurden im Einzel- oder gemeinschaftlichen Dialog Besonderheiten, Ideen und Wünsche oder Sorgen und Sehnsüchte in Bezug zum Nordbahnhofviertel aufgenommen. Zusätzlich waren die Studierenden im Viertel unterwegs, um vor dem Hintergrund der im Jugendhaus gesammelten Erkenntnisse weitere Beobachtungen zu öffentlichen Aufenthaltsräumen von Kindern und Jugendlichen im Viertel anzustellen. Der Begriff der Aneignung und die damit einhergehenden Möglichkeiten zur Mitgestaltung dieser Räume hatten in der vorangegangenen Literaturrecherche eine zentrale Rolle gespielt. Diese Aneignung beobachteten die Studierenden vor allem an der Skaterhalle und an einem der wichtigsten zentralen Treffpunkte des Viertels: dem Marktplatz an der Mittnachtstraße.</p>
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<p>Das Jugendhaus spielte den Gesprächen nach auch deswegen eine zentrale Rolle im Leben vieler Kinder und Jugendlicher, da nur wenige anderweitige Aktivitätsorte »die Spaß machen« im Viertel vorhanden sind. Der Marktplatz wäre zudem momentan stark von einer bestimmten Gruppe Jugendlicher dominiert, beschrieben die Be-fragten. Viele Kinder fühlten sich dadurch verdrängt oder beschrieben den Ort sogar als Angstraum. Gleichzeitig würden sie den Platz gerne nutzen und sicher durchqueren.</p>
<p>Aus den gesammelten Erkenntnissen entwickelten die Studierenden die Konzeptidee, dass Kinder und Jugendliche sich aktiv beteiligen können sollen, um sich die Mittnachtstraße wieder anzueignen. Diese Aneignung kann über verschiedene Objekte im öffentlichen Raum unterstützt und von einem regelmäßigen, betreuten Workshop-Angebot begleitet werden. Die gemeinsam entwickelten und gebauten Objekte (z.B. Spielgeräte, Sitzmöglichkeiten) können von Kindern und Jugendlichen individuell weitergestaltet werden und sollen allen dauerhaft im öffentlichen Raum zur Verfügung stehen. So können sich Kinder ihren Raum in der Mittnachtstraße Stück für Stück zurückerobern. Dass dieses Konzept funktioniert, zeigte sich auch beim Experiment der Studierenden. Ihre temporäre Intervention mit verschiedenen Spielangeboten am Marktplatz zeigte hohe Resonanz bei den Kindern.</p>
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<p>&bullet; URBANES GÄRTNERN ALS ANTRIEB FÜR GEMEINSCHAFTSBILDUNG</p>
<p>Der Verein Stadtacker ist eine bunte Gemeinschaft aus Menschen unterschiedlichster Herkunft, Alters- und Beschäftigungsgruppen, die sich einzeln oder gemeinsam um die Beetfläche an den Wagenhallen kümmern und für das Gemeingut Acker sorgen. Die Gartengemeinschaft versteht sich auch als Bildungsraum für nachhaltige, ökologische Lebensmittelproduktion in der Stadt. Die Studierenden kamen bei mehreren Besuchen vor Ort mit diversen Mitgärtner:innen ins Gespräch. Die Organisationsstruktur des Vereins und die einzelnen thematischen Arbeitsgruppen lernten die Studierenden bei einem Besuch der monatlichen Mitgliederversammlung kennen. Dabei waren auch aktuelle Bedürfnisse und Herausforderungen Thema. So erschwert die momentan sehr unsichere Zukunft in Zusammenhang mit dem Bau der »Maker City« und der anstehende Umzug auf eine kleinere Fläche längerfristige Planungen.</p>
<p>Für viele Anwohnende und Beschäftigte im Viertel ermöglicht der Ort, als alltäglicher Erholungsraum, ein Stück Natur inmitten der Stadt zu erleben. Auch stammt ein Großteil der Gärtner:innen aus dem angrenzenden Wohnviertel. Eine erste Verbindung zwischen Wohnviertel und Wagenhallen besteht also bereits durch den Verein. Bisweilen stellen Sprachbarrieren der heterogenen Zusammensetzung der Nutzer:innengemeinschaft eine Herausforderung dar. Durch Beetprojekte bestehen bereits gute Kooperationen mit den beiden ansässigen Grundschulen aus dem Nordbahnhofviertel. Darüber hinaus ist der Bekanntheitsgrad des Stadtackers im Viertel jedoch noch ausbaufähig.</p>
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<p>Die Studierenden erkannten durch ihre Analyse den großen Wert des Stadtackers als Brückenschlag zwischen Alt und Neu sowie als gemeinschaftlichen Bildungsort. Sie schlugen mit ihrer Konzeptidee eine Stärkung und Weiterentwicklung dieser Komponenten auf geeigneten Flächen im Bestandsviertel vor. Diese identifizierten sie aufgrund von Lage, Maßstab, Nutzungsstruktur und Zugänglichkeit in den großen Innenhöfen. So würde der umzugsbedingte Flächenwegfall kompensiert, der Bekanntheitsgrad im direkten Umfeld gestärkt und inklusive, barrierefreie Flächen zum generationenübergreifenden Gärtnern geschaffen werden. Dadurch entwickeln sich im besten Fall neue, selbstverwaltete Gemeinschaften auf Wohnblockebene, die über den einfachen Zugang des Gärtnerns noch mehr Menschen Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen. Der »Innenhofacker« besteht aus modularen Bausteinen, die für die unterschiedlichen Nachbarschaften individuell anpassbar sind. Der Stadtacker versorgt sie mit Erde und Setzlingen. Ebenfalls durch den Acker geleitete Themen-Workshops fördern den Austausch und tragen zur Wissensbildung um nachhaltige Lebensmittelproduktion im urbanen Umfeld bei.</p>
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<p>&bullet; KUNST- UND KULTURSCHUTZGEBIET</p>
<p>Der Kunstverein Wagenhalle e.V. besteht seit 2004 und hat eine einzigartige Produktionsstätte am Stuttgarter Nordbahnhof aufgebaut. Sie beherbergt Ateliers, Studios, Werkstätten, Ausstellungs- und Lagerräume. Momentan unterliegt der Kunstverein einem enormen Veränderungsdruck durch die Entwicklung des neuen Stadtviertels auf den umgebenden Flächen. Diesen Eindruck konnte auch die Studierendengruppe beim Besuch von diversen öffentlichen und internen Veranstaltungen, mehreren Gesprächen mit Künstler:innen sowie Beobachtungen des alltäglichen Lebens und Arbeitens vor Ort gewinnen. Mit der zwangsmäßigen Verkleinerung aufgrund der anstehenden Baumaßnahmen geht ein Verlust von Außenproduktions-, Aufenthalts- und Grünflächen mit einmaliger Atmosphäre der in den vergangenen Jahren entstandenen Container City einher. Gleichzeitig sehen Stadtverwaltung und Planung den Verein als wichtige Partner:in bei der Bespielung des künftigen zentralen Quartiersplatzes vor der Wagenhalle.</p>
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<p>Die Studierenden konzentrierten sich auf die Ermittlung der bestehenden Bedürfnisse der Künstler:innen im Freibereich und auf die Fragestellung, wie die besondere Atmosphäre dieses Bereiches teilweise erhalten bleiben kann. Dabei fanden sie heraus, dass Freiflächen zum einen als Produktionsstätte und Experimentierraum mit Lager- bzw. Transitflächen für sperrige Materialen einen hohen Stellenwert einnehmen, zum anderen als Ort für Erholung und Rekreation im Grünen, als Kommunikations- oder Rückzugsort eine essenzielle Rolle spielen. Für öffentliche Veranstaltungen wie beispielsweise die jährlich stattfindenden »Offenen Ateliers« wird der Freibereich zudem als Raum für gastronomisches Angebot, Eventbühne und erweiterte Ausstellungsfläche genutzt. Eine wichtige Rolle wird in Zukunft auch die Verwaltung und Organisation der verbleibenden Fläche spielen, die die Künstler:innen dazu anhält, Nutzungen zu vergemeinschaften und neue Synergien zu erzeugen.</p>
<p>Darauf aufbauend entwickelten die Studierenden ein Konzept, wie der wandlungsfähige Freiraum weiterhin in komprimierter Form den essenziellen Bedürfnissen der Künstler:innen entsprechen und die atmosphärischen Besonderheiten der Container City in die Zukunft übertragen kann. Zu diesem Zweck wurden die bestehenden, ortsprägenden Einzelobjekte herausgefiltert und auf einer minimalen Fläche zu einem konzentrierten Haufen, dem P.I.L.E., vereint, der neue Räume, Nischen und Plattformen für diverse Anforderungen generiert. Die Buchstaben in P.I.L.E. stehen stellvertretend für die wichtigsten Nutzungen und Bedürfnisse (Produktion, Individualität, Lagerung, Erholung) der Künstler:innen. Je nachdem, wie viel Platz die umgebenden Baumaßnahmen lassen, kann sich der Haufen verdichten oder wieder entzerren – bis sich die einzelnen Objekte eines Tages den neuen Kunstboulevard oder Quartiersplatz aneignen können.</p>
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<p>&bullet; SICHTBARKEIT VON MULTIKULTURALITÄT</p>
<p>Das Haus 49 hat sich als internationales Stadtteilzentrum bereits seit knapp 50 Jahren im Viertel etabliert. Viele Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen treffen sich in der Einrichtung und nutzen die Räumlichkeiten. Die Studierenden führten ein Expert:innengespräch mit der ehemaligen, langjährigen Leitung und nahmen die Einrichtung als Impuls und Ausgangspunkt für diverse Stadtspaziergänge. Durch seine einzigartige Geschichte als »Postdörfle« für die Unterbeamt:innen der Bahn und Post und der damit verbundenen Aufnahme vieler Gastarbeitenden nach dem zweiten Weltkrieg ist das Nordbahnhofviertel seit jeher in besonderer Weise kulturell geprägt. Diesen »Besonderheiten« versuchten die Studierenden mithilfe von Fotodokumentationen und in Gesprächen mit Bewohner:innen aus dem Viertel auf den Grund zu gehen. Sitzgelegenheiten, die von den Anwohnenden selbst mitgebracht und im öffentlichen Raum als Treffpunkt platziert wurden, waren dabei die eindrücklichsten Spuren. Auch eine hohe Identifikation der verschiedenen Gesprächspartner:innen mit dem Nordbahnhofviertel konnten die Studierende feststellen. »Wir sind hier und wir sind stolz und glücklich hier zu sein«, stellte beispielsweise eine der Befragten fest. Anders als oft von außen wahrgenommen, beschrieben die meisten den Stadtteil als sozial stark und gut vernetzt.</p>
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<p>Die Studierenden analysierten, dass die multikulturelle Zusammensetzung Gefahr lief, durch äußere Einflüsse wie das Auslaufen der bestehenden Milieuschutzsatzung, der Immobilienspekulation oder dem andauernden Stadtentwicklungsprozess Rosenstein in Zukunft stark verändert zu werden. Viele der Menschen vor Ort brachten ihre Sorge darüber in Gesprächen zum Ausdruck. Darauf aufbauend entwickelten die Studierenden das Konzept einer Intervention, die als Verstärker für diese Stimmen Pate steht und die Kostbarkeit der kulturellen Identitäten des Viertels nach außen trägt, um sie für die Stadtöffentlichkeit sichtbar zu machen.</p>
<p>Jugendliche mit multikulturellem Hintergrund prägen die Zukunft des Stadtteils und nehmen daher eine wichtige Rolle im Konzept ein. Ein neues »Landmark« in Form eines begehbaren Turms soll ihnen die Möglichkeit bieten, sich selbst und ihre kulturelle Identität auf eigene Art und Weise auszudrücken. Es bietet Flächen zur Aneignung durch Graffitikunst und lädt durch seine Gestaltung zum Treffen und Aufenthalt ein. Der Standort auf dem Parkplatz des ehemaligen Großkinos, am Eingang zum Nordbahnhofviertel und direkt entlang der Bahngleise, erzeugt überregionale Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit bei den vorbeifahrenden Bahnreisenden.</p>
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<p>&bullet; IM VIERTEL ALT WERDEN</p>
<p>Die Landesbaugenossenschaft (LBG) bietet als eine der großen Vermietungsgesellschaften im Viertel nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, sondern vor allem auch vielen Senior:innen Wohnraum.</p>
<p>Die Studierenden führten mehrere Einzelgespräche mit Senior:innen aus dem Viertel, die ihnen durch die Wohngesellschaft vermittelt wurden. Ausgehend von den Alltagsbeschreibungen fanden über einen längeren Zeitraum Beobachtungen und informelle Umfragen an den beschriebenen Aufenthalts- und Bewegungsorten im Viertel statt. Die daraus entstandenen Kartierungen und Fotodokumentationen vermittelten ein großes Spektrum an Bedürfnissen und Herausforderungen, die im Alltag der Senior:innen relevant waren. So zeigte sich, dass die U-Bahn für viele ältere Menschen das wichtigste Verkehrsmittel darstellte. Alle Infrastrukturen, die im Nordbahnhof fehlten, waren damit für sie gut erreichbar. Außerdem schätzten sie die Wohnqualität und Atmosphäre im Nordbahnhof sehr hoch ein. »Hier haben wir unsere Ruhe«, wurden beispielsweise die grünen Innenhöfe anerkennend beschrieben. Auch der Rosensteinpark und Pragfriedhof bildeten für sie als »grüne Oasen« wichtige Naherholungsorte. Angebote wie der LBG-Mietertreff formen wichtige Treffpunkte für ältere Menschen aus dem Viertel und von außerhalb. Das Expert:innengespräch während des Workshops untermauerte noch einmal, dass die Vielfältigkeit der Senior:innen hinsichtlich ihrer Interessen, Mobilität, Alltagsgestaltung oder Herkunft ausgeprägt ist.</p>
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<p>Als wichtige Erkenntnis ging für die Studierenden aus den Analyseergebnisse hervor, dass Kontakt zu anderen und damit der öffentliche Raum als Interaktionsort einen starken Einfluss auf die soziale Teilhabe und den Prozess des Alterns haben. Dafür benötigt es jedoch attraktive Anreize, Aufgaben und Angebote. Die Hemmschwelle muss gering und die Zugänglichkeit sehr gut sein. Generationenübergreifende Angebote sind dabei wichtig, um nicht noch zusätzlich zur Isolation im Alter beizutragen. So können die Potenziale des Viertels, die zum langfristigen Erhalt der Selbstständigkeit und Mobilität von Senior:innen beitragen, ausgeschöpft werden.</p>
<p>Ein Experiment ergab hierzu ebenso interessante Erkenntnisse. Das öffentliche Wohnzimmer, eine gemütlich gestaltete Sitzecke mit Möglichkeiten zum Rasten, Spielen und Lesen, das die Studierenden am Marktplatz Mittnachtstraße installierten, wurde weniger von Senior:innen genutzt, als direkt zu Beginn von einer Gruppe Kinder zum Uno Spiel übernommen. Auch wenn die Senior:innen die Intervention nicht selbst nutzten, beobachteten sie doch das Treiben der Kinder aus einiger Entfernung und stellten neugierige Fragen. Es zeigte sich, dass auch wenn es nicht möglich war, eine Intervention im öffentlichen Raum nur auf eine spezifische Alters- oder Personengruppe zuzuschneiden, ein niederschwelliges, leicht zugängliches und generationenübergreifendes Angebot Synergieeffekte für Senior:innen haben kann. Hierfür sollte die Gestaltung einem weniger informellen Charakter folgen, da sich Senior:innen sonst wenig eingeladen fühlen. Temporäre Angebote der LBG und anderer Akteur:innen aus dem Viertel können das Angebot einer solchen »Straßen-Stube« ergänzen und tragen zur Sichtbarkeit bei. So soll ein neuer Treffpunkt im Viertel Senior:innen zum »Leben vor der Haustür« animieren und soziale Teilhabe und Selbstständigkeit im Alter fördern.</p>
<br>
<p>&bullet; SOZIALE TEILHABE – EINE ANNÄHERUNG</p>
<p>Soziale Teilhabe befindet sich als Konzept in ständiger Verhandlung und bedeutet oft für jede soziale Gruppierung eine andere und nicht selten konkurrierende Lösung. Alle hier vorgestellten Konzepte finden für die einzelnen Fokusgruppen Vorschläge im öffentlichen Raum. Neue Orte und Aufenthaltsräume im Stadtviertel werden skizziert, die auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer Gruppe nach Zugänglichkeit, Aneignung, Identifikation, Rückzug und Austausch eingehen. Die räumlichen Interventionen stellen weniger ein zwanghaftes Nutzungsangebot dar, sondern eröffnen den Bewohner:innen vielmehr Möglichkeitsräume durch eigenes Ausprobieren, Anpassen und Aneignen selbstständig gemeinschaftliche Lösungen zu finden. Diese Art der Aushandlung ist typisch für gesellschaftliche Prozesse im öffentlichen Raum und Zeichen sozialer Teilhabe am öffentlichen Leben. Für Interventionen in allen Kontexten besteht stets das Risiko der Übernahme durch einzelne soziale Gruppen. So haben beim Bespielen des Nordbahnhofviertels die Jugendlichen eine starke Präsenz im Stadtraum. Genau hier fällt vermittelnden Institutionen, wie in diesem Fall den sozialen Einrichtungen oder zivilen Vereinen, eine tragende Schlüsselrolle zu.</p>
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<p>Dass Gestaltung von Raum, insbesondere an der Schnittstelle des öffentlichen Raums einen Beitrag zu sozialer Teilhabe leisten kann, haben die hier vorgestellten Analysen und Konzepte aufgezeigt. Natürlich stellen sich in der Verstetigung solcher Vorhaben weitere Fragen hinsichtlich Verantwortlichkeit, Kontinuität und Regulierung. Gestaltung kann dabei unter vielen anderen Aspekten
als Werkzeug begriffen werden, das Menschen zur Teilhabe befähigt und animiert. Wie eine der Pat:innen treffend formulierte: »Teilhabe fängt bei jeder einzelnen Person an. Es braucht dazu den Willen und das Interesse an einer Beziehung mit dem eigenen Lebensumfeld.«.
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